Privatisierung hoheitlicher Ordnungsaufgaben in Michelstadt (Odenwaldkreis): Stadtverwaltung ignoriert OLG-Entscheidung

Datenschutzrheinmain/ Januar 19, 2025/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD), private Sicherheitsdienste, Regionales/ 1Kommentare

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Im hessischen Michelstadt (Odenwaldkreis) soll ein privater Sicherheitsdienst für Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Raum sorgen, z. B. bei Ruhestörungen. Darüber informierte die Stadtverwaltung am 07.01.2025 in einer Pressemitteilung: „Seit 1. Januar 2025 ist in Michelstadt ein neuer Sicherheitsdienstleister in der Altstadt unterwegs: Die Firma GS Sicherheitsdienst aus Bad König übernimmt diese Aufgabe und sorgt dann für die Sicherheit im Altstadtbereich… Unser neuer Sicherheitsdienst wird durch ständige Präsenz für Ordnung und Sicherheit vor allem am Wochenende – freitags und samstags zwischen 21 und 5 Uhr, sonntags zwischen 21 und 24 Uhr sowie an den Abenden vor gesetzlichen Feiertagen von 21 bis 5 Uhr – im genannten Gebiet sorgen. Mit Streifenfahrzeug und in Uniform sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von GS gut erkennbar und können bei Vorfällen wir Ruhestörung oder anderen Ereignissen direkt eingreifen oder von den Betroffenen informiert werden…“

Dies Verfahrensweise – Einsatz privater Beschäftigter für die Sicherheit im öffentlichen Raum – ist nach einem Beschluss des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt vom 03.01.2020 (Aktenzeichen: 2 Ss-OWi 963/18) nicht zulässig. Das OLG stellte klar, dass die Übertragung hoheitlicher Aufgaben auf private Dienstleister bei der derzeitigen Rechtslage (Art. 33 Abs. 4 GG) in Deutschland nicht möglich ist, wie das OLG in seinem Urteil unmissverständlich feststellte:

  1. Die den kommunalen Polizeibehörden gesetzlich zugewiesene Verpflichtung der Überwachung des ruhenden Verkehrs und die Ahndung von Verstößen sind hoheitliche Aufgaben. Mangels Ermächtigungsgrundlage dürfen sie nicht durch private Dienstleister durchgeführt werden.
  2. Die Überlassung privater Mitarbeiter nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) zur Durchführung hoheitlicher Aufgaben ist unzulässig.
  3. Die Bestellung privater Personen nach § 99 HSOG zu Hilfspolizeibeamten der Ortspolizeibehörden ist gesetzeswidrig.
  4. Der von einer Stadt bewusst durch „privaten Dienstleister in Uniform der Polizei“ erzeugte täuschende Schein der Rechtsstaatlichkeit, um den Bürgern und den Gerichten gegenüber den Eindruck polizeilicher Handlungen zu vermitteln, ist strafbar.“

Auch die Stadt Neu-Isenburg hat 2023 gegen diese Gerichtsentscheidung verstoßen – u. a. im Auftrag der Polizei.

1 Kommentar

  1. Über die private City-Streife (RMS GmbH) in Neu-Isenburg berichtete das Journal Frankfurt im Oktober ’23.

    Privater Sicherheitsdienst als City-Streife/ Beschäftigt Neu-Isenburg eine Scheinpolizei?

    https://www.journal-frankfurt.de/journal_news/Politik-10/Privater-Sicherheitsdienst-als-City-Streife-Beschaeftigt-Neu-Isenburg-eine-Scheinpolizei-41310.html

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