Stellungnahme des Bundesversicherungsamts zur Des-Informationspolitik der GKV und der Krankenkassen und zur weiteren Geltung von Krankenversichertenkarten

Datenschutzrheinmain/ Februar 13, 2014/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 1Kommentare

Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hatte mit Schreiben vom 10.01.2014 das Bundesversicherungsamt, zu dessen Aufgaben die Rechtsaufsicht über die gesetzlichen Kranken-, Renten-, Unfall- und Pflegekassen gehört, darum gebeten, seiner Aufsichtspflicht nachzukommen und den GKV-Spitzenverband sowie die einzelnen Krankenkassen dazu anzuhalten, ihren gesetzlichen Auskunfts- und Beratungsverpflichtungen gem. §§ 13 – 15 SGB I nachzukommen; die Versicherten, die über eine über den 01.01.2014 hinaus gültige Krankenversichertenkarte verfügen in einer der Sach- und Rechtslage entsprechenden Art und Weise zu informieren und den Versicherten, die weder über eine gültige Krankenversichertenkarte noch über eine eGk verfügen, den Zugang zu ärztlichen Leistungen gem. § 19 Abs. 3 BMV-Ä ohne Schikanen zu gewähren.

Mit Datum 06.02.2014 hat das Bundesversicherungsamt mit einem 5-seitigen Schreiben geantwortet (hier im Wortlaut nachlesbar: B-2014.02.06 von bundesversicherungsamt – anon).

Eingangs des Schreibens wird mit leicht kritischem Ton zur Praxis vieler Krankenkassen festgestellt: “… war das Bundesversicherungsamt (BVA) bereits mit Einzelfällen befasst, in denen sich Versicherte gegen Aussagen zur Verknüpfung des Leistungsanspruchs mit der Verpflichtung zur Übersendung eines Lichtbilds für die elektronische Gesundheitskarte (eGK) beschwert haben. Die betroffenen Krankenkassen wurden angehört und gemäß dem Ergebnis der hier vorgenommenen Prüfung erfolgreich dazu angehalten, im Rahmen der Information über die eGK keine Verbindung zwischen der Pflicht zur Überlassung eines Lichtbilds mit einer Versagung bzw. Gefährdung des Leistungsanspruchs vorzunehmen“ (S. 1).

Nach aktuellem (13.02.2014) Blick auf die Homepages einiger Krankenkassen kann das Bundesversicherungsamt mit seinen Ermahnungen aber nicht sonderlich erfolgreich gewesen sein.

So erklärt die TK auf ihrer Homepage noch immer: „Die alte Krankenversichertenkarte verliert am 1. Januar 2014 ihre Gültigkeit, ganz unabhängig davon, welches Gültigkeitsdatum aufgedruckt ist. Das haben der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-SV) und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) beschlossen. Manche Ärzte oder Zahnärzte werden während einer kurzen Übergangsphase zwar auch noch nach dem Jahreswechsel die alte Karte als Mitgliedsnachweis akzeptieren – dies liegt aber im Ermessen der Arztpraxis. Auf ‚Nummer sicher‘ gehen Sie ab 1. Januar 2014 nur noch mit der TK-Gesundheitskarte.“ (siehe http://www.tk.de/tk/die-tk-gesundheitskarte/die-neue-karte/gesundheits-versichertenkarte/192384).

Die DAK betreibt die Des-Information noch deutlicher: „Wer ab 1. Januar 2014 ohne neue Gesundheitskarte zum Arzt geht, kann dort Probleme bekommen. Es gibt keine Garantie, dass der Arzt eine eventuell noch vorhandene (alte) Karte (KVK) akzeptiert. Auf die in den Medien oftmals zitierte Übergangsfrist, innerhalb derer die KVK noch verwendet werden kann, sollte sich also niemand verlassen. Denn die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte ist auf Basis eines gültigen Bundesgesetzes beschlossene Sache. Die eGK ist somit ab 1. Januar 2014 allein gültiger, offizieller Versicherungsnachweis. An dieser Karte führt also kein Weg vorbei und ohne diese muss der Versicherungsschutz ggf. umständlich nachgewiesen werden. Gegebenenfalls kann es zur Ausstellung einer Privatrechnung durch den Leistungserbringer (z.B. Arzt) kommen, die nicht durch die Kasse erstattet wird. Besonders problematisch kann das Ausstellen einer Verordnung (z.B. Rezept) sein, denn hier hilft selbst der nachträgliche Nachweis des Versicherungsschutzes in der Regel nicht weiter. Der Arzt kann eine private Verordnung ausstellen, die in der Regel auch sofort eingelöst wird. Auch hier gilt: Eine Erstattung durch die Kassen erfolgt nicht, hierfür besteht keine Basis.“ (siehe: http://www.dak.de/dak/leistungen/Elektronische_Gesundheitskarte-1078110.html).

Und auch die AOK will hier nicht zurückstehen. Auf ihrer Homepage ist zu lesen: „Seit dem 1. Januar 2014 gilt – mit Ausnahmen – nur noch die elektronische Gesundheitskarte. Mit den Verbänden von Ärzten und Zahnärzten wurde eine Übergangsfrist bis zum 30. September 2014 vereinbart. In Ausnahmefällen kann bis zu diesem Zeitpunkt die alte KV-Karte genutzt werden, insofern ihre Gültigkeit nicht abgelaufen ist… Alle, die bis jetzt noch keine elektronische Gesundheitskarte haben, sollten sich dennoch beeilen, denn bei dieser Regelung handelt es sich lediglich um eine Übergangsregelung für Ausnahmefälle!“ (siehe: http://www.aok.de/hessen/nachrichten/index_220397.php).

