eGk: Bundesregierung plant E-Health-Gesetz – Der Druck auf ÄrztInnen und PatientInnen soll weiter erhöht werden

Datenschutzrheinmain/ Juli 8, 2014/ alle Beiträge, Gesundheitsdatenschutz, Telematik-Infrastruktur/ 11Kommentare

Nach seriösen Schätzungen sind ca. 6 Millionen Versicherte noch immer nicht im Besitz einer elektronischen Gesundheitskarte (eGk). Viele von Ihnen, weil sie sich bewusst einer zentralen und unkontrollierbaren Speicherung und Verarbeitung ihrer sensiblen Gesundheitsdaten verweigern. Aber auch viele ÄrztInnen und ihre Verbände lehnen die eGk nach wie vor vehement ab, wie zuletzt der Ärztetag 2014 in Düsseldorf gezeigt hat (siehe dazu: https://ddrm.de/?p=2450).

persiflage gesundheitskarteDie Befürworter der eGk – vor allem VertreterInnen der gesetzlichen Krankenkassen und der IT-Firmen im Gesundheitswesen – haben in den letzten Monaten den Druck auf Bundesregierung und Bundestag erhöht, damit diese den spürbaren starken Widerstand von ÄrztInnen und PatientInnen brechen. Der Verwaltungsrat des GKV-Spitzenverbandes hat Ende März 2014 in einer Stellungnahme den Gesetzgeber aufgefordert, die Kassenärzte und ihre Verbände „gesetzlich in die Pflicht zu nehmen“ (siehe dazu: https://ddrm.de/?p=2228). Von Verbänden der IT-Firmen im Gesundheitswesen wurde Mitte Juni 2014 auf der sogenannten eHealth Conference 2014 die Forderung nach einem E-Health-Gesetz erhoben (siehe: https://ddrm.de/?p=2686).

Bundesgesundheitsminister Gröhe hat den Wink der Lobbyisten und Pressure-Groups verstanden. Er will ihrem Druck nachgeben.

In einer Rede anlässlich des Kongresses Medizin und Gesundheit Ende Juni 2014 erklärte Minister Gröhe u. a.: „Mein Ziel ist es, die Chancen die neue Entwicklungen für die medizinische Versorgung der Menschen bereit halten, in den kommenden Jahren stärker zu nutzen. Dazu gehört auch die Telemedizin. Denn mit ihrer Hilfe sind wir in der Lage medizinische Informationen schnell, sicher und praktikabel auszutauschen… Voraussetzung für den schnellen und sicheren Datenaustausch von Patienteninformationen ist eine entsprechende Telematikinfrastruktur, die den gesetzlichen Rahmenbedingungen, die für den Aufbau und die Nutzung der Telematikinfrastruktur erforderlich ist, entspricht. Ich werde deshalb noch in diesem Jahr den Entwurf eines ‚E-Health-Gesetzes‘ vorlegen, mit dem wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen für den Aufbau und die Nutzung der Telematikinfrastruktur weiter konkretisieren. Unser Ziel sind klare Festlegungen und Vereinbarungen, um die Umsetzung zu erleichtern und zu beschleunigen… Außerdem wollen wir, dass die Telematikinfrastruktur als zentrale Infrastruktur nicht nur für Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte genutzt werden kann, sondern für weitere Anwendungen geöffnet wird…“. (Die Rede im Wortlaut: http://www.bmg.bund.de/ministerium/presse/reden/haupstadtkongress.html).

Nach Medienberichten hat Minister Gröhe inzwischen auch die „Gesundheitsexperten“ der Regierungsfraktionen, Jens Spahn(CDU/CSU) und Karl Lauterbach (SPD), für seine Pläne zu einem E-Health-Gesetz gewinnen können. DER SPIEGEL berichtet in seiner Ausgabe vom 06.07.2014 u. a.: „So sollen Software-Standards und Schnittstellen vereinheitlicht werden, damit Krankenhäuser und Ärzte leichter Untersuchungsunterlagen austauschen können. Entlassungsdokumente sollen häufiger digital übermittelt werden… Außerdem soll es für die Patienten künftig einen elektronischen Medikationsplan geben. Zusätzlich wird geprüft, wie Fernkonsultationen künftig einfacher als ärztliche Leistung über die gesetzlichen Kassen abzurechnen sind…Hintergrund des Gesetzes ist, dass die Koalition nun konkrete Fristen für die weitere Entwicklung der umstrittenen elektronischen Gesundheitskarte setzen will…“. (Quelle: http://www.spiegel.de/spiegel/vorab/grosse-koalition-elektronischer-medikationsplan-soll-kommen-a-979411.html).

