Das Niveau der Informationsfreiheit in Hessen ist schlecht…

Transparenz/ Mai 31, 2021/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, Informationsfreiheit / Transparenz/ 0 comments

…so schlecht, dass die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main von einem Redakteur des Hessischen Rundfunks angefragt wurde, wo es in Hessen kommunale Informationsfreiheitssatzungen gibt. Aber lesen Sie selbst:

Die Anfrage (vom Verfasser dieses Beitrags anonymisiert): Sehr geehrter Herr …, ich arbeite in der […]redaktion des Hessischen Rundfunks und führe derzeit, zusammen mit einem Kollegen, eine Recherche zu den Impfzentren in Hessen durch. Dazu stellen wir derzeit verschiedene Anträge auf Akteneinsichten, mit Verweis auf die jeweiligen Informationsfreiheitssatzungen der Landkreise/kreisfreien Städte. Meine Frage: Haben die Datenschützer Rhein-Main einen genauen Überblick, welche Landkreise/Städte in Hessen explizit solche Informationsfreiheitssatzungen erlassen haben? Ich habe bisher nur eine Handvoll gefunden, ich vermute aber, dass es inzwischen mehr sind. Besten Dank für Ihre Rückmeldung! Mit freundlichen Grüßen …“

Die Antwort der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main: Sehr geehrter Herr …, auch wir verfügen nur über eine vermutlich unvollständige, von uns zusammengestellte Auflistung.
Versuche, über Anfragen an die hessischen kommunalen Vereinigungen (Landkreistag, Städtetag …) Informationen zu erhalten, wo es Satzungen gibt, sind gescheitert. Auch eine Anfrage beim hess. Datenschutz- und Informationsfreiheitsbeauftragten (damals noch Herr Ronellenfitsch) war vergeblich. Unsere Übersicht finden Sie hier: https://ddrm.de/informationsfreiheitssatzungen-von-kommunen-und-landkreisen-in-hessen-eine-uebersicht/. In diesem Beitrag wird auf den Wortlaut aller uns bekannten Satzungen verlinkt.
Möglicherweise werden Sie bei Ihren Anfragen auf folgendes praktische Problem stoßen: Viele der Satzungen enthalten die Regelung, dass nur Einwohner (und ggf. juristische Personen), die über einen (Wohn-)Sitz in der jeweiligen Gebietskörperschaft verfügen, einen Anspruch auf Auskunft haben. Mit freundlichen Grüßen …“


Zum Hintergrund:

Hessen ist Schlusslicht bei der Transparenz staatlichen Handelns

Die Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. hat 2019 einen Vergleich der Transparenz- bzw. Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der 16 Bundesländer vorgenommen und auf der Homepage Transparenzranking Deutschland veröffentlicht. Wie nicht anders zu erwarten: Das Hessische Informationsfreiheitsgesetz, in Kraft seit 25.05.2018 und versteckt in den §§ 80 ff. des Hessischen Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetzes (HDSIG), ist mit weitem Abstand Schlusslicht im Ranking. Nur die Bundesländer Bayern, Niedersachsen und Sachsen sind noch schlechter bewertet. Einer der großen Mängel des HDSIG ist die Regelung in § 81 Abs. 1 Ziff. 7, wonach kommunale Gebietskörperschaften vom Geltungsbereich der Regelungen zur Informationsfreiheit ausgenommen sind, es sei denn, sie würden eigene Satzungen dazu beschließen.

Mit der Schaffung solcher Informationsfreiheits- bzw. Transparenzsatzungen in allen hessischen Gemeinden, Städten (und Landkreisen) würde eine bestehende Lücke im demokratischen Aufbau von Staat und Verwaltung geschlossen. Die von kommunalen Entscheidungen und Handlungen betroffenen Menschen hätten dann bessere Möglichkeiten, sich zu informieren und Diskussions- und Entscheidungsprozesse der kommunalen Verwaltung zu bewerten.

Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hat auf der Basis eines Satzungsentwurfs des Bündnis Informationsfreiheit für Bayern einen Entwurf einer kommunalen Informationsfreiheitssatzung erarbeitet. Er geht über die restriktiven Regelungen in den §§ 80 – 89 HDSIG hinaus und nimmt Anregungen aus anderen Landesgesetzen zur Informationsfreiheit und Transparenz von staatlichem und Verwaltungshandeln auf. Dem Hessische Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde der Satzungsentwurf vorab zur Kenntnis gegeben. In einer Stellungnahme werden keine Einwände gegen den Satzungsentwurf erhoben. Am 22.02.2020 hat ihn die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main den kommunalen Spitzenverbänden in Hessen (Hessischer Städtetag e. V.; Hessischer Städte- und Gemeindebund e. V.; Hessischer Landkreistag) übergeben.

Die Mustersatzung (Entwurf) „Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden in Hessen“ ist hier im Wortlaut nachlesbar.

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