Erfolg! Mieter wehrt sich gegen Überwachung seines Heizungs- und Wasserverbrauchs – ABG Frankfurt Holding zieht ihre Klage zurück
Die Hellerhof AG (ein Wohnungsbauunternehmen unter dem Dach der ABG Frankfurt Holding) fordert von ihren Mietern, dass sie den Einbau funkfähiger Zähler für Wasser und Heizung duldet, die geeignet sind in einer engen Taktung wöchentlich Verbrauchsdaten an den Dienstleister ista Deutschland GmbH zu senden, der im Auftrag der ABG die technische Infrastruktur stellt. Dabei erhält auch die ABG diese Verbrauchsdaten und alle nur erdenklichen Auswertungen hierüber. Der genaue Blick auf die technischen Details legt offen, dass es mit dem ista-System memonic 3 radio net möglich wird, dass eine wöchentliche Auslesung der Verbrauchsdaten zum Standard wird. Das bedeutet, dass die Lesefrequenz auf das 52-fache der bisher üblichen jährlichen Ablesung steigt. Die Firma ista wirbt damit, dass auch eine tägliche Auslesung möglich wäre.
Dies sind personenbezogene Verbrauchsdaten von Mietern, die einen Rückschluss darauf zulassen, wann ein Mieter seine Wohnung tatsächlich bewohnt, wann er wg. Urlaub, Krankenhausaufenthalt oder Kur nicht in der Wohnung anwesend ist, ob sie/er gerade Gäste in der Wohnung beherbergt, wie viele und wie lange u. a. m.. Dadurch eröffnen sich bislang ungeahnte Möglichkeiten zur Überwachung von Mietern.
Die Frankfurter Rundschau vom 15.12.2017 berichtete, dass der Mieterschutzverein Frankfurt gegen die Verfahrensweisen Bedenken hat: “‘Im digitalen Zeitalter stellt sich häufig die Frage: Wie gläsern ist der Mieter?’, Viele Bewohner hätten die Sorge, dass die erhobenen Verbrauchsdaten eben nicht nur für die jährliche Nebenkostenabrechnung, sondern auch für eine Analyse der Wohnsituation verwendet werden könnten.” Der Mieterschutzverein Frankfurt fordert deshalb: „Diese Bedenken darf man nicht unter den Tisch kehren. Die ABG muss nachweisen, dass der Datenschutz eingehalten wird.“
Ein Mieter der Hellerhof AG, Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main, hatte den Einbau dieser elektronischen Verbrauchszähler standhaft verweigert. Darauf hin beschritt die ABG Frankfurt Holding den Klageweg beschritten, um den Mieter dazu zu zwingen, den Einbau der Funkzähler zu dulden.
Am 15.12.2017 war in dieser Sache Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Frankfurt. Die Richterin vertrat die Position, dass weder § 4 der Verordnung über die verbrauchsabhängige Abrechnung der Heiz- und Warmwasserkosten noch § 28 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) eine Rechtsgrundlage für eine derart engmaschige Überwachung des Verbrauchsverhaltens der Mieter sei. Sie erläuterte der Rechtsanwältin der ABG Frankfurt Holding, dass es nicht darauf ankomme, ob die Daten zu Verbrauchsprofilen je Mieter verdichtet würden, sondern dass die bloße Erhebung dieser Daten bereits am Datenschutzgrundsatz der Erforderlichkeit scheitere.
Quelle: Frankfurter Neue Presse (FNP) vom 22.12.2017
Am 22.12.2017 meldete die Frankfurter Neue Presse: „ABG Holding zieht Klage gegen Mieter zurück… Die ABG Holding kapituliert: Ein Mieter muss nicht… die Montage von Funkmessern an Heizung und Wasseranschluss dulden. Das Amtsgericht sah Datenschutzfragen offen…“ Die FNP zitiert eine Referatsleiterin Daseinsvorsorge beim hessischen Datenschutzbeauftragten: „Sie äußert sich zurückhaltend. Aber: Wasser- und Heizungsdaten wöchentlich zu erfassen, kann nur in begründeten Ausnahmefällen geduldet werden. Etwa bei Studentenwohnheimen oder in Micro-Appartements, wo die Bewohner oft wechseln. ‚In der Regel der Fälle hingegen, so die Datenschützerin, ‚ist nicht einzusehen, dass die Daten wöchentlich erhoben werden.'“
Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main gratuliert ihrem Mitglied Roland Schäfer zu diesem Erfolg!
Digitalcourage e. V. gratuliert auch.
Quelle: @digitalcourage