Wie das E-Health-Gesetz von Bundesgesundheitsminister Gröhe (CDU) die Phantasie von Kaufleuten und Industriellen anregt

Datenschutzrheinmain/ November 24, 2016/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 2 comments

In Deutschlands Nordosten soll eine neue eHealth-Modellregion entstehen. Das wünscht sich zumindest der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller (VBKI). Warum – so fragt sich der interessierte Leser – kommen Kaufleute und Industrielle auf die Idee, sich mit E-Health-Entwicklungen zu beschäftigen? Weil es um Geld geht, um viel Geld! Denn wer von Markt und Marktchancen spricht, dessen Blick ist nicht zentral auf Kranke oder auf PatientInnen gerichtet, der dürfte andere Interessen im Blickfeld haben.

Deutlich wird das in einem vom VBKI veröffentlichten Eckpunktepapier unter dem Titel „Digital Health – Chance für die Hauptstadtregion“. In dem Papier schlägt der VBKI unter anderem die Einrichtung einer Digital Health-Modellregion Berlin-Brandenburg vor. Übergeordnetes Ziel: unter realistischen Bedingungen neue digitale Geschäftsmodelle und Versorgungslösungen auch und gerade für den ersten Gesundheitsmarkt zu testen. Das Papier benennt sieben Aktionsfelder, auf deren Grundlage eine Machbarkeitsstudie für die Digital-Health-Modellregion Berlin-Brandenburg erstellt werden sollte, darunter

  • „Die Schaffung einer gemeinsamen IT-Infrastruktur mit Interoperabilitätsstandards und elektronischer Gesundheits-und Krankheitsakte,
  • Schaffung eines Pilotierungsumfelds im ersten Gesundheitsmarkt
  • Die Einrichtung eines politischen Round Table zum Abbau von Marktzugangshürden…“

So könne eine regionale Infrastruktur entstehen, mit der innovative, digital unterstütze Versorgungskonzepte zügig im ersten Gesundheitsmarkt getestet werden können, betont der VBKI. Was das konkret bedeutet wird z. B. an Abschnitt „4.5 Handlungsfeld: Politischer Round Table zu Hürden im Marktzugang“ deutlich. Dort (S. 19) ist zu lesen: Die regulatorischen Rahmenbedingungen für Digital Health, etwa bei Vergütung, Medizinproduktezertifizierung, Nutzennachweis und -bewertung, Datenschutz und -sicherheit, stellen aktuell eine substanzielle Hürde für Digital-Health-Anbieter dar. Ein Round Table ‚Marktzugang Digital Health‘ zwischen Politik und Akteuren der Modellregion soll die Rückkopplung zwischen regionaler Versorgungspraxis und politischen Entscheidungsprozessen verbessern. Dies muss je nach Zuständigkeit teils auf Ebene Land, Bund und Europäischer Gemeinschaft erfolgen und soll dazu beitragen, über ein gemeinsames Verständnis von Regulierung, Hürden und Lösungswegen die Rahmenbedingungen für Innovation im Bereich Digital Health in Deutschland und der EU voranzutreiben.“

Das Lobby-Medium der IT-Gesundheitsindustrie E-Health-Com teilt auf seiner Homepage mit: „Zu mehr als einem visionären Konzept wird der Vorschlag des VBKI dadurch, dass sich in dessen Gesundheitsausschuss einige jener Akteure engagieren, die die Schlüssel für die Verwirklichung einer Modellregion in der Hand halten. Das gilt vor allem für die AOK Nordost, deren CIO bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers auch selbst zugegen war. Die AOK Nordost geht in Kürze mit Cisco und einem Ärztenetz in den Pilotbetrieb ihrer IHE-basierten Gesundheitsakte. Voraussichtlich ab Somme 2017 sollen die Projektpartner Sana und Vivantes (zwei großen privaten Klinik-Konzernen) an die Akte angeschlossen werden. Hier entsteht also ein digitales Netzwerk, das bereits einen relevanten Teil der stationären Versorgungsinfrastruktur im Nordosten abdeckt und das eine Art Nukleus für die Modellregion sein könnte. Auch die Techniker Krankenkasse, die ihre ebenfalls IHE-basierte Gesundheitsakte ausgeschrieben hat und dafür Anfang des Jahres den Zuschlag erteilen möchte, ist im VBKI engagiert.“

2 Comments

  1. Hallo,
    ja, genau diesen Ausbau für die wirtschaftliche Nutzung von Gesundheisdaten habe ich seit Jahren prophezeit und wurde belacht oder als Verschwörungstheoretiker abgetan. Das ist skandalös.
    Alleine die AGB der Gematik GmbH geben Anlass zur Unruhe, was die Sicherheit der Daten angeht. Danke für den guten Artikel. Ich bin froh, endlich ein sehr aktuelles Forum für uns gefunden zu haben.
    Viele Grüße
    Karin

  2. Na Herr Gröhe, was sagen Sie denn nun zum neuesten Cyberangriff auf das Telekomnetz? Halten Sie denn aufgrund dieses Hackerangriffs (erinnern Sie sich noch an den auf den Dt. Bundestag?) – und aller in der Vergangenheit erfolgter – unsere sensiblen Gesundheitsdaten, deren Preisgabe Sie als Privatversicherter und somit als Nicht – Betroffener per E-Health – Gesetz von uns GKV – Bürgern erzwingen wollen, im Sinne der Gesundheitsdateninhaber wirklich weiterhin für geschützt?

    Frau Dr. Merkel (auch privatversichert) sagte übrigens vorhin in der Tagesschau bzgl. des aktuellen Cyberangriffs sinngemäß, dass dies wohl mittlerweile zum Alltag geworden sei …

    Ihrer geschätzten Antwort sehen wir alle mit Interesse entgegen!

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