Das Bundesversicherungsamt macht sich im weiteren Verlauf seine Argumentation dann zum Komplizen der Krankenkassen, indem es die einseitige Sprachregelung des Bundesregierung, im speziellen des Bundesministeriums für Gesundheit wiederholt, wonach „sich der GKV-Spitzenverband mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung darauf verständigt (hat), dass Ärzte vorübergehend noch die Krankenversichertenkarten akzeptieren können. Sie sind allerdings hierzu nicht verpflichtet“ (S. 3). Dass die Kassenärztlichen Bundesvereinigung auch 2014 weiter informiert, dass gültige Krankenversichertenkarten bis zum individuellen Ablaufdatum genutzt werden können (siehe: http://www.kbv.de/telematik/44227.html), wird völlig ausgeblendet.

Vor dem Hintergrund, dass die KBV in einem Rechtgutachten die Praxis der Krankenkassen bei der (Nicht-)Prüfung eingereichter Fotos für die eGk als rechtswidrig moniert (siehe http://www.stoppt-die-e-card.de/index.php?serendipity[subpage]=downloadmanager&thiscat=2&file=101/index.php?serendipity%5Bsubpage%5D=downloadmanager&thiscat=2&file=101), wird die Argumentation des Bundesversicherungsamts völlig krude, wenn es feststellt, dass der Vertragsarzt „die Identität des Versicherten grundsätzlich ‚anhand der auf der elektronischen Gesundheitskarte aufgebrachten Identitätsdaten (Lichtbild,…) zu prüfen‘“ hat (S. 4).

Und zu Rabulistik verkommt die Stellungnahme des Bundesversicherungsamts, wenn es feststellt, dass „keine Pflicht zur allgemeinen Information der Krankenkassen darüber (besteht), dass keine ‚Sanktionsregelung‘ zur Verfügung stehe, sofern Versicherte der Krankenkasse das… Lichtbild nicht überlassen… ‚Daraus folgt, dass die Auskunftspflicht erst einsetzt, wenn ein Bürger um Auskunft ersucht, also eine Frage stellt‘…“ (S. 4).

Trotz der insgesamt ernüchternden Reaktion des Bundesversicherungsamtes bleibt die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main bei ihrer Empfehlung an alle Gegner/innen der eGk:

Decken Sie das Bundesversicherungsamt mit Beschwerden über die Praxis und die Des-Informationspolitik Ihrer Krankenkasse zu. Es kostet Sie nichts außer dem Schreiben selbst und allenfalls dem Porto für einen einfachen Brief; macht aber deutlich, dass der Widerstand gegen die eGk auch 2014 nicht erlahmt ist und weiter geht!

Die Kontaktdaten des Bundesversicherungsamts:

Bundesversicherungsamt

Friedrich-Ebert-Allee 38

53113 Bonn

Kontakt Telefon: (0228) 619-0 (Mo-Do 9.00 – 15.00 Uhr; Fr 9.00 – 14.00 Uhr)

Fax: (0228) 619-1870

E-Mail: poststelle@bva.de

http://www.bundesversicherungsamt.de/

1 Kommentar

  1. Was die (juristische?) Einschätzung des Bundesversicherungsamtes in dessen o.a. Schreiben vom 06. Februar 2014 bzgl. angeblicher Mitwirkungspflichten bei der Fotoeinsendung (s.S.2) anbelangt, sind Zweifel mehr als angebracht.
    Siehe dazu einerseits den juristischen Kommentar im Forum Stoppt die e-Card vom 20. August 2012, der gesetzliche Mitwirkungspflichten verneint.
    http://www.stoppt-die-e-card.de/index.php?/archives/194-Gehoert-das-Einsenden-eines-Passbildes-zu-den-gesetzlich-definierten-Mitwirkungspflichten-der-Versicherten-Ein-juristischer-Kommentar.html

    Andererseits wird diese Auffassung wohl auch von einigen Gerichten vertreten.

    Als Prozeßbeobachter bei der Berufungsverhandlung des Stoppt die e-Card Users DJ_Rainbow am 20.11.2013 vor dem Landessozialgericht (LSG) in Essen (Az.: L 1 KR 554/13 und Az.: L 1 KR 673/13 ER) konnte diesseits die Auffassung des Vorsitzenden Richters zur Kenntnis genommen werden, dass die Aufforderung ein Lichtbild einzusenden sich nicht aus dem §291 (a) SGB V ergebe und somit auch kein sanktionsfähiger, mit Zwang zu belegender Verwaltungsakt (VA) sei, gegen den man dann auch folglich gar keinen Widerspruch einlegen kann und müsste.

    Demzufolge wären die betreffenden Aussagen in dem o.a. Schreiben des BVA, dass „die Versicherten bereits jetzt verpflichtet seien der Krankenkasse ein Lichtbild zu überlassen“ (s.S.2), nicht zutreffend.

    Völlig unberührt und unerwähnt bleibt darüber hinaus in dem o.a. Schreiben des BVA der Umstand, dass die KK gar keine Identitätsprüfungen bei den Lichtbildern durchführen.

    Daraus folgt wie bekannt, dass die Ärzte gleichfalls keine Überprüfung der Identität des Versicherten anhand des seitens der KK nicht geprüften Lichtbilds vornehmen können.
    Zur Vorlage des PA ist der Versicherte gegenüber dem Arzt gesetzlich nämlich gar nicht verpflichtet, umgekehrt ist der Arzt gleichfalls gesetzlich nicht berechtigt sich den PA vorlegen zu lassen.

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