GKV-Spitzenverband fordert Gesetzgeber zur Erpressung der eGk-GegnerInnen auf

Datenschutzrheinmain/ März 30, 2014/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 6Kommentare

Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat nach einer Sitzung am 27.03.2014 in einer Presseerklärung (http://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/presse/pressemitteilungen/2014/PM_2014-03-27_VR_Telematik.pdf) den Gesetzgeber aufgefordert, den Widerstand gegen die eGk aus den Reihen der Kassenärzte und ihrer Verbände mit weiteren gesetzlichen Regelungen zu brechen. In der Erklärung heißt es: „Trotz der Vorinvestitionen der Krankenkassen hat weder die eGK bis dato einen messbaren Nutzen, noch ist eine interoperable Telematikinfrastruktur nutzenbringend etabliert.“ Und es werden die – nach Meinung der GKV – Verantwortlichen für diesen Zustand benannt: „Grund hierfür ist, dass Teile der Leistungserbringerorganisationen immer wieder das Ziel einer transparenten und nutzenbringenden Online-Infrastruktur unterlaufen und eine rückwärtsorientierte offline-Anwendung anstreben.“

Gemeint sein damit dürfte insbesondere die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die zuletzt am 01.01.2014 erklärte: „‚Alte‘ Krankenversichertenkarte auch ab 1. Januar 2014 noch gültig“ und darauf hinwies: „Moderne Lesegeräte können beide Kartentypen einlesen und die Praxissoftware kann Daten beider Kartentypen verarbeiten. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hat die Hersteller von Praxisverwaltungssystemen (PVS) bereits informiert, dass dies weiterhin sichergestellt werden muss“ – siehe dazu http://www.kbv.de/html/6445.php.

„Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes fordert daher den Gesetzgeber dringend auf, die Organisationen der Leistungserbringer gesetzlich in die Pflicht zu nehmen, um die Zielvorgaben des Gesetzgebers umzusetzen. Hierzu gehört es insbesondere, die Vorteile einer gemeinsam entwickelten Online-Infrastruktur für die Versicherten unverzüglich nutzbar zu machen. Dazu sind sanktionsbewehrte, verbindlich einzuhaltende Termine für die vorgesehene Verpflichtung zur Prüfung und Aktualisierung der eGK vorzugeben.“ – so nachlesbar in der Stellungnahme vom 27.03.2014.

Nicht anders als eine Aufforderung zur Erpressung der Gegner/innen der eGk innerhalb der Ärzteschaft kann man diese Stellungnahme verstehen. Sie ist aber zugleich auch das Eingeständnis, dass der breite und massive Widerstand gegen die eGk unter Versicherten und ÄrztInnen ungebrochen ist und der GKV schwer im Magen liegt.

6 Kommentare

  1. Lasst Euch einfach nicht erpressen.
    Denkt an Eure Versicherungsbeiträge, verwendet die KVK und später ganz einfach das Ersatzverfahren.
    Immer im Hinterkopf behalten: Eure Krankenversicherung MUSS jederzeit eine Bestätigung des Versichertenstatus ausstellen. Eine quartalsmäßige Versichertenbestätigung schützt vor Betrug – ganz im Gegensatz zu einem geduldigen Stück Plastik (ob KVK oder eGK ist egal).
    Das ganze nennt sich dann „Ersatzverfahren“ und jeder Arzt wird es mit breitem Grinsen akzeptieren, da kein Arzt die eGK möchte. Immerhin wird mit der eGK Verwaltungsarbeit von der Kasse auf den Arzt übertragen (von den Kosten für Updates, Kartenleser und späterem Konnektor ganz zu schweigen).

    Locker bleiben, eGK verweigern, bzw. erhaltene eGK zerschnitten an die Kasse zurück mit Bitte um quartalsmäßige Versicherungsbestätigung. Schon rennt das System an die Wand.

  2. man sollte die Verantwortlichen der GKV öffentlich benennen, samt Email und Handy…damit man diese Personen unter „Dauerfeuer“ nehmen kann !!! Das würde mich geradezu begeistern, diese Leute mit Email-Bomben „mundtot“ zu machen !!!

  3. Man kann nach wie vor die eGK verweigern. Es gibt kein Gesetz, das Ärzte oder Patienten wortwörtlich in die eGK zwingt. Selbst im Fall abgelaufender Karten muss die Krankenkasse eine Ersatzbescheinigung erstellen. Krankenkassen, die diese Bescheinigungen in umständlichen Verfahren oder nicht quartalsweise ausstellen, können über das Bundesversicherungsamt oder das Ministerium gerügt werden. Das wird auch so bleiben, wenn die Kassen erneut etwas anderes behaupten. Einfach nicht auf die Propaganda der Kassen hören, sondern sich selbst bei der tatsächlichen gesetzgebenden Stelle über die Ersatzbescheinigungen informieren. (dem Ministerium)

    Klagen können zur Beweisführung der Unbrauchbarkeit des eGK – Systems und elektronischer Patientenakten mit Präzedenzurteilsbegründungen aus den Nachbarländern unterlegt werden. Dort wurde die eGK schließlich auch erfolgreich gekippt.

