„Wir machen uns die Welt wie sie uns gefällt“ – oder: Wie GKV und KBV über Nacht Verträge frisieren

Datenschutzrheinmain/ Januar 10, 2015/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 7Kommentare

Zum 01.01.2015 haben GKV und KBV den Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) neu gefasst. Um den Druck auf eGk-unwillige Kassenpatienten zu erhöhen, wurde auch § 19 Bundesmantelvertrag – Ärzte (BMV-Ä) geändert. Dieser Paragraf soll die Gepflogenheiten um Zusammenhang mit der elektronischen Gesundheitskarte (eGk), mir eGk-unwilligen Versicherten und mit ggf. notwendigen Ersatzverfahren an Stelle der eGk regeln.

Für das Ersatzverfahren galt bis 31.12.2014 folgende Regelung aus § 19 Abs. 3 BMV-Ä: „Wird von der Krankenkasse anstelle der Versichertenkarte im Einzelfall ein papiergebundener Anspruchsnachweis zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgegeben, muss dieser die Angaben gemäß § 291 Abs. 2 SGB V enthalten…“

Zum 01.01.2015 lautete die vergleichbare Fassung, jetzt als § 19 Abs. 2 BMV-Ä: „Wird von der Krankenkasse anstelle der elektronischen Gesundheitskarte im Einzelfall ein Anspruchsnachweis zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgegeben, muss dieser die Angaben gemäß § 291 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 9 SGB V enthalten. Die Krankenkasse darf einen Anspruchsnachweis nach Satz 1 nur im Ausnahmefall zur Überbrückung von Übergangszeiten bis der Versicherte eine elektronische Gesundheitskarte erhält, für die Dauer von höchstens vier Wochen ausstellen. Der Anspruchsnachweis ist entsprechend zu befristen…“

Ein Versicherter, der am 06.01.2014 in einem Schreiben an seine Krankenkasse auf dieser Basis eine Ausstellung eines Anspruchsnachweises für die Dauer von vier Wochen beantragte, musste zu seiner Überraschung am 09.01.2015 feststellen, dass der auf der Homepage der KBV veröffentlichte Text des BMV-Ä in § 19 Abs. 2 schon wieder eine neue Fassung erhalten hatte: „Wird von der Krankenkasse anstelle der elektronischen Gesundheitskarte im Einzelfall ein Anspruchsnachweis zur Inanspruchnahme von Leistungen ausgegeben, muss dieser die Angaben gemäß § 291 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 9 SGB V enthalten. Die Krankenkasse darf einen Anspruchsnachweis nach Satz 1 nur im Ausnahmefall zur Überbrückung von Übergangszeiten bis der Versicherte eine elektronische Gesundheitskarte erhält, ausstellen. Der Anspruchsnachweis ist entsprechend zu befristen…“ Die Passage für die Dauer von höchstens vier Wochen“ war plötzlich weg.

Der Versicherte, dem zu seinem Antrag eine Stellungnahme seiner Krankenkasse am 09.01.2015 noch nicht vorlag, wunderte sich. Und er stellte sich die Frage: Wie schnell können – satzungsrechtlich korrekt – Vertragstexte in großen Organisationen der Selbstverwaltung im Gesundheitswesen geändert werden? Da der Versicherte auf Grund dieses Sachverhalts Nachteile zu seinen Lasten befürchtet, bezogen auf seinen Antrag auf Ausstellung eines Anspruchsnachweises für die Dauer von vier Wochen, hat es sich mit einer Beschwerde an das Bundesversicherungsamt gewandt. Die Beschwerde hat er der Redaktion dieser Homepage in anonymisierter Form zur Verfügung gestellt. Sie ist hier nachlesbar: B-2015.01.09 an BVA anon

Politik nach Gutsherrenart dürfte die angemessene Charakterisierung ndes Verhaltens von GKV und KBV sein. Transparente Entscheidungsprozesse sehen anders aus…

7 Kommentare

  1. Hallo, habt Ihr mal bei KBV und/oder GKV nachgefragt, wie es zu dieser Änderung gekommen ist. Vielleicht war die erste Fassung ja auch nur ein redaktionelles Versehen. Zudem ist mir nicht klar, welche Nachteile sich durch den Wegfall der Passage „für die Dauer von höchstens vier Wochen“ für Versicherte entstehen sollten. Vielmehr bedeutet der Wegfall der Passage doch, dass eine solche Übergangsbescheinigung z.B. dann für die Dauer von sechs Wochen ausgestellt werden kann, wenn die Krankenkasse davon ausgeht, dass die Zustellung der neuen eGK so lange dauert.

    1. Eben, sehe ich auch so…es entsteht doch kein Nachteil durch den Wegfall…man sollte nicht unbedingt alles hinterfragen…

    2. Das sehe ich auch so! Mein Versicherungsnachweis gilt jetzt erstmal für 1/4 Quartal.
      Gruß Mona

    3. Halo, Aaronswartz,
      es ist ja schön und gut, was Sie schreiben und Sie haben in vielem Recht, nur wäre es sicher nicht sinnvoll, sich eine Privatrechnung geben zu lassen, um sie danach bei der Kasse einzureichen. Denn man wird nie den vollen Ertrag von dieser ersetzt bekommen, sprich, man bleibt also auf einem Teil der Kosten sitzen. Und das kann auf Dauer sehr kostspielig sein.
      Gruß Mona

  2. Eben, sehe ich auch so…es entsteht doch kein Nachteil durch den Wegfall…man sollte nicht unbedingt alles hinterfragen…

  3. Selbstverständlich ist davon auszugehen, dass der redaktionelle Aufwand der Änderung der Tatsache geschuldet ist, dass Kassen-Gesprächsleitfäden für ausgelagerte Callcenter-Dienstleistungen möglichst darauf ausgerichtet sind, mehr Nicht-User von eCards zur eCard zu gängeln bzw. zu bewegen.

    Die Änderung des Passus um die Einschränkung / Nichtnennung des Zeitraums zielt mit Sicherheit NICHT darauf ab, dass evtl. auch längere Zeiträume gelten können, sondern darauf, dass sich Betroffene gegenüber Callcenter-Klonen nicht darauf beziehen können – was nämlich eine umfangreichere Nachbearbeitung im (besser geschulten) Back Office der Krankenkassen nach sich ziehen würde.

    Im Übrigen möchte ich hier noch darauf hinweisen, dass es noch einen anderen Ersatzbescheinigungsprozess gibt: Wird man dieser Tage Neumitglied einer anderen Krankenkasse und lehnt die eGK nicht ab, gibt es einen Übergangsprozess bis zur Ausstellung der eGK, in dem EIN LÄNGER GÜLTIGER PAPIERNACHWEIS ausgestellt wird, als dem eGK-Verweigerer, der Bestandskunde bei der Kasse ist.

    Das ist einerseits den Prozessen der Kassen geschuldet, verletzt aber meiner bescheidenen Meinung nach den Gleichheitsgrundsatz.

    Bitte Rechtsmittel in dieser Sache überprüfen. Hier bietet sich ein weiterer Ansatz, gegen das Gebahren der Kassen (mehr Leute in die eGK zu zwingen) vorzugehen. Danke für Eure Arbeit!

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