Im öffentlichen Nahverkehr anonym fahren und zahlen! Die „OV-chipkaart“ aus den Niederlanden – eine Alternative zu RMVsmart?

Datenschutzrheinmain/ Februar 18, 2016/ alle Beiträge, Beschäftigten- / Sozial- / Verbraucherdaten-Datenschutz, RMV - anonym fahren und zahlen im öffentlichen Nahverkehr, Verbraucherdatenschutz/ 0Kommentare

Anfang Dezember 2015 hat der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) unter dem Titel „Zahlen, was man fährt!“ einen für Frühjahr 2016 terminierten Pilotversuch für ein neues Tarifangebot mit dem Namen RMVsmart angekündigt. 20.000 TesterIinnen sollen dann ein Fahrpreissystem nutzen, bei dem für jede einzelne Verbindung ein individueller Preis – je nach Strecke und genutztem Verkehrsmittel – erhoben wird.

In der Präsentation des RMV, aber auch in der öffentlichen Berichterstattung und in den bisher bekannten Reaktionen aus Politik und Verbänden wird dabei ein Thema nahezu vollständig ausgeblendet: Der Schutz personenbezogener Daten der Fahrgäste, die am Modellversuch teilnehmen. Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat dies zum Anlass genommen, dem RMV Fragen zu seinem Projekt zu stellen. Zugleich begann die Recherche, ob es in Deutschland, Europa oder Übersee bereits in der Praxis erprobte Systeme gibt, die es erlauben, im öffentlichen Nahverkehr zu fahren und anonym streckenabhängig zu bezahlen. Das Ergebnis der Recherche: Solche Systeme gibt es.

Die OV-chipkaart (OV steht für Openbaar Vervoer, dt. Öffentlicher Verkehr) ist eine Karte für den elektronischen Zahlungsverkehr und die Regelung der Zugangsberechtigung für den öffentlichen Verkehr in den Niederlanden. Es gibt sie in zwei Varianten, als

  1. persönliche OV-chipkaart (Persoonlijke OV-chipkaart) und
  2. anonyme OV-chipkaart (Anonieme OV-chipkaart)

ov-chipkartenleserKartenlesegerät

für die persönliche und die anonyme OV-chipkaart

Die anonyme OV-chipkaart

  • ist nicht personengebunden, sie enthält keine personenbezogenen Daten und ist übertragbar, kann daher auch von verschiedenen Personen (aber nicht gleichzeitig) genutzt werden.
  • Sie wird verkauft an Fahrkartenschaltern der beteiligten Verkehrsunternehmen aber auch in im Tabak- und Schreibwarenhandel oder in Supermärkten, teilweise auch in Fahrzeugen des öffentlichen Nahverkehrs.
  • Die Karte wird mit einem Guthabenbetrag aufgeladen. Der Aufladevorgang kann anonym erfolgen, wenn der Aufladebetrag an der entsprechenden Verkaufsstelle bar bezahlt wird.
  • Mit der anonymen OV-chipkaart ist die anonyme Nutzung der Fahrzeuge des öffentlichen Nahverkehrs möglich, zugleich auch das anonyme streckenabhängige Bezahlen der gefahrenen Strecken.
  • Die Karte ist zudem für die anonyme Überprüfung geeignet, ob für die entsprechende Fahrtstrecke ein gültiges Ticket gelöst wurde.
  • Zur Nutzung der Karte ist es lediglich notwendig, an Haltestellen und/oder in den benutzten Verkehrsmitteln zu Beginn und am Ende der Fahrt die anonyme OV-chipkaart vor ein Lesegerät zu halten. Dann werden die entsprechenden Bezahlvorgänge ausgelöst.
  • Auf der OV-chipkaart werden zum Zeitpunkt des Ein- und Auscheckens die aktuelle Uhrzeit, der Name der Haltestelle oder des Bahnhofs und eventuell Informationen über das zu benutzende Verkehrsmittel festgehalten.
  • Die Karte speichert maximal 10 Transaktionen, die elfte Transaktion überschreibt dann wieder die erste.

Auch wenn das System in den Niederlanden noch mängelbehaftet zu sein scheint, stellt die anonyme OV-chipkaart aus Sicht der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main eine Alternative zum Pilotprojekt RMVsmart dar. Sie sollte von der Geschäftsführung des RMV, dem Aufsichtsrat und den Gesellschaftern ernsthaft geprüft und einer Erprobung unterzogen werden.

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