    Darüberhinaus steht noch immer aus, dass der GKV die erstmals vom Hamburger Abendblatt veröffentlichte Prüfung auf Sicherheit der Ärzteschaft bisher nicht nur nicht widerlegen konnte, sondern noch nicht einmal reagiert hat. Dadurch ergeben sich auch andere gesetzliche Ansätze, gegen die eGK-Zwangsargumentation der Kassen vorzugehen (da die Kasse die Sicherheit jetzt nachweisbar) nicht sicherstellen kann.

  4. Solange es der Fa. Gematik nicht gelingt, die eGK beim Bundesversicherungsamt gem. ISO/IEC 15408 zu zertifizieren, solange sind.Aussagen wie in der o.a. Presseerklärung des GKV wie „Die Einführung einer sicheren und interoperablen Telematikstruktur ist eine Aufgabe der gemeinsamen Selbstverwaltung.“(…) reine Makulatur.

  5. An alle Mitstreiter ein sehr interessanter Link:
    Kontroverse um elektronische Gesundheitskarte
    Presseagentur Gesundheit
    Apr 1, 2014
    Berlin – Um die schleppende Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) ist ein Streit ausgebrochen. Während der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes der Ärzteschaft eine Blockadehaltung vorwirft und Sanktionen fordert, weist der NAV-Virchow-Bund die Kritik scharf zurück.
    Nach Ansicht des Verwaltungsrates würden „Teile der Leistungserbringerorganisationen immer wieder das Ziel einer transparenten und nutzenbringenden Online-Infrastruktur unterlaufen und eine rückwärtsorientierte offline-Anwendung anstreben“, heißt es in einer Erklärung des Gremiums. Das deutsche Gesundheitswesen brauche die eGK und eine Telematik-Infrastruktur, um die Qualität und Wirtschaftlichkeit der medizinischen Versorgung zu verbessern. Die gesetzlichen Krankenkassen hätten hierfür seit 2008 Projektinvestitionen von rund 800 Mio. Euro getätigt. Allerdings drohe das Projekt das im Sozialgesetzbuch verankerte Gebot der Wirtschaftlichkeit zu verletzen.
    Der Verwaltungsrat fordert daher den Gesetzgeber auf, die Organisationen der Leistungserbringer in die Pflicht zu nehmen. Sie sollten die Vorteile einer gemeinsam entwickelten Online-Infrastruktur für die Versicherten unverzüglich nutzbar machen. Wenn Termine nicht eingehalten würden, müssten Sanktionen folgen.
    „Nicht die Organisationen der Ärzteschaft, sondern die grundlegend ungenügende Konstruktion der elektronischen Gesundheitskarte ist schuld am Misserfolg des IT-Projektes“, entgegnet Dr. Lutz Kindt, Vorstandsmitglied der Landesgruppe Nordrhein des NAV-Virchow-Bundes. Es sei keineswegs die Schuld der Ärzteschaft, dass getätigte Investitionen bis dato keinen messbaren Nutzen hätten. Statt aus der Luft gegriffene Schuldzuweisungen zu verbreiten, sollte sich der GKV-Spitzenverband besser mit den berechtigten Sicherheitsbedenken der ärztlichen Organisationen auseinandersetzen, so Kindt weiter.
    Während sich die Ärzteschaft um den Schutz der Patientendaten sorge und an alternativen Lösungen arbeite, wolle der GKV-Spitzenverband in erster Linie das Versichertenstammdatenmanagement in die Arztpraxen zu verlagern. Völlig inakzeptabel sei außerdem die Forderung nach Sanktionen. Die Ärzteschaft dürfe für das missglücktes IT-Großprojekt und seine explodierenden Kosten weder finanziell durch Honorarabschläge noch in sonst einer Hinsicht haftbar gemacht werden. Vielmehr sollten die Krankenkassen ihre Hausaufgaben erledigen und nach einem Konsens mit den Ärzten suchen, betont Kindt.

  6. Auf welcher Rechtsgrundlage der GKV-Spitzenverband die niedergelassenen Ärzte vor dem Hintergrund des Beschlusses des 2. Großen Strafsenats des Bundesgerichtshofs vom 29. März 2012 Az.: GSSt 2/11, wonach niedergelassene Ärzte weder Amtsträger noch Beauftragte der Krankenkassen sind, überhaupt zur Durchführung des Versichertenstammdatenmanagements zwingen will, mag sich diesseits nicht erschließen. „Ein niedergelassener, für die vertragsärztliche Versorgung zugelassner Arzt handelt bei der Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben (…) weder als Amtsträger i.S. des § 11 Abs.1 Nr.2 Buchst. c StGB noch als Beauftragter der gesetzlichen Krankenkassen i.S. des § 299 StGB.
    http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2012-3&nr=60679&pos=14&anz=382 und
    http://www.info-krankenhausrecht.de/Aerzte_Amtstraeger_Aerzte_sind_keine_Amtstraeger.html
    Demnach wären auch entsprechende Forderungen aus dem BMV-Ä an die Ärzte nach diesseitiger Einschätzung rechtswidrig.

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