Vorratsdatenspeicherung in der Stadtbücherei der Stadt Frankfurt

Datenschutzrheinmain/ Januar 15, 2015/ alle Beiträge, Frankfurter Datenschutzbüro, Verbraucherdatenschutz, Vorratsdatenspeicherung/ 1 comments

Die Stadt Frankfurt stellt dankenwerter Weise in den Filialen der Stadtbücherei einen kostenfreien Internetzugang zur Verfügung. Insbesondere Menschen, die sich aus finanziellen Gründen keinen Internetzugang zuhause leisten können, nutzen dieses Angebot gerne. Was aber weniger schön ist: Dabei werden umfangreiche Verkehrsdaten erhoben und 90 Tage gespeichert, bis hin zu der Adresse jeder einzelnen aufgerufenen Webseite. Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main hatte sich deshalb auf Wunsch eines Nutzers dieses Angebots am 27.05.2013 an den Hessischen Datenschutzbeauftragten gewandt.

Mit E-Mail vom 25.09.2013 kam die Antwort aus dem Hause des Hessischen Datenschutzbeauftragten (E-Mail-2013.09.25-von-hdsb anon). Ein Auszug: „Zunächst gilt festzuhalten, dass es sich hier um ein Angebot der Stadt Frankfurt handelt. Die Annahme dieses Angebotes unter den von der Stadt öffentlich gemachten Bedingungen ist also freiwillig…Hinsichtlich der Aufzeichnung der Verkehrs- bzw. Nutzerdaten (Log-Files) sehe ich zunächst keinen unverhältnismäßigen Eingriff in Persönlichkeitsrechte der Betroffenen… Allenfalls könnte man den Umstand des Zeitraums der Speicherung der Daten konkretisieren. Das diese über einen Zeitraum von 90 Tagen gespeichert bleiben, ist ebenfalls nicht zu beanstanden…“ Fazit Das Anliegen des Nutzers wurde komplett abgebügelt!

Der Frankfurter Stadtverordnete Martin Kliehm (früher Fraktion ELF-Piraten, jetzt Fraktion Die Linke) hat die Sache weiter verfolgt. Inzwischen liegt ein Gutachten des Berliner Rechtsanwalts Meinhard Starostik (Richter am Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin; bekannt durch Verfassungsbeschwerden gegen die Vorratsdatenspeicherung und den elektronischen Entgeltnachweis) vor. Dieses Gutachten (20150115_PM_Gutachten-Vorratsdatenspeicherung) kommt zu völlig konträren Ergebnissen als die Stellungnahme aus dem Hause Ronellenfitsch in Wiesbaden: „Erhebliche Zweifel ergeben sich… im Hinblick auf die Freiwilligkeit des Grundrechtsverzichtes. Der Grundrechtsträger hat keine andere Wahl. Da es sich um eine Fürsorgeleistung der Stadt handelt, ist auf die faktischen Zwänge der Benutzer abzustellen. Wer nicht über die finanziellen Mittel zum Bereithalten eines Internetanschlusses und zur Anschaffung eines PC verfügt, ist auf Angebote wie die kostenfreie Internetnutzung in den Bibliotheken der Stadt Frankfurt angewiesen. Drückt er nicht den „Ja“-Button, hat er keinen Internetzugang. Zumindest die Bürger, die aus finanziellen Gründen auf den kostenfreien Internetzugang angewiesen sind, handeln nicht freiwillig, denn sie haben keine andere Wahlmöglichkeit.“ (Gutachten S. 11).

Die Stadtverordnetenfraktion Die Linke hat das Problem jetzt aufgegriffen. In einem Antrag (20150115_STVV_ANT_Vorratsdatenspeicherung) vom 15.01.2015 stellt sie eingangs fest: „Der Stadtverordnete Martin Kliehm hat hierzu einige Webseiten in der Stadtbibliothek aufgerufen und sich anschließend gemäß Hessischen Datenschutzgesetz die über ihn erhobenen Daten aushändigen lassen. In fünfzehn Minuten Nutzung hat die Stadt Frankfurt ausgedruckt 81 Seiten Verkehrsdaten erhoben.“ Diese Feststellungen sind mit Forderungen verbunden:

  1. Die rechtswidrige Vorratsdatenspeicherung durch die Stadt Frankfurt wird unverzüglich beendet und die erhobenen Verkehrsdaten werden gelöscht.
  2. Der bisherige, irreführende Hinweistext wird ersetzt durch einen schlichten Hinweis auf die Einhaltungspflicht der gesetzlichen Vorgaben durch die Nutzerin oder den Nutzer.
  3. Der Magistrat prüft die Beantragung des Status der Stadt Frankfurt als Internetserviceprovider bei der Bundesnetzagentur und berichtet der Stadtverordnetenversammlung.“

Bleibt zu hoffen, dass sich eine Mehrheit der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung diesen Forderungen anschließt.

Update 17.01.2015: Bericht zum Thema in der Frankfurter Rundschau

Update 02.02.2015: Bericht zum Thema in der Frankfurter Alllgemeinen Zeitung

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