Vitality – General(i)angriff auf das Versicherungsgrundkonzept

Adinfinitumfr/ Juli 6, 2016/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur, Verbraucherdatenschutz/ 1Kommentare

Im e-health-com-Newsletter vom Juni 2016 finden sich interessante Informationen zu Generalis Vitality-Tarif.

So sollen Versicherungsnehmer Vitaltätspunkte sammeln können, indem sie mit Fitnesstrackern Aktivität nachweisen. „Alternativ können auch Fitness-Studio oder Sportvereine entsprechende Zeugnisse ausstellen. Auch Nachweise über den Einkauf gesunder Lebensmittel, den Verzicht auf Zigaretten oder die Wahrnehmung von Vorsorgeterminen fließen in die Vitality-Bewertung ein.“ … „Aus allem zusammen errechnet das Programm einen persönlichen Fitnesszustand, wobei die Prämienstufen Bronze, Silber und Gold erreicht werden können.

Beschwichtigend erfahren wir: „Zugriff auf die Daten hat Generali nicht: Die Versicherung erfährt nur den „Vitality-Status“.“ Man sollte dies jedoch nicht auf die leichte Schulter nehmen. Erstens braucht Generali gar nicht mehr, um sich weg von der Versicherung und hin zu einer Art Bank zu entwickeln. Am Ende dieser Entwