Der Europ. Gerichtshof stellt fest: Das Abkommen zur Fluggastdaten-Speicherung zwischen der EU und Kanada ist europa- und grundrechtswidrig!
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer Pressemitteilung vom 26.07.2017 erklärt, dass das Abkommen über die Übermittlung und Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Records – PNR) zwischen der Europäischen Union und Kanada aus dem Jahre 2014 in Teilen europa- und grundrechtswidrig ist.
Einige Auszüge aus der Stellungnahme des EuGH:
- „In seinem heutigen Gutachten antwortet der Gerichtshof, dass das geplante Abkommen in seiner jetzigen Form nicht geschlossen werden darf, weil mehrere seiner Bestimmungen nicht mit den von der Union anerkannten Grundrechten vereinbar sind. Das geplante Abkommen ermöglicht die systematische und kontinuierliche Übermittlung der PNR-Daten sämtlicher Fluggäste an eine kanadische Behörde zur Verwendung, Speicherung und eventuellen Weitergabe an andere Behörden und Drittländer mit dem Ziel der Bekämpfung von Terrorismus und grenzübergreifender schwerer Kriminalität… Die PNR-Daten können zusammen betrachtet u. a. einen gesamten Reiseverlauf, Reisegewohnheiten, Beziehungen zwischen zwei oder mehreren Personen sowie Informationen über die finanzielle Situation der Fluggäste, ihre Ernährungsgewohnheiten oder ihren Gesundheitszustand offenbaren und sogar sensible Daten über die Fluggäste liefern. Die übermittelten PNR-Daten sollen zudem vor der Ankunft der Fluggäste in Kanada systematisch durch automatisierte Verfahren analysiert werden , die auf im Voraus festgelegten Modellen und Kriterien beruhen. Dadurch können weitere Informationen über das Privatleben der Fluggäste erlangt werden…“
- „Der Gerichtshof stellt deshalb fest, dass sowohl die Übermittlung der PNR-Daten von der Union an Kanada als auch die im geplanten Abkommen enthaltenen Regeln für die Speicherung, Verwendung und eventuelle Weitergabe der Daten an kanadische, europäische oder ausländische Behörden in das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens eingreifen. Das geplante Abkommen stellt ferner einen Eingriff in das Grundrecht auf Schutz personenbezogener Daten dar…“
- „Zur Erforderlichkeit der Eingriffe stellt der Gerichtshof fest, dass sich mehrere Bestimmungen des Abkommens nicht auf das absolut Notwendige beschränken und keine klaren und präzisen Regeln enthalten. Der Gerichtshof führt hierzu insbesondere aus, dass die Parteien des Abkommens die Möglichkeit vorgesehen haben, sensible Daten (zu denen sämtliche Informationen gehören, aus denen ‚die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit‘ hervorgehen oder die ‚Gesundheit oder Sexualleben einer Person‘ betreffen) an Kanada zu übermitteln. In Anbetracht des Risikos einer gegen das Diskriminierungsverbot verstoßenden Verarbeitung bedürfte die Übermittlung sensibler Daten an Kanada einer präzisen und besonders fundierten… Rechtfertigung. Im vorliegenden Fall fehlt es aber an einer solchen Rechtfertigung. Der Gerichtshof folgert daraus, dass die Bestimmungen des Abkommens über die Übermittlung sensibler Daten an Kanada sowie über deren Verarbeitung und Speicherung nicht mit den Grundrechten vereinbar sind…“
Die Zeit kommentiert: „Es hat mittlerweile etwas von einem Ritual: Wann immer die EU-Mitgliedstaaten eine Form der Vorratsdatenspeicherung beschließen, holen sie sich beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eine blutige Nase. Es wäre zum Lachen, wenn die Lernresistenz der Mitgliedstaaten und ihre ständige Missachtung von Grundrechten nicht so traurig wären.“
Den ist nichts hinzu zu fügen…