Landesarbeitsgericht Berlin: Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen durch BehördenmitarbeiterInnen können zu fristloser Kündigung führen
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin hat mit Entscheidung vom 01.09.2016 (Aktenzeichen: 10 Sa 192/16) die fristlose Kündigung einer Mitarbeiterin eines Bürgeramts (Einwohnermeldeamts) bestätigt. Der Beschäftigten wurde gekündigt, weil sie unbefugt personenbezogene Daten abgerufen und tw. auch an Dritte weitergegeben hat.
In seinem Urteil stellt das LAG fest: „Die massenhaften Abrufe von Meldedaten durch eine Mitarbeiterin im Bürgeramt rechtfertigen eine außerordentliche Kündigung, auch wenn sie nur einen kleinen Personenkreis betreffen und aus reiner Neugier erfolgt sind.“ In der Urteilsbegründung wird dazu u. a. ausgeführt: „Die Verletzung datenschutz- und melderechtlicher Vorschriften ist als wichtiger Grund ‚an sich‘ i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB geeignet. Art. 33 der Berliner Landesverfassung gewährleistet als Grundrecht das Recht des einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen. Sowohl nach § 5 Abs. 1 des früheren Melderechtsrahmengesetzes (MRRG) wie auch nach § 7 Abs. 1 Bundesmeldegesetz (BMG) und § 5 Abs. 1 des BlnMeldeG sind die mit den Meldedaten beschäftigten Arbeitnehmer einem besonderen Geheimnisschutz verpflichtet. Den bei der Meldebehörde beschäftigten Personen ist bundesgesetzlich und landesgesetzlich untersagt, diese Daten unbefugt zu einem anderen als dem zur jeweiligen rechtmäßigen Aufgabenerfüllung gehörenden Zweck zu erheben und zu verarbeiten, insbesondere bekanntzugeben, zugänglich zu machen oder sonst zu nutzen. Das Berliner Datenschutzgesetz stellt u.a. unter Strafe, wenn jemand unbefugt personenbezogene Daten übermittelt oder abruft, wenn sie nicht offenkundig sind (§ 32 BlnDSG). Die Klägerin hat in einem verfassungsrechtlich besonders geschützten Bereich in strafrechtlich relevanter Weise gegen bundes- und landesgesetzlich ausdrücklich als die Arbeitnehmerin verpflichtende Vorschriften in vielfacher Weise verstoßen… Wenn eine Arbeitnehmerin gegen derartige ausdrücklich formulierten Verpflichtungen im Kernbereich ihrer Tätigkeit verstößt und sich damit verfassungswidrig verhält, ist das als wichtiger Grund an sich für eine außerordentliche Kündigung geeignet…“