PRISM, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das „Supergrundrecht auf Sicherheit“

Datenschutzrheinmain/ Juli 23, 2013/ alle Beiträge, Telekommunikations-Überwachung, Vorratsdatenspeicherung/ 2Kommentare

 

Der aktuelle Bundesinnenminister heißt seit zwei Jahren Hans-Peter Friedrich und ist Mitglied der CSU. Als Bundesinnenminister sollte ihm der Schutz der Verfassung und der Grundrechte der Bürger/innen nicht nur am Herzen liegen. Diese Aufgabe muss – demokratisches und rechtsstaatlicher Verständnis vorausgesetzt – Kern seiner Amtsführung sein.

Aber Nein!

Nach Bekannt werden der Umtriebe der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste (Stichworte PRISM und TEMPORA) auch gegen die Bundesrepublik Deutschland und die in unserem Land lebenden Menschen konstatierte Herr Friedrich – abseits der Verfassung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – „Sicherheit ist ein Supergrundrecht“. Im Vergleich mit anderen Rechten sei dies herauszuheben. Dies äußerte er vor wenigen Tagen nach einer Sondersitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages für die Geheimdienste, in der er zu den illegalen Schnüffelprakiken der US-amerikanischen und britischen Geheimdienste auf deutschem Boden und gegen hier lebende Menschen befragt wurde und keine Antworten geben konnte oder wollte.

Friedrich reiht sich damit „würdig“ ein in das Amtsverständnis der von der CSU gestellten Bundesinnenminister und deren mindestens „merk-würdigem“ Verhältnis zum Grundgesetz.

Hermann Höcherl, 1931 – 1932 und 1935 – 1945 Mitglied der NSDAP, ab 1949 Mitglied der CSU, war von 1961 bis 1965 Bundesminister des Innern. Als bekannt wurde, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz unter Verstoß gegen das Telefongeheimnis des Grundgesetzes Telefonabhörmaßnahmen durch alliierte Dienststellen hatte vornehmen lassen äußerte er Anfang September 1963: „Die Beamten können nicht den ganzen Tag mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen.“

Friedrich Zimmermann, ab 1943 Mitglied der NSDAP, ab 1948 Mitglied der CSU, war unter Bundeskanzler Helmut Kohl von 1982 bis 1989 Bundesminister des Innern. Im Jahr 1988 unternahm Zimmermann einen Vorstoß zur Einschränkung des Datenschutzes. Seine Initiative sah unter anderem vor, den Datenaustausch zwischen Polizei und Nachrichtendiensten auszuweiten und die Befugnisse des Bundesbeauftragten für den Datenschutz einzuschränken.

In dieser unseligen und verfassungsrechtlich mindestens zweifelhaften Tradition steht auch der aktuelle Bundesinnenminister (auch wenn er auf Grund seines Lebensalters nicht die Möglichkeit hatte, NSDAP-Mitglied zu werden).

Herrn Friedrich politisch unter Druck zu setzen und Aufklärung über PRISM und TEMPORA und die Kumpanei deutscher Politiker/innen und Geheimdienstler/innen mit verbündeten Geheimdiensten zu erlangen, ist eine Aufgabe, die sich alle zum Ziel setzen sollten, für die das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mehr als nur eine Worthülse ist.

Gelegenheit dazu gibt es bei einer Vielzahl dezentraler Demonstrationen am Samstag, den 27. Juli 2013. Die Demonstration im Frankfurt beginnt um 13.00 Uhr am Rossmarkt. Nähere Einzelheiten zur Demonstration, den veranstaltenden Organisationen, den Redner/innen etc. sind nachzulesen unter http://demonstrare.de/termine/27-07-stopwatchingus-frankfurt.

2 Kommentare

  1. Herta Däubler Gmelin in der Süddeutschen Zeitung:
    „Merkel hätte … vor allem der Forderung ihres Bundesinnenministers und Sondergesandten Friedrich nach Anerkennung eines ‚Supergrundrechts Sicherheit‘ widersprechen und damit die Verfassungsordnung wieder ins Lot rücken müssen.“
    Der ganze Beitrag: http://www.sueddeutsche.de/politik/bundesregierung-und-der-nsa-skandal-widerspruch-dem-supergrundrecht-1.1727333

  2. Herr Friedrich: Das Supergrundrecht heißt Menschenwürde!!!
    Wenn unser Grundgesetz überhaupt ein Supergrundrecht kennt, dann ist es die in Art. 1 Abs. 1 festgelegte Menschenwürde: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“

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