Für die GegnerInnen der eGk unter ÄrztInnen und PatientInnen sollten diese Pläne Anlass dafür sein, ihre Möglichkeiten zu überprüfen, wie der Widerstand gegen die eGk mit neuen Aktionen und Informationen belebt und weitergeführt werden kann. Insbesondere die Äußerung von Minister Gröhe “dass die Telematikinfrastruktur als zentrale Infrastruktur nicht nur für Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte genutzt werden kann, sondern für weitere Anwendungen geöffnet wird” sollte Anlass sein, genau und kritisch die entsprechenden Regelungen im Gesetzentwurf unter die Lupe zu nehmen. Zustände wie in USA (siehe dazu: https://ddrm.de/?p=2716) oder Großbritannien (siehe dazu: https://ddrm.de/?p=1935) sind alles andere als erstrebenswert.

 

11 Kommentare

  1. passt zu 100% – GRÖHE ist genauso ein Spinner wie DOBRINDT !!! und Spahn und Lauterbach passen in die gleiche Kerbe…alles Selbstdarsteller, wobei Dobrindt die aktuelle Lachnummer wird…unsicher und kennt nichtmal sein eigenes Konzept…ist schon eine Schmach, wenn man solchen Leuten zuschauen muß und ein Grauß, daß Deutschland heute von solchen Leuten regiert wird !!!
    …und die Ärztinnen vom D’dorfer Ärztetag hatten doch Recht…

  2. Gibt es dieses wunderschöne eGK-jpeg auch unfusseliger (also in besserer Auflösung) damit man es auch in einer Praxis aushängen kann?

    Ansonsten, die eGK hat einfach noch nicht Geld für die Hersteller und Systemhäuser eingebracht. Ist doch klar, dass Propeller-Karl und Co das tote Pferd weiter reiten.

    Immerhin gibt es dafür (also für tote Pferde) reichlich Anleitungen:
    > http://www.scheissprojekt.de/totesPferd.html

  3. Falls die Krankenkasse versucht, den Versicherungsnachweis oder die Leistung zu verweigern:
    Die Krankenkassen wissen, dass sie Ihnen die Leistung nicht verweigern dürfen, nur weil Sie die eGK nicht benutzen. Wenn jedoch der politische Druck auf die Krankenkassen steigt, die eGK durchzusetzen, versuchen sie möglicherweise auf diese Art, den Druck an unbotmäßige Versicherte weiterzugeben. Falls Ihre Krankenkasse die Ausstellung eines papiergebundenen Anspruchnachweises verzögert oder Ihnen wegen Nichtbenutzung der eGK auf andere Weise die Leistung zu verweigern versucht, können Sie Beschwerde gegen Ihre Krankenkasse beim Bundesversicherungsamt (siehe http://www.bundesversicherungsamt.de/) einlegen. Das Bundesversicherungsamt ist die Aufsichtsbehörde der Krankenkassen. Wahrscheinlich wird die Krankenkasse aber schon einlenken, wenn Sie ihr mitteilen, dass Sie Beschwerde beim Bundesversicherungsamt einlegen werden. Wenn nicht, legen Sie wirklich Beschwerde ein. Das Beschwerdeschreiben können Sie frei formulieren. Bleiben Sie dabei – bei aller gebotenen Deutlichkeit – stets höflich. Schildern Sie den Sachverhalt in chronologischer Reihenfolge und geben Sie für alle Vorfälle das Datum an. Fordern Sie das Bundesversicherungsamt auf, eine rasche Klärung des Falls herbeizuführen.

