Fluggastdatenregister (PNR): EuGH-Urteil beschränkt Massenüberwachung bei Flugreisen

Datenschutzrheinmain/ Juni 21, 2022/ alle Beiträge, EU-Datenschutz, Passenger Name Record / Fluggastdatenspeicherung, Verbraucherdatenschutz/ 0Kommentare

Die massenhafte EU-weite Sammlung und Auswertung von Fluggastdaten ist mit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf das „absolut Notwendige“ beschränkt worden. Die EU-Richtlinie 2016/681 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten), die das anlasslose massenhafte Sammeln, Übermitteln und Verarbeiten von Reisedaten vorschreibt, um Terrorismus und schwere Kriminalität vorzubeugen, bleibt aber bestehen. Darüber informiert ein Beitrag auf Netzpolitik.org, der am 21.06.2022 veröffentlicht wurde und hier auszugsweise wiedergegeben ist.

„Heute, Dienstag, fiel eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur anlasslosen Massenüberwachung, die EU-weit Fluggastdaten betrifft. Das Gericht verlangt wegen der verletzten Grundrechte von Millionen Reisenden eine Beschränkung der Datensammlung und -auswertung auf das ‚absolut Notwendige‘. Die betreffende EU-Richtlinie, die das massenhafte Sammeln, Übermitteln und Verarbeiten von Reisedaten vorschreibt, um Terrorismus und schwere Kriminalität vorzubeugen, könne aber dadurch in Einklang mit den EU-Rechten gebracht werden…

Das Schlagwort für diese Passagierdaten lautet Passenger Name Record (PNR). Gespeichert werden in diesem Datensatz der Name, die Adresse, der Buchungscode und der Reiseverlauf, aber auch Informationen über die Bezahlung, den Vielflieger-Status, den Sitzplatz und das Gepäck. Für jeden reisewilligen Menschen fallen zwanzig oder mehr persönliche Informationen an. Diese PNR-Datensätze werden von jeglichen Passagieren gespeichert und ausgewertet, die von oder in die EU fliegen. Fünf Jahre lang dürften sie bisher auch gespeichert bleiben.

Selbst Flugdatensätze innerhalb Europas werden von fast allen EU-Mitgliedsstaaten erfasst, obwohl die Richtlinie dies nicht explizit vorschreibt. Dem schoben die Richter aus Luxemburg heute einen Riegel vor: Die Datenverarbeitung bei Flügen innerhalb der EU verstoße gegen europäisches Recht, wenn keine ‚reale und aktuelle oder vorhersehbare‘ terroristische Bedrohung bestehe…

  • Das heutige Urteil folgt in vielen Aspekten dem Schlussantrag des EuGH-Generalanwalts Giovanni Pitruzzella. Er hatte Anfang 2022 darin besonders die mit fünf Jahren überlange Speicherfrist der Fluggastdaten kritisiert. Sie gehöre verkürzt. Das sieht auch der Gerichtshof so…
  • Generalanwalt Pitruzzella hatte außerdem angeregt, die PNR-Datensätze inhaltlich zu reduzieren. Dem folgte das Gericht und beschränkte einige PNR-Datensätze auf „klar identifizierbare und umschriebene Informationen“ im Anhang der Richtlinie und dort die ‚ausdrücklich genannten Angaben‘.
  • Klarheit verlangte Pitruzzella auch dazu, mit welchen Datenbanken die Fluggastdaten abgeglichen werden dürften. Der Gerichtshof setzte hier ebenfalls neue Schranken: Für ‚die Zwecke der Vorabüberprüfung der PNR-Daten‘ in automatisierter Form dürfe nur mit ‚Datenbanken betreffend Personen oder Gegenstände, nach denen gefahndet wird oder die Gegenstand einer Ausschreibung sind‘, abgeglichen werden. Diese Datenbanken müssen außerdem ‚frei von Diskriminierung sein und von den zuständigen Behörden im Zusammenhang mit der Bekämpfung terroristischer Straftaten und schwerer Kriminalität mit einem – zumindest mittelbaren – objektiven Zusammenhang mit der Beförderung von Fluggästen betrieben werden‘…

Die Vorratsdatenspeicherung der Fluggastdaten ist nach dem heutigen Urteil des Europäischen Gerichtshofs inhaltlich und zeitlich zwar beschränkt worden, die anlasslose Massenüberwachung in ihrem Kern bleibt jedoch bestehen…“

Der Beitrag wurde auf Netzpolitik.org unter der Lizenz CC BY-NC-SA 4.0 veröffentlicht.


Auch die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) und die österreichische NGO epicenter.works haben 2019 mitgeteilt, dass sie gemeinsam juristisch gegen die massenhafte Speicherung und intransparente Verarbeitung von Fluggastdaten vorgehen. werden.


Update 26.07.2022

Das Urteil des EuGH vom 21.06.2022 (Aktenzeichen:C‑817/19) ist hier im Wortlaut veröffentlicht.

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