Ärztetag 2014 in Düsseldorf: Auch unter ÄrztInnen weiter anhaltender Widerstand gegen die elektronische Gesundheitskarte

Datenschutzrheinmain/ Juni 2, 2014/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 1Kommentare

Ende Mai 2014 fand der 117. Deutsche Ärztetag in Düsseldorf statt. Wie auf vergangenen Ärztetagen war auch diesmal die elektronische Gesundheitskarte wieder ein Thema.

„Das Projekt ist teuer und nutzlos, niemand kann die Daten dauerhaft schützen“, betonte die Freie Ärzteschaft (FÄ – http://www.freie-aerzteschaft.de/content/articles/1021/1022/index.html?catid=1022&artid=146470&topid=1021&nosum=1) mit einer demonstrativen Aktion vor dem Tagungsgebäude.

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Die Freie Ärzteschaft hält daher an ihrer Kritik an der eGk fest. „Wir werden nicht hinnehmen, dass Milliarden Euro ohne jeglichen Nutzen für Patienten und Ärzte verschwendet werden“, sagte Dr. Silke Lüder, stv. Vorsitzende der FÄ und Sprecherin der Aktion Stoppt die E-Card. „Das Geld wird dringend in der Patientenversorgung gebraucht.“

Das eGK-Projekt sei schon lange gescheitert und beschädige mit den weiteren geplanten Funktionen der eGK, wie der elektronischen Patientenakte, das vertrauliche Arzt-Patienten-Verhältnis. „Persönliche medizinische Daten gehen nur Patienten und den behandelnden Arzt etwas an. Mit der elektronischen Gesundheitskarte ist das vorbei“, machte Lüder deutlich. „Bei dem Projekt werden die wichtigsten Datenschutzkriterien nicht realisiert.“ Angesichts der weltweiten Überwachungsskandale aber seien Dezentralität und Datensparsamkeit der wichtigste Schutz der Medizindaten und des vertraulichen Arzt-Patienten-Verhältnisses. FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich wies zudem auf die informationelle Selbstbestimmung hin. „Der selbstbestimmte Umgang mit den eigenen Daten ist ein Grundrecht jedes Bürgers.“

Auch der Verein demokratischen Ärztinnen und Ärzte (vdää – http://www.vdaeae.de/) hat mit einem Antrag an den Deutsche Ärztetag (http://www.vdaeae.de/images/stories/fotos2/Aerztetag_2014-Antrag_Dietrich_Datensicherheit.pdf) auf die Gefahren der eGk hingewiesen. Darin heißt es u. a.: „Der NSA Skandal hat gezeigt, dass die Sicherheit gespeicherter Daten auf drei Ebenen gefährdet ist: 1. Staatliche Stellen haben bei Gefahr im Verzug oder zur Abwehr von Gefahren die rechtliche Möglichkeit, auf gespeicherte persönliche Daten zuzugreifen. Dieses Zugriffsrecht ist nicht auf nationale Grenzen beschränkt. 2. Mit entsprechend technischer Ausrüstung und Computerwissen scheint es möglich zu sein, in praktisch jedes Computersystem einzudringen. Selbst staatliche Stellen und EU‐Institutionen sollen vom US‐Geheimdienst überwacht und ausgespäht worden sein. 3. Daten sind nicht immer vor dem Zugriff interner Mitarbeiter geschützt… Es stellt sich daher die Frage, wie sicher medizinische Daten bei Krankenhäusern, Praxen, Krankenkassen, privaten Abrechnungsstellen, KVen oder bei der elektronischen Gesundheitskarte sind. Von besonderem Interesse ist hier der Schutz der Daten vor dem unberechtigten Zugriff interner Mitarbeiter oder externer Helfer.“

Unter dem Tagesordnungspunkt Sachstandsbericht über Zusammenarbeit mit der gematik wurde von den Delegierten des 117. Deutschen Ärztetags in der Entschließung VII – 82 unter dem Titel „Keine Nutzung von Patientendaten durch Marktforschungsunternehmen ohne persönliches Einverständnis“ (http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/117DAETBeschlussprotokoll20140530.pdf) mehrheitlich festgestellt: „Im Hinblick auf die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte muss in allen Bereichen noch sorgsamer mit Patientendaten umgegangen und gegen einen möglichen Missbrauch vorgesorgt werden. Die Ereignisse der Vergangenheit beweisen einmal mehr, dass Missbrauch dort stattfinden kann, wo er theoretisch möglich und technisch machbar ist. Die Bundesärztekammer wird aufgefordert, auf eine Änderung der Gesetzeslage derart hinzuwirken, dass eine Datenweitergabe – unabhängig davon, ob sie anonymisiert ist oder nicht – nur nach individuellem Einverständnis der Patienten rechtens ist.“

1 Kommentar

  1. Die fehlende Sicherheit ist ganz sicher ein wichtiger Faktor um die eGK und die telematische Infrastruktur in Frage zu stellen. Über die fehlende Sicherheit alleine kann jedoch dieses Megasystem nicht effizient gekippt werden, denn es geht an erster Stelle um die Akzeptanz einer menschenverachtenden Systemphilosophie der Datenverarbeitung, die mit der eGK und den zentralen Serverfarmen verbunden ist. Die elektronische Smartcard ist lediglich die Folge davon und lenkt oftmals von der eigentlichen Dimension des Geschehens ab. Was wir viel stärker ablehnen müssen sind also nicht nur Komponenten wie die eGK, sondern die damit etablierte Systemphilosophie!

    Neben meinem Beitrag einer Analyse der eGK/TI unter http://www.it-ler-analysiert-die-egk.de stört mich dass kaum Alternativen zu diesem Megasystem erwähnt werden. Hier mein aktueller Beitrag in Form eines Vorschlages für ein alternatives dezentrales deutsches Gesundheitssystem, in selbsorganisierte freier und unabhängiger Form:
    http://www.ocmts.de/egk/addg/index.html
    Hinweis:
    Eine Orientierung an den Konzepten und Architekturen der eGK und der telematischen Infrastruktur sind in keiner Hinsicht erstrebenswert, weil hier nicht der Mensch, seine persönliche Freiheit und die unabhängige Dezentralität im Vordergrund stehen, sondern die Auswertung und Steuerung des biologischen Informationspools seiner medizinischen Gesundheitsdaten in einem zentralen System. Die eGK/TI ist allerdings ebenso eine Folge unserer Passivität, in obrigkeitshöriger Form, gegenüber den Krankenkassen, denen wir immer vertraut haben.

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