Gilt ab Januar 2014 nur noch die elektronische Gesundheitskarte ? – Eine Anfrage an die GKV

Datenschutzrheinmain/ Oktober 4, 2013/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz, Sozialdatenschutz, Telematik-Infrastruktur/ 0Kommentare

Die Meldungen, dass bisherigen Krankenversicherungskarten nur noch bis Ende 2013 gültig wären, verunsichern viele Versicherte und GegnerInnen der eGk.

Nach Blick in das SGB V und den Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä), der zum 01.10.2013 in Kraft getreten ist, hat die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main Zweifel daran, ob die apodiktischen Formulierungen der GKV bei der Veröffentlichung einer Pressemitteilung zum Thema korrekt oder lediglich interessengeleitet sind. Sie hat daher am 04.10.2013 bei der Pressestelle des GKV-Spitzenverband nachgefragt. Nachstehend die Anfrage im Wortlaut; auf die Antwort darf man gespannt sein.

„Sehr geehrte Frau …,
wir beziehen uns auf die Pressemitteilung der GKV vom 01.10.2013(http://www.gkv-spitzenverband.de/presse/pressemitteilungen_und_statements/pressemitteilung_81024.jsp) sowie auf den Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) vom 01.10.2013.
Der Vertrag enthält nach erster Durchsicht nur in § 19 in den Absätzen 1 – 3 Regelungen zur Elektronischen Gesundheitskarte:
§ 19 Elektronische Gesundheitskarte/Krankenversichertenkarte
(1) 1Zum Nachweis der Anspruchsberechtigung ist der Versicherte verpflichtet, eine elektronische Gesundheitskarte gem. § 291 Abs. 2a SGB V vorzulegen. 2Das Nähere zum Inhalt und zur Anwendung sowie zu einem Ersatzverfahren ist in Anlage 4a geregelt.
(2) 1Solange die elektronische Gesundheitskarte noch nicht an den Versicherten ausgegeben worden ist, ist der Versicherte verpflichtet, zum Nachweis der Anspruchsberechtigung die Krankenversichertenkarte gem. § 291 Abs. 2 SGB V vorzulegen. 2Für diesen Fall ist das Nähere zur Gestaltung und zum Inhalt der Krankenversichertenkarte sowie zu einem Ersatzverfahren in Anlage 4 geregelt. 3Die Regelungen zur elektronischen Gesundheitskarte in diesem Vertrag gelten entsprechend. 4Bei Befristung der Versichertenkarte ist das Gültigkeitsdatum vom Vertragsarzt zu beachten.
(3) 1Wird von der Krankenkasse anstelle der Versichertenkarte im Einzelfall ein papiergebundener Anspruchsnachweis zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgegeben, muss dieser die Angaben gemäß § 291 Abs. 2 SGB V enthalten.
Zu § 19 gibt es im Vertrag zudem eine Protokollnotiz:
Protokollnotizen zum Bundesmantelvertrag – Ärzte
… Protokollnotiz § 19 Abs. 3 und 4
Unter der Voraussetzung, dass die verpflichtende Aktualisierung der Versichertenstammdaten gemäß § 291 Abs. 2b SGB V bestehen bleibt, § 291 Abs. 4 Satz 1, 5 und 6 SGB V geändert werden und eine Sperrung der elektronischen Gesundheitskarte durch die gesetzlichen Krankenkassen technisch realisiert wird, vereinbaren die Partner des Bundesmantelvertrages, § 19 Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 4 dahingehend zu ändern, dass anstelle des Einzugs die Sperrung durch die Krankenkassen erfolgt.
Nach unserer Lesart ist an keiner Stelle im Vertrag geregelt, dass alle bisherigen Krankenversicherungskarten am 01.01.2014 durch rechtliche Regelungen oder technische oder organisatorische Vorkehrungen schlagartig außer Kraft gesetzt werden (können).
Unsere Fragen an Sie bzw. an die GKV:
1. Sind die von uns zitierten Teile des Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) korrekt so vereinbart worden?
2. Können Sie uns – möglichst in elektronischer Form – die in § 19 Abs. 1 genannte Anlage 4a zur Verfügung stellen?
3. Auf Grund welcher gesetzlichen, vertraglichen oder anderweitigen Rechtsgrundlage verbreiten Sie die Information, dass alle bisherigen Krankenversicherungskarten zum 01.01.2014 ungültig werden? § 19 Abs. 1 – 3 des Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) scheinen dafür nicht die entsprechende Rechtsgrundlage zu sein.
4. Die Protokollnotiz zu § 19 des Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) macht deutlich, dass die GKV bzw. die Gematik daran arbeitet, ein technisches Verfahren zu entwickeln, mit dem die bisherigen Krankenversicherungskarten zentral gesteuert ungültig gemacht werden können. Wann ist damit zu rechnen, dass dieses Verfahren im Echteinsatz sein wird?
Gerne nehmen wir über die Antwort auf diese Fragen auch weitere sachdienliche Auskünfte entgegen. Bei Auskünften, die Versicherte ängstigen oder zu einem bestimmten Verhalten bewegen sollen bitten wir aber darum, jeweils detailliert die dafür geltenden Rechtsnormen zu benennen.
Informieren möchten wir Sie, dass wir diese Anfrage und auch Ihre Antwort auf unserer Homepage veröffentlichen werden.
Mit freundlichen Grüßen dieDatenschützer Rhein Main