  4. Vorhin meldete der WDR II in seinen Nachrichten, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen sich darauf geeinigt hätten, dass ab dem 01.01.2015 die alten Versichertenkarten nunmehr definitiv ungültig werden würden … Wie auch immer: Die KKen und ihre Spitzenverbände sind nicht der Gesetzgeber und der Krankenversicherungsschutz hängt rechtlich nicht von der Existenz einer eGK ab sondern nur von der Mitgliedschaft zu einer KK aufgrund gezahlter Sozialbeiträgen.

  5. Nachstehend ein aktueller Kommentar von Rechtsanwalt Jan Kuhlmann von stoppt-die-e-card.de
    Siehe hier: http://www.kbv.de/media/sp/2014_08_14_Praxisinformation_eGK_Januar_2015.pdf
    Zuerst wird dort wieder einmal der Hammer der Drohung mit Privatabrechnung geschwungen. Weiter unten wird auf das normale Ersatzverfahren verwiesen.
    E N D E W I E D E R H O L U N G
    In dieser Leitlinie der Kassenärztlichen Bundesvereinigung auf Seite drei, ganz am Ende, steht wörtlich:
    “Fall: 10. Der Patient legt einen Berechtigungsnachweis seiner Krankenkasse vor.
    Ablauf: Das Praxisteam nimmt den Patienten im Ersatzverfahren auf. Der Patient muss durch seine Unterschrift auf dem Abrechnungsschein bestätigen, dass er Mitglied der Krankenkasse ist.”
    Also alles wie gehabt. Eine Privatrechnung gibt es nur für die, die weder eine EGK noch einen Berechtigungsausweis vorlegen. Weil sie nicht Mitglied in einer Krankenkasse sind. Wer Mitglied ist, wird behandelt.
    Für EGK-Gegner ohne gültige KVK ändert sich nichts. Diejenigen von uns, die jetzt noch eine gültige KVK haben, haben dann keine mehr. Für sie gilt dann dasselbe, was für die ohne KVK seit mehr als einem Jahr gilt. Ersatzverfahren. Wir sind dann alle im Ersatzverfahren. Fertig.
    Natürlich schüren einige Leute jetzt Panik, wie bereits mehrfach geschehen. Für Ärzte ist das drohende Ersatzverfahren für 100 – 200 Patienten pro Monat Grund zur Panik. Daher einge gewisse Neigung, die Krankenkassen bei der Panikmache zu unterstützen. Um dieses drohende Chaos dadurch abzuwenden, dass wir alle uns rechtzeitig eine EGK holen. Das wird nicht passieren. Wann immer die EGK verpflichtend wird, bricht das Chaos aus. Es gibt eine Möglichkeit, bereits mehrfach erprobt, das Chaos abzuwenden. Die KVK bleiben gültig.
    Wir müssen die Nerven behalten und genau so reagieren, wie wir die ganze Zeit reagieren wollten, auf den drohenden Harmageddon-Tag am 30.9.. Nicht einschüchtern lassen.
    Ich übernehme die privatrechtliche Haftung für diese Aussagen. Sie können überall verbreitet werden mit voller Namensnennung von Rechtsanwalt JK.

