Politische Debatte um Videoüberwachung: Besonnene Stimmen sind selten, dafür aber um so wichtiger…

Datenschutzrheinmain/ Januar 2, 2017/ alle Beiträge, Videoüberwachung/ 0Kommentare

Seit Wochen wird – insbesondere von Innenpolitikern der CDU/CSU – in einem wahren Trommelfeuer der flächendeckende Ausbau der Videoüberwachung gefordert. Die Äußerungen von Thomas de Maizière (Bundesinnenminister) und Klaus Bouillon (Innenminister des Saarlands, Vorsitzender der Innenministerkonferenz) werden hundertfach wiederholt. Besonnene Stimmen, ob aus der Wissenschaft oder von DatenschützerInnen, dringen im allgemeinen Medienrauschen weniger durch. Den vereinzelten besonnenen Wortmeldungen von politischen Mandatsträgern in der Debatte um Sinn und Unsinn weiterer Videoüberwachungsmaßnahmen geht es ähnlich. Deshalb sei hier auf zwei Wortmedungen hingewiesen:

Die online-Zeitung Niederlausitz aktuell informiert am 02.01.2017 unter der Überschrift „Mehr Videoüberwachung? Brandenburgs Justizminister fordert Augenmaß bei Sicherheitsdebatte“ über ein Interview mit Landesjustizminister Stefan Ludwig (Die Linke). Ein Auszug: „Angesichts der laufenden Debatte um den Ausbau der Sicherheitsinfrastruktur hat Brandenburgs Justizminister Stefan Ludwig vor Aktionismus gewarnt. Zudem gebe es bei einigen Vorschlägen erhebliche Zweifel an deren Verfassungsmäßigkeit. Dazu sagte Ludwig am Mittwoch in Potsdam: ‚Ich habe großes Verständnis für das Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit. Allerdings darf dieses Bedürfnis nicht zu Lasten unserer eigenen Freiheit gehen, sonst hat der Terror gewonnen. Die Ausweitung der Videoüberwachung ist dafür ein gutes Beispiel. Die Verhältnismäßigkeit muss jederzeit gewahrt blieben. Das ist auch gut so. Unsere Verfassung gibt hier klare Regeln vor und schützt das Grundrecht aller Bürgerinnen und Bürger auf informationelle Selbstbestimmung… ‚ Insbesondere die Diskussion um eine Erweiterung der Vorratsdatenspeicherung auf E-Mails und Kommunikationsdienste wie WhatsApp und Skype sieht Ludwig kritisch: ‚Als Justiz- und als Europaminister sehe ich das mit großer Sorge. Werden hier die Hürden zu niedrig aufgestellt, dann haben wir am Schluss eine umfassende Speicherung von Verkehrsdaten, die völlig unverhältnismäßig ist. Es wäre der Einstieg in eine anlasslose Massenüberwachung…'“

Wolfgang Kubicki, stv. Bundesvorsitzender der FDP und Fraktionsvorsitzender der FDP im Landtag von Schleswig-Holstein, hat sich in den letzten Wochen wiederholt zu Wort gemeldet. Der Berliner Tagesspiegel vom 01.01.2017 zitiert ihn wie folgt: „Die FDP lehnt eine Ausweitung der Videoüberwachung strikt ab. Kameraüberwachung sei an Bahnsteigen, möglicherweise auch in Zügen sinnvoll, sagte der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki… ‚Auf öffentlichen Plätzen brauchen wir eine solche Überwachung nicht.‘  Eine Ausweitung der Videoüberwachung sei aus datenschutzrechtlichen Gründen falsch und trage nicht zur Abschreckung bei, fügte Kubicki hinzu. Dies habe der Fall des Berliner U-Bahn-Treters gezeigt. Zugleich sprach sich der FDP-Vize gegen neue Sicherheitsgesetzen als Reaktion auf den Terroranschlag in Berlin aus…“

Update 06.01.2017

Die ZEIT veröffentlicht am 05.01.2017 ein Interview mit dem früheren Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP). Zur Frage nach dem Nutzen und der Gefahr durch exzessive Videoüberwachung antwortet er: „Da kann man länger darüber diskutieren, was sie überhaupt bringt – wenig bei der Verhinderung von Straftaten. Aber doch einiges zur Aufklärung von Straftaten. Warum muss man sie ausweiten? Wie komme ich als unbescholtener Bürger dazu, mich biometrisch erfassen zu lassen, wenn keine besondere Gefahrensituation gegeben ist, wie etwa in Bahnhöfen. Das sind Grundrechtseingriffe. In Berlin gibt es bereits ca. 1.500 Videokameras an öffentlichen Plätzen – aus gutem Grund, nehme ich an. In Großbritannien gibt es sechs Millionen. Die Briten haben eine umfassende Überwachung durch Kameras aufgebaut, ohne dass man feststellen kann, dass es dort weniger Kriminalität gibt als bei uns.“

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