Die Grüne Landtagsfraktion und die Bespitzelung von MitarbeiterInnen von Beratungsstellen „gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und andere Ungleichwertigkeitsvorstellungen“ in Hessen

Datenschutzrheinmain/ Dezember 3, 2017/ alle Beiträge, Hessische Landespolitik, Polizei und Geheimdienste (BRD)/ 2Kommentare

Der Bundesverband Mobile Beratung hat in einer Stellungnahme vom 29.11.2017 festgestellt: „Seit vielen Jahren fördern Bund und Länder die Arbeit gegen Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und andere Ungleichwertigkeitsvorstellungen… Mit großer Verwunderung müssen wir nun feststellen, dass das hessische Innenministerium offenbar diese vertrauensvolle Basis der Zusammenarbeit einseitig aufkündigt. Ab dem 1.1.2018 sollen die Projektträger im Land, die Mittel aus den genannten Fördertöpfen bekommen, einer anlasslosen ’sicherheitsbehördlichen Überprüfung‘ ihrer Mitarbeiter/innen bei Neueinstellung oder ‚begründeten Zweifeln‘ zustimmen. Diesen massiven – bisher nur in sicherheitsrelevanten Bereichen nach dem Hessischen Sicherheitsüberprüfungsgesetz (HSÜG) üblichen – Eingriff in die Selbstbestimmungsrechte der Mitarbeiter/innen und die Trägerautonomie sowie das offenkundige Misstrauen halten wir weder für verhältnismäßig, noch für verständlich. Wir halten einen solchen Passus für rechtlich nicht tragbar.“

Diese Erklärung hat zu Protesten auch anderer zivilgesellschaftlicher Gruppen in Hessen und darüber hinaus geführt. Die Grünen in Hessen bemühen sich seitdem um Schadensbegrenzung.

Die tageszeitung (taz) vom 01.12.2017 zitiert den innenpolitischen Sprecher der Grünen Landtagsfraktion wie folgt: „‚Die angedachten Veränderungen sind mit uns nicht abgesprochen‘, sagte der Grünen-Innenexperte Jürgen Frömmrich der taz. ‚Wir halten sie in dieser Form nicht für nötig und werden dazu in der Koalition das Gespräch suchen.'“

Nach dieser Stellungnahme stellen sich zwei Fragen:

  • Kennt Herr Frömmrich den von ihm beworbenen und unterstützten Gesetzentwurf nicht?
  • Oder verschweigt Herr Frömmrich wissenlich und willentlich die Wahrheit?

Denn in dem von CDU und Grünen im Hessischen Landtag unterstützten  Gesetzentwurf findet sich auf S. 18 in § 21 Abs. 1 Ziff. 2 i) aa) folgende Regelung: „Das Landesamt darf Informationen einschließlich personenbezogener Daten, auch wenn sie mit nachrichtendienstlichen Mitteln erhoben werden, an inländische öffentliche Stellen übermitteln, wenn der Empfänger die Informationen benötigt 1. zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder sonst für Zwecke der öffentlichen Sicherheit oder der Strafverfolgung oder 2. zur Erfüllung anderer ihm zugewiesener Aufgaben, sofern er dabei auch zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beizutragen oder Gesichtspunkte der öffentlichen Sicherheit oder  auswärtige Belange zu würdigen hat, insbesondere bei… i) der Überprüfung der Zuverlässigkeit von Personen, aa) die in mit Landesmitteln geförderten Beratungsstellen zur Prävention und Intervention gegen verfassungsfeindliche Bestrebungen oder in mit Landesmitteln geförderten Projekten eingesetzt sind oder eingesetzt werden sollen…“

Genau darauf hat der Bundesverband Mobile Beratung in seiner Stellungnahme vom 29.11.2017 hingewiesen.

Die Grünen haben in der 1. Lesung des Gesetzentwurfs am 21.11.2017 im Hessischen Landtag gemeinsam mit der CDU auch für diese Regelung plädiert. Dass Jürgen Frömmrich (Grüne) von nichts gewusst haben will und vom Koalitionspartner CDU „überfahren“ wurde erscheint vor diesem Hintergrund unglaubwürdig.

2 Kommentare

  1. Sehr gut und notwendig, daß die HU sich um dieses Thema – für uns alle- kümmert! Vielen Dank dafür.

    Als Ex-Grüne , Ex-Hessin und 1. Vorständin der Grünen erinnere ich mich noch sehr gut (und gerne) an die Pionier-Zeiten.

    „Abschaffung des Verfassungssch(m)utzes “ war unsere Forderung, die den so genannten doch erstaunlicherweise verunsicherte. Mehr als 1x hörte ich die Frage – nach irgendwelchen Aktivitäten- „wollen Sie uns jetzt immer noch abschaffen?“ Meine Antwort war immer- und ist es bis heute – ja, jetzt erst recht!

    Es ging ja immer um die Einhaltung der Geheimhaltung, grade auch für die Hauptausschuß- Mitglieder im Hess. Landtag ( ich war damals 1. u. einziges Mitglied dort). Von dieser „Geheimhaltung“ leben sie ja wie die Vampire, das hält sie oben und am Leben.

    Als ich aber darlegte, daß es nichts geheimzuhalten gibt, weil wir das alles eh schon wissen u. ich dies u. jenes dann u. dann bereits in der Presse gelesen hätte, kamen sie nicht umhin, zuzugeben, daß sie selbst 70-80 % aus Zeitungen/Veröffentlichungen abschreiben und einiges einfach behaupten, was ungeprüft von irgendwelchen InformantInnen zugetragen wird.

    Der klägliche Rest von wenigen %%, den würden u. dürften wir im Ausschuß ja auch gar nicht erfahren…

    Also: Wo u. wie soll mir Geheimnisverrat nachgewiesen werden?

    Leider sehen das die heutigen Grünen – bis auf einige wenige – überhaupt nicht mehr kritisch und tun alles für den Machterhalt mit der CDU. Mit der SPD wäre das Verhalten auch nicht anders.

    Und wenn die Grünen dann in der Klemme stecken, weil ihnen ihr Fehlverhalten nachgewiesen wird, dann hat man von nix gewußt.

    Nicht nur, daß wir früher ein solches Verhalten bei den anderen Parteien total kritisierten, es erinnert auch an die Nazi-Zeiten. Dafür haben wir unserer Eltern/ Großeltern- Generation schwere, berechtigte Vorwürfe gemacht…um einige Jahrzehnte später – besser informiert und ohne drohende Konsequenzen – grade wieder so zu argumentieren.

    Und daß es die Grünen sind, das ist besonders bitter!

    Die Grünen behandeln schon lange diejenigen, die zu verschiedenen Machenschaften der Grünen ihre Kritik äußern, genauso, wie wir damals von den anderen Parteien behandelt wurden… und was haben wir lauthals zu Recht dagegen protestiert und agiert. Der Unterschied der eigenen Erfahrung mit solchem Verhalten macht es noch schlimmer und absurder.

    Ich empfehle an Literatur, wo der Gang der Dinge/ der Parteien/ der Grünen sehr einprägsam nachgelesen werden kann:

    George Orwell:“ Die Farm der Tiere “ sowie „1984“ und “ Das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern“.

  2. Welcher Arbeitgeber würde es akzeptieren, wenn die leitenden Angestellten Geheimnisse vor ihm hätten?
    Bei meinen bisherigen Arbeitgebern wäre ich immer sofort rausgeflogen.
    Leider sehen sich unsere Politiker nicht als diejenigen, die für uns, die Bürger, arbeiten sollen, bezahlt werden, nein, sie sehen sich als die eigentlichen Chefs, die den Bürgern sagen, was diese zu tun, zu lassen und zu denken haben.
    Das Ganze auch noch mit dem Geld der Bürger, das sie denen dafür mit allen Mitteln aus der Tasche ziehen.
    Um das zu überwachen lassen sie sich immer mehr einfallen. Der Verfassungsschutz ist dabei nur ein Mittel zum Zweck.

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