  6. Pressemitteilung der Aktion „Stoppt die e-Card“ vom 24.08.2014
    Unzulässiger Druck bei elektronischer Gesundheitskarte – Ab Januar Chaos in den Arztpraxen?
    Die Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) haben den Druck im Kessel erhöht: Zum 1. Januar 2015 soll nur noch die elektronische Gesundheitskarte (eGK oder e-Card) gelten, ohne Wenn und Aber. Gesetzlich Krankenversicherte, die bis dahin keine e-Card besitzen, sollen den Arztbesuch per Privatrechnung selbst bezahlen. „Wir sind empört über diese neuerlichen Drohungen“, sagte Dr. Silke Lüder, Sprecherin der Aktion „Stoppt die e-Card“, heute in Hamburg. „Kassen und KBV wollen jetzt mit aller Macht verhindern, dass Kassenpatienten ab Januar mit ihrer noch gültigen Krankenversichertenkarte in den Arztpraxen behandelt werden können.“
    Hier werde völlig unzulässiger Druck auf Patienten und Ärzte ausgeübt, um ein längst gescheitertes, milliardenschweres Industrieprojekt auf Biegen und Brechen zum Laufen zu bringen, betonte Lüder. Die Allgemeinärztin rechnet mit einem Chaos in den Arztpraxen ab Januar, wenn tatsächlich die bisherigen Krankenversichertenkarten nicht mehr zur Abrechnung genutzt und die Menschen nicht problemlos behandelt werden können. „Die Verantwortung dafür tragen Krankenkassen und KBV“, so Lüder. Noch immer besitzen Millionen gesetzlich Krankenversicherte keine e-Card. Zudem weigern sich hunderttausende Bürger, dafür ein Foto bei ihrer Krankenkasse einzureichen. Bundesweit klagen Versicherte vor den Sozialgerichten gegen die elektronische Gesundheitskarte.
    Auch die Patientenvertreterin des bundesweiten Bündnisses von 54 Organisationen, Gabi Thiess, ist entsetzt: „Wir zahlen hohe Beiträge an die Krankenkassen für unsere medizinische Versorgung. Es ist eine Unverschämtheit, dass ich ohne e-Card die Arztbehandlung selbst bezahlen soll. Das kann ich mir gar nicht leisten. Im Übrigen hängt mein Versicherungsschutz nicht davon ab, ob ich mir so eine Schnüffelkarte ausstellen lasse.“ Die Sicherheitsbedenken sind groß: „Niemand kann diese geplante weltgrößte IT-Infrastruktur mit dem Ziel von Überwachung und Kontrolle des ganzen Gesundheitswesens sicher schützen“, sagte Kai Uwe Steffens, Informatiker und Sprecher des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung im Bündnis. „Seit den NSA-Enthüllungen und angesichts ständig neuer Datenskandale muss doch jedem klar sein, dass Medizindaten nicht zentral gespeichert werden dürfen.“
    Das e-Card-Projekt ist bisher auf ganzer Linie kläglich gescheitert und wurde auf allen Ärztetagen von der Ärzteschaft abgelehnt. Die Kassen haben nicht geprüft, ob das Foto auf der elektronischen Gesundheitskarte, die Daten und die Person übereinstimmen. Alle angekündigten weiteren Anwendungen sind auf Jahre hinaus verschoben worden. Auch die für 2014 geplanten neuen Tests werden nicht in diesem Jahr beginnen: Trotz aller Bestechungszahlungen haben sich nicht genug Arztpraxen für die Tests gefunden. Aber Politik und Kassen träumen weiter von elektronischer Gesundheit und IT- und Gesundheitswirtschaft wollen endlich richtig verdienen.
    „Auch wenn im Januar die e-Card vermeintlich einen Schritt weitergekommen sein sollte, werden wir mit unserer Kritik an dem Mammutprojekt nicht nachlassen“, kündigte Dr. Manfred Lotze für die e-Card-kritische Organisation IPPNW im Bündnis an.“ Das Geld der Versicherten gehöre in eine gute Medizin investiert und nicht in die Überwachung der Bürger.
    Die Aktion „Stoppt die e-Card“ ruft auf zur Teilnahme an der diesjährigen Großdemonstration „Freiheit statt Angst“ am 30. August 2014 in Berlin. Sie beginnt um 14 Uhr am Brandenburger Tor.
    Über die Aktion „Stoppt die e-Card“
    „Stoppt die e-Card“ ist ein breites Bündnis von 54 Bürgerrechtsorganisationen, Datenschützern, Patienten- und Ärzteverbänden. Unter anderem gehören dazu: Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Digitalcourage, Chaos Computer Club, IPPNW, Freie Ärzteschaft e. V., NAV-Virchowbund, Deutsche AIDS-Hilfe. Das Bündnis lehnt die eGK ab und fordert, das milliardenschwere Projekt einzustampfen.

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