Das Bundesmeldegesetz (BMG) – massive Eingriffe in die informationelle Selbstbestimmung
Das Bundesmeldegesetz (BMG – hier nachlesbar: http://www.buzer.de/gesetz/10628/index.htm) wurde am 28.02.2013 vom Bundestag und am 01.33.2013 vom Bundesrat beschlossen und soll zum 01.05.2015 in Kraft treten. Es enthält eine Vielzahl von Regelungen, die sehr weitgehend in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen. Darauf hat aktuell die Gruppe freiheitsfoo (https://freiheitsfoo.de/) aus Hannover hingewiesen. Die umfangreichen Beiträge können hier im Wortlaut eingesehen werden:
In einer detaillierten Bewertung der einzelnen Regelungen des BMG werden aus Sicht von Datenschützern Probleme benannt. Die Gruppe freiheitsfoo hat zudem mit einer Gegenüberstellung des aktuellen Melderechts zum Melderecht im Faschismus auf erschreckende Kontinuitätslinien hingewiesen: http://wiki.freiheitsfoo.de/uploads/Main/BMG-und-NS-Erfassungen.pdf
Das zentrale Problem: Online-Zugriffsrechte für Sicherheitsbehörden – bundesweit; rund um die Uhr; ohne richterliche Anordnung bzw. Genehmigung
Formal wird es kein Bundesmelderegister geben. Aber in § 34 BMG ist geregelt, dass Sicherheitsbehörden und Geheimdienste rund um die Uhr und jederzeit eine Zugriffsmöglichkeit auf die Meldeamtsdaten aller in Deutschland lebenden Menschen bekommen müssen. Dies gilt für folgende Behörden:
- Polizeibehörden des Bundes und der Länder,
- Staatsanwaltschaften,
- Amtsanwaltschaften,
- Gerichte, soweit sie Aufgaben der Strafverfolgung, der Strafvollstreckung oder des Strafvollzugs wahrnehmen,
- Justizvollzugsbehörden,
- Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder,
- Bundesnachrichtendienst,
- Militärischer Abschirmdienst,
- Zollfahndungsdienst,
- Hauptzollämter oder
- Finanzbehörden, soweit sie strafverfolgend tätig sind.
Grafik erstellt von freiheitsfoo https://freiheitsfoo.de/2014/03/04/bmg/)
Strukturell unterscheiden sich diese Zugriffsrechte nicht von einem zentralen Bundesmelderegister! Hinzu kommt, dass § 38 i. V. m. § 34 Abs. 4 BMG die Meldeämter zur Einrichtung eines automatisierten Datenabrufs durch die o. g. Behörden und Geheimdienbste verpflichtet. Dieses führt bereits jetzt in einigen Bundesländern zur Einrichtung von Landes-Meldezentralregistern.
Weitere Kritikpunkte
- Das Auskunftsrecht über die Weitergabe von Meldedaten wird beschränkt auf Informationen zu “regelmäßigen Datenübermittlungen”. Abfragen der o. g. Behörden werden anfragenden Bürger/innen verweigert (siehe § 11 BMG). § 11 Abs. 4 BMG erlaubt den Behörden sogar, in bestimmten Fällen die Begründung zur Ablehnung eines Auskunftsersuchens verweigern zu dürfen.
- §19 Abs. 1 BMG zwingt Vermieter/innen dazu, jeden Ein- und Auszug von Menschen schriftlich zu melden. Sie erhalten zugleich das Recht, Daten über die Mieter einzuholen und für einen Abgleich zu verwenden. §19 Abs. 5 BMG gibt den Meldeämtern das Recht, von Vermietern ganz allgemein “Auskunft zu verlangen über Personen, welche bei ihm wohnen oder gewohnt haben”, uind das ohne jede zeitliche Beschränkung.
- §29 Abs. 2 BMG verpflichtet Hotels, Gasthöfe, Pensionen und private Zimmervermieter dazu, dass jeder Gast einen Meldeschein ausfüllen muss. Nach §29 Abs. 3 BMG müssen Bürger/innen anderer Staaten zwingend einen Pass oder andere Ausweispapiere vorlegen. Meldescheine von Hotels etc.müssen ein Jahr lang aufbewahrt werden (§ 30 Abs. 4 BMG); diese Meldescheine dürfen von den o. g. Behörden genutzt, also auch gespeichert werden (§ 31 BMG). Ob und wann diese dorthin übertragenen Daten gelöscht werden, ist nicht geregelt.
- § 44 Abs. 3 BMG erlaubt die Einholung einer Melderegisterauskunft zu gewerblichen Zwecken, wenn von den Auskunftsersuchenden behauptet wird, dass dafür eine Einwilligung der betroffenen Person vorliegt. Überprüft werden soll das Vorhandensein dieser Einwilligung aber nur “stichprobenartig”. § 45 BMG erlaubt sogar eine “erweiterte Melderegisterauskunft” mit noch viel sensibleren Datenauskünften, wenn “ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht wird.” Was unter berechtigtem Interesse zu verstehen hat, ist im B MG nicht definiert. Und § 49 BMG erlaubt gar die Automatisierung solcher Melderegisterauskünfte.
- § 50 Abs. 5 verlangt den Betroffenen ab, einen Widerspruch gegen Datenübermittlung an Parteien, Presse und Adressbuchverlage aktiv einzulegen. Für die Einwohner/innen hessischer Städte und Gemeinden ist hier (Antrag Auskunftsperren) ein Musterformular hinterlegt, das sich auf die Regelungen des Hessischen Meldegesetzes bezieht.