„Heidelberger Erklärung“ – eine weitere Stimme im Chor der Kritiker*innen der Telematik-Infrastruktur und der elektronischen Patientenakte (ePA)
Mit der Heidelberger Erklärung hat Dr. med. Norbert Schrauth, Facharzt für Psychosomatik und Psychotherapie, aus seiner fachlichen Sicht in zehn Punkten seine Kritik an der Telematik-Infrastruktur und der elektronischen Patientenakte (ePA) zusammengefasst.
Hier ein Auszug:
- “Psychotherapeutische und psychiatrische Patientendaten gehören zu den sensibelsten und oft auch schambesetztesten Gesundheitsdaten, die es gibt. Sie genießen wie alle derartigen persönlichen Informationen den besonderen Schutz des § 203 Strafgesetzbuch (Schweigepflicht).
- Keine internetbasierte Datenverarbeitung ist auf Dauer sicher. Praktisch jede Serverlösung mit Internetkontakt wurde schon mal gehackt…
- Auch auf Verschlüsselungen ist kein Verlass: Die sichersten Verschlüsselungen von vor 20 Jahren sind heute aufgrund der enormen Steigerung der Rechnerkapazitäten nur noch Anfängerübungen für Hacker. Warum sollte das mit den heutigen Verschlüsselungen anders sein?
- Gesundheitsdaten haben zudem eine sehr lange Halbwertszeit: Wenn heute die Daten von Kinder- und Jugendpsychotherapeuten und -psychiatern gestohlen würden, dann wären diese mindestens bis zum Ende des Berufslebens der Betroffenen relevant, also mehr als 60 Jahre, in etlichen Fällen noch für die Kinder und Enkel der Betroffenen („familiäre Häufung“, Genetik und Epigenetik) Ein ähnliches Gefahrenpotential haben wir bei jungen Erwachsenen.
- Ähnlich wie bei Radioaktivität sind einmal entwichene Daten, im Darknet mehrfach gespiegelt, für immer unlöschbar draußen und damit für interessierte Kreise (käuflich) erhältlich.
- Es wird immer Versicherungsgesellschaften, Arbeitgeber, politische Gegner etc. geben, die solche Daten gegen die Betroffenen ausnutzen werden. Und das werden schon aus Konkurrenzgründen keine Einzelfälle bleiben.
- Deshalb dürfen Gesundheitsdaten incl. elektronischer Patientenakte in Mengen (Praxis-, Krankenhaus-, KV- und Krankenkassenserver) nicht ins Internet. Sie gehören in die Hand der Patienten, ihrer Psychotherapeuten und Hausärzte…
- Die derzeit konzipierte Telematik-Infrastruktur gefährdet jedoch in unverantwortbarer Weise die Gesundheitsdaten von über 70 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland…
- Das Handwerk der Psychotherapie, ja der sprechenden Medizin insgesamt, wird sehr schwer bis unmöglich, wenn die Patienten befürchten müssen, dass ihr Intimstes, das sie uns anvertrauen wollen, irgendwann im Internet nachlesbar sei könnte…
- Deshalb fordern wir: Keine Zwangs-Serverlösungen mit Internetkontakt für persönliche Gesundheitsdaten. Keine Gesundheitsdaten auf heutigen Smartphones…“