Nachtrag 07.10.2013:

Die Pressestelle der GKV hat die Anfrage am 07.10.2013 wie folgt beantwortet:

„…bezüglich Ihrer ersten drei Fragen verweise ich auf die Originaldokumente zum Bundesmantelvertrag, die Sie auf unserer Homepage unter http://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/aerztliche_versorgung/bundesmantelvertrag/bundesmantelvertrag.jsp finden. Dort finden Sie auch die Anlage 4a (http://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/aerztliche_versorgung/bundesmantelvertrag/anlagen_zum_bundesmantelvertrag/einzelne_anlagen_zum_bmv/bmv_anlage_4a_elektronische_gesundheitskarte.jsp) in der die Ablösung der alten Krankenversichertenkarte (KVK) zum 31.12.2013 vertraglich geregelt ist.
Zu Ihrer letzten Frage: GKV und gematik arbeiten nicht an einem solchen Verfahren für die KVK. Wir gehen davon aus, dass die Ärzteschaft gemeinsam mit ihren Praxissoftware-Herstellern die Regelungen gemäß der Vereinbarungen des Bundesmantelvertrages umsetzen.
Mit freundlichen Grüßen

Pressereferentin Stabsbereich Kommunikation
GKV-Spitzenverband Reinhardtstraße 30 10117 Berlin“

Aus Sicht der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat die Auskunft der GKV keine neuen Erkenntnisse gebracht. Wir bleiben bei unserer Bewertung, dass die apodiktischen Formulierungen der GKV, die  bisherigen Krankenversicherungskarten würden ausnahmslos zum zum 01.01.2014 schlagartig ihre Gültigkeit verlieren; lediglich interessengeleitet sind.

Zwar ist in der Anlage 4a zum Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) in § 4 (Einführung der elektronischen Gesundheitskarte) geregelt: Ab 01.01.2014 gilt grundsätzlich gemäß § 19 BMV-Ä die elektronische Gesundheitskarte als Nachweis für die Berechtigung zur Inanspruchnahme von Leistungen. Die Krankenversichertenkarte verliert damit zum 31.12.2013 ihre Gültigkeit.“

Mit dem Verweis auf § 19 des Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) wird aber zugleich deutlich, dass die in § 19 Abs. 2 und 3 BMV-Ä genannten Ausnahmeregelungen greifen bzw. Ersatznachweise statt der eGk weiterhin beim Arztbesuch vorgelegt werden können. Und diese Regelungen lauten:

§ 19 Abs. 2 BMV-Ä: Solange die elektronische Gesundheitskarte noch nicht an den Versicherten ausgegeben worden ist, ist der Versicherte verpflichtet, zum Nachweis der Anspruchsberechtigung die Krankenversichertenkarte gem. § 291 Abs. 2 SGB V vorzulegen…

§ 19 Abs. 3 BMV-Ä: Wird von der Krankenkasse anstelle der Versichertenkarte im Einzelfall ein papiergebundener Anspruchsnachweis zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgegeben, muss dieser die Angaben gemäß § 291 Abs. 2 SGB V enthalten…“

Im Klartext:

  1. Weigert sich ein/e Versicherte/r, die/der über eine über den 01.01.2014 hinaus gültige Krankenversicherungskarte verfügt, eine elektronische Gesundheitskarte zu beantragen, kann sie/er gem. § 19 Abs. 2 BMV-Ä beim Arztbesuch die Krankenversicherungskarte vorlegen.
  2. Weigert sich ein/e Versicherte/r, die/der nicht über eine über den 01.01.2014 hinaus gültige Krankenversicherungskarte verfügt, eine elektronische Gesundheitskarte zu beantragen, kann sie/er gem. § 19 Abs. 3 BMV-Ä bei der zuständigen Krankenkasse einen papiergebundenen Anspruchsnachweis zur Inanspruchnahme von Leistungen (den guten alten Krankenschein) beantragen und diesen beim Arztbesuch vorlegen.

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