Die Grünen in Hessen und der Verfassungsschutz: Wir reden uns die Welt, wie sie uns gefällt…

Datenschutzrheinmain/ März 9, 2018/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, Polizei und Geheimdienste (BRD), Telekommunikations-Überwachung/ 0Kommentare

In der Frankfurter Neuen Presse vom 09.03.2018 werden die beiden Landesvorsitzenden der hessischen Grünen, Angela Dorn (zugleich Landtagsabgeordnete) und Kai Klose (zugleich Staatssekretär), befragt zur Bilanz ihrer Regierung mit der CDU und zum kommenden Landtagswahlkampf.

Die zweite Frage lautet: „Ein Punkt, bei dem die Basis nicht mitgezogen hat, ist das Verfassungsschutzgesetz, da hat die Landesmitgliederversammlung in puncto Überwachung der Telekommunikation eingehakt. Wie gehen Sie damit um?

Die Antworten: DORN: Natürlich bleiben bei manchen schwierigen Themen Diskussionen nicht aus. Auf dem Parteitag war das eine konstruktive Diskussion, und auch die Kritiker sehen, dass im Gesetz viele Verbesserungen stehen wie die Regelungen für V-Leute oder die Stärkung der parlamentarischen Kontrolle. Im Landtag gab es eine sehr umfassende Anhörung dazu, zu der bewusst viele kritische Stimmen eingeladen wurden. Kein Gesetz geht so aus dem Landtag heraus, wie es hineingekommen ist. Wir sind in sehr intensivem Austausch mit den Kritikern, aber auch mit der CDU. KAI KLOSE: Das ist ja ein Klassiker: die angemessene Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu wahren. Da schaut eine Bürgerrechtspartei wie wir mit einer anderen Perspektive drauf als die Union. Das ist gleichzeitig genau die Chance dieser Koalition, dass wir die Dinge dann ausdiskutieren und am Ende zu einer Lösung kommen, die auch für die Bürgerinnen und Bürger am besten ist.“

Hier reden sich zwei hessische Spitzen-Grüne die Welt schon!

Was ist in der Landesmitgliederversammlung der Grünen Hessen am 18.11.2017 in Hanau entschieden worden?

Der Antrag des Landesvorstands der Grünen, der im Kern als Unterstützung des von CDU-Innenminister Peter Beuth und den Fraktionen von CDU und Grünen vorgelegten Gesetzentwurfs zu verstehen ist, wurde abgelehnt.

Im Entwurf des mit knapper Mehrheit von der Landesmitgliederversammlung angenommenen AntragsDigitale Gefahrenabwehr statt digitaler Gefahrenquellen”  wird festgestellt: “Entwicklung, Einsatz und Proliferation digitaler Waffen wie eine Software zur ‘Onlinedurchsuchung’ können keine Bestandteile einer verantwortungsvollen Sicherheitspolitik sein! Die Landesmitgliederversammlung der hessischen Grünen fordert die grüne Landtagsfraktion auf, sich für eine offene und friedliche Cybersicherheitsstrategie des Landes einzusetzen und auf die angedachte Einführung von digitalen Waffen für den hessischen Verfassungsschutz zur sog. ‘Onlinedurchsuchung’ und zur Quellen-TKÜ zu verzichten.”

Was ist Ergebnis der Anhörung im Hessischen Landtag am 08.02.2018?

  • Bürgerrechtsgruppen und JuristInnen protestierten vor und im Landtag gegen den #Hessentrojaner und die Bespitzelung von MitarbeiterInnen von Beratungsstellen. Lediglich VertreterInnen der Polizeibehörden und -gewerkschaften unterstützen das Gesetzgebungsvorhaben von CDU und Grünen.
  • Die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) „Ausstieg zum Einstieg“ e.V., der bundesweite Dachverband zivilgesellschaftlicher Akteure der Ausstiegsarbeit aus dem Rechtsextremismus stellt in einer Stellungnahme zu dem von CDU und Grünen im Hessischen Landtag eingebrachten Gesetzentwurf für ein neues hessisches „Verfassungsschutz“-Gesetz u. a. fest: „Aus Sicht der BAG… sind die Bestrebungen, Zuverlässigkeits- und Sicherheitsüberprüfungen gesetzlich festzuschreiben, verfassungsrechtlich unverhältnismäßig , fachlich kontraproduktiv und arbeitsrechtlich höchst bedenklich. “

Auch Interessenverbände der IT-Industrie warnen vor dem Einsatz von Staatstrojanern

Bitkom, der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V., hat in einer Stellungnahme zum #Bundestrojaner erklärt: “ Die Bemühungen der Wirtschaft werden mit der Ausweitung des Einsatzes von Staatstrojanern konterkariert… Bei der… Ausweitung der Quellen-Überwachung müssen technologische Sicherheitslücken und Schwachstellen genutzt oder geschaffen werden, die z.B. auch von organisierten Cyberkriminellen genutzt werden können – so wie dies kürzlich bei WannaCry der Fall war… Das verfassungsrechtlich geschützte Gut der Vertraulichkeit und Integrität des eigenen Informations- und Kommunikationsraums darf keinesfalls aufs Spiel gesetzt werden, insbesondere dann nicht, wenn andererseits kein echter Sicherheitsgewinn erwartet werden kann…” Und TeleTrusT, der Bundesverband IT-Sicherheit e.V., hat in seinen Verbandsnachrichten erklärt: “TeleTrusT kündigt Verfassungsbeschwerde gegen diese legalisierte Schwächung von modernen IT-Systemen an: Denn anstatt die Bürgerinnen und Bürger aktiv vor IT-Schwachstellen zu schützen, toleriert sie der Staat und hält sie für den potentiellen Einsatz seines ‘Trojaners’ sogar aufrecht… Die vom Gesetzgeber legalisierten Maßnahmen führen dazu, das Vertrauen in moderne IT-Systeme im Allgemeinen und in die angebotenen vertrauenswürdigen Lösungen zu erschüttern. Sie sind damit industriepolitisch kontraproduktiv und schädigend für den weiteren notwendigen Digitalisierungsprozess… Die Beeinträchtigung des Grundvertrauens der Öffentlichkeit in den Schutz der kommunikativen Privatsphäre steht in keinem vernünftigen Verhältnis zur möglichen Ausbeute bei Strafverfolgungsmaßnahmen…”

Und was haben die Grünen im Hessischen Landtag getan und/oder erreicht, um den Gesetzentwurf des CDU-Innenministers zu verändern?

Wenig! Lediglich im Bereich der Bespitzelung von MitarbeiterInnen von Beratungsstellen wurden marginale Veränderungen vorgenommen. Der #Hessentrojaner ist aber weiterhin fester Bestandteil des Gesetzentwurfs.

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