Öffentliche Zustellung von Schriftstücken auf der Homepage des Landkreises Bautzen – Datenschutz? Mangelhaft!
Dieses Zeugnis stellt die Sächsische Landesdatenschutzbeauftragte dem Landkreis Bautzen aus. Der Landkreis veröffentlicht auf seiner Homepage regelmäßig öffentliche Zustellungen behördlicher Schriftstücke, aktuell sind es mehr als 60.
Ohne durch Rechtsgrundlagen gedeckt zu sein, veröffentlicht der Landkreis auch das Geburtsdatum und den Geburtsort der Personen, denen Schriftstücke zugestellt werden sollen.
Die Sächsische Datenschutzbeauftragte erklärte einem Beschwerdeführer dazu: „… kann ich Ihnen in dem Punkt beipflichten, dass die Veröffentlichung des Geburtstages und des Geburtsortes der Empfänger nicht von § 10 Abs. 1 VwZG erfasst wird und somit eine Ermächtigung der Behörde, diese Daten zu veröffentlichen fehlen dürfte. Deswegen werde ich in einem aufsichtsrechtlichen Verfahren die Rechtmäßigkeit dieser Datenveröffentlichung konkret prüfen.“
Leider schließt sich die Sächsische Landesdatenschutzbeauftragte allerdings der Rechtsposition an, dass „grundsätzlich datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden“ sei, da der Landkreis in seiner „Satzung über die Form der öffentlichen Bekanntmachung sowie ortsüblichen Bekanntmachung und ortsüblichen Bekanntgabe – Bekanntmachungssatzung“ bestimmt habe, dass die öffentliche Zustellung auf der Homepage des Landkreises erfolgt.
Dass es für öffentliche Zustellungen auch mildere Mittel gibt (z. B. Aushänge an Schwarzen Brettern in der Behörde oder an Außentüren oder – fenstern von Dienstgebäuden), lässt auch die Sächsische Landesdatenschutzbeauftragte außer Acht. Diese Möglichkeit wird von anderen Behörden genutzt. Das belegt z. b. die Praxis der Jobcentern Frankfurt/M. und Fürstenfeldbruck. Und dass Protest helfen kann, öffentliche Zustellungen im Internet zu beenden, macht eine (auch parlamentarische) Auseinandersetzung in Offenbach deutlich.
Die öffentliche Zustellung behördlicher Schriftstücke ist im Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG) sowie in sich auf das VwZG beziehenden Landesgesetzen geregelt. § 10 VwZG lässt zu, dass die öffentliche Zustellung erfolgen kann „durch Bekanntmachung einer Benachrichtigung an der Stelle, die von der Behörde hierfür allgemein bestimmt ist, oder durch Veröffentlichung einer Benachrichtigung im Bundesanzeiger.“
„Die Benachrichtigung muss 1. die Behörde, für die zugestellt wird, 2. den Namen und die letzte bekannte Anschrift des Zustellungsadressaten, 3. das Datum und das Aktenzeichen des Dokuments sowie 4. die Stelle, wo das Dokument eingesehen werden kann, erkennen lassen“ – so § 10 Abs. 2 VwZG.
Viele Behörden, darunter auch viele Jobcenter, veröffentlichen ihre öffentlichen Zustellungen im Internet. Mit diesem Verfahren werden sensible personenbezogene Daten ohne Einwilligung der Betroffenen veröffentlicht, und das auch noch außerhalb des Geltungsbereichs der DSGVO. Das Internet kennt keine (Staats-)Grenzen und einmal veröffentlichte Daten können durch Dritte in vielfältiger Weise weiterverarbeitet werden.
Update 31.01.2023
Der Landkreis Bautzen reagiert:
Auch heute, am 30. Januar, wurden vom Landratsamt Bautzen wieder sieben öffentliche Zustellungen auf der Internetseite des Landkreises veröffentlicht, bei denen auch Geburtsdatum und -ort im Klartext genannt werden.