Frankf. Rundschau: GEZ-Berichterstattung ohne kritischen Blick auf datenschutzrechtlich fragwürdige Regelungen

Datenschutzrheinmain/ Dezember 18, 2012/ ARD-ZDF-Beitragsservice (früher: GEZ)/ 2Kommentare

Die Frankfurter Rundschau vom 18.12.2012 verwendet die Seiten 2 und 3 dazu, ihren Leser/innen die Neuregelungen in dem ab 01.01.2013 geltenden Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag zu erläutern:

http://www.fr-online.de/medien/rundfunkgebuehr-gez—unbeliebt–na-und-,1473342,21135528.html

http://www.fr-online.de/medien/rundfunkgebuehr-gez-reform—wer-profitiert-und-wer-draufzahlt,1473342,21141282.html

Mehrmals werden Leitungskräfte der GEZ auch zu datenschutzrechtlichen Themen zitiert; leider ohne die nötige kritische Distanz. Zwei Beispiele:

Beispiel 1:

100.000 Briefe gehen jeden Tag bei der GEZ ein. „Alles wird sortiert und gescannt… Die Papiere werden fünf Tage aufbewahrt, danach nach datenschutztechnischen Richtlinien vernichtet.“  Was der gute Herr Wolf, Chef der GEZ, den LeserInnen der Fr. Rundschau dabei aber nicht verrät: Als elektronisches Dokument wird jedes Schreiben in  vollem Umfang und mit allen darin enthaltenen personenbezogenen Daten auf den GEZ-Servern gespeichert.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben dazu bereits in einer Stellungnahme vom 15.09.2010 festgestellt: Der Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag „orientiert sich… ausschließlich an praktischen Belangen der Rundfunkanstalten, wonach die gesamte Eingangspost bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) eingescannt wird. Nur deshalb erfolgt eine vollständige Erfassung der Bescheide. Nach eigenen Aussagen der GEZ ist bei dieser Verfahrensweise eine partielle Löschung nicht benötigter Daten nicht möglich. Allein deshalb werden auch sensitive Gesundheits- und / oder Sozialdaten gespeichert, die von niemandem bestritten für die Entscheidung über eine Beitragsbefreiung nicht erforderlich sind. Die Verarbeitung nicht erforderlicher Daten widerspricht jedoch den Grundsätzen unserer Datenschutzordnung, insbesondere dem Grundsatz der Datensparsamkeit…“

Beispiel 2:

Zum Stichtag 1. März 2013 wird es einen Abgleich mit den Daten aller Einwohnermeldeämter der Republik geben. Der gute Herr Wolf sagt nur die halbe Wahrheit, wenn er feststellt: „Die Angaben stehen uns maximal zwölf Monate zur Verarbeitung zur Verfügung, danach werden sie wieder gelöscht.“

Was er verschweigt: In § 14 Abs. 10 Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag wird lapidar bestimmt: Die Landesrundfunkanstalten dürfen bis zum 31. Dezember 2014 keine Adressdaten privater Personen ankaufen.“ Das bedeutet: Ab 1. Januar 2015 kann die GEZ dann frisch-fromm-fröhlich-frei in den Adresshandel einsteigen. Aber der Skandal geht noch weiter. In § 11 Abs. 4 dieses Regelwerks lesen wir: „Die zuständige Landesrundfunkanstalt kann im Wege des Ersuchens für Zwecke der Beitragserhebung sowie zur Feststellung, ob eine Beitragspflicht nach diesem Staatsvertrag besteht, personenbezogene Daten bei öffentlichen und nichtöffentlichen Stellen ohne Kenntnis des Betroffenen erheben, verarbeiten oder nutzen…“ Ein doppelter Skandal!

  1. Erhebung personenbezogener Daten bei Dritten ohne Kenntnis der Betroffenen.
  2. Die nichtöffentlichen Stellen sind nicht benannt oder eingegrenzt.

Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder haben auch dazu am 15.09.2010 Stellung genommen: „Es kommen also alle denkbaren Möglichkeiten, wie zum Beispiel Arbeitgeber, Versicherungen, Versandhäuser, Inkassounternehmen und Auskunfteien in Betracht.“  Der Verfasser ist sich sicher: In der Führungsspitze der GEZ hat die Diskussion begonnen, welche weiteren privaten Quellen für die Datensammelwut noch angezapft werden können.

Weitere Beispiele ließen sich anführen. Sie sind nachlesbar in 2 anderen Beiträgen auf dieser Homepage:

http://diedatenschuetzerrheinmain.wordpress.com/2012/10/11/rundfunkbeitragsstaatsvertrag-die-16-ministerprasidenten-der-lander-und-die-gez-hebeln-den-datenschutz-aus/#more-163

http://diedatenschuetzerrheinmain.wordpress.com/2012/11/27/gez-kein-datenschutz-fur-arme-und-behinderte-burgerinnen/

Wie bewerten die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder das gesamte neue Regelwerk?

„Aus datenschutzrechtlicher Sicht widersprechen die Datenverarbeitungsbefugnisse… durch zu umfangreiche Ermächtigungen der Rundfunkanstalten und ihrer Hilfsorgane den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Datensparsamkeit sowie den Grundsätzen der Normenklarheit und Transparenz“, haben sie am 15.09.2010 festgestellt.

Dem ist nichts hinzu zu fügen.

2 Kommentare

  1. Gefunden bei Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Shleswig-Holstein (https://www.datenschutzzentrum.de/faq/gez.htm#9)

    „Wer kontrolliert den Datenschutz bei der GEZ?

    Zwar verfügen die Rundfunkanstalten, die die GEZ tragen, über eigene Datenschutzbeauftragte, und auch die GEZ hat eigene betriebliche Datenschutzbeauftragte bestellt. Mit Ausnahme der Bundesländer Berlin, Bremen, Brandenburg und Hessen gibt es bei der Verarbeitung der Daten Gebührenpflichtiger jedoch keine Kontrolle durch eine eigenständige, unabhängige Instanz, wie sie für andere staatliche und private Stellen besteht. Dahinter steht, dass sich die Rundfunkanstalten insoweit mehrheitlich auf das verfassungsrechtliche Privileg der Rundfunkfreiheit berufen; dies solle auch beinhalten, dass eine Kontrolle durch die Landesdatenschutzbeauftragten nicht zulässig sei.

    Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder vertreten dagegen die Auffassung, dass die nach der Europäischen Datenschutzrichtlinie geforderte völlige Unabhängigkeit der Datenschutzkontrollinstanzen auch für den Bereich der Rundfunkgebühren gelte und nur dann gewahrt sei, wenn die von den Rundfunkanstalten unabhängigen Landesdatenschutzbeauftragten für die Kontrolle der Verarbeitung der Gebührendaten bei den Rundfunkanstalten bzw. der GEZ zuständig wären. Ein entsprechender Vorschlag zur Änderung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages ist von den Datenschutzbeauftragten unterbreitet worden.“

    Irgendwie wird einem da beim Lesen auch nicht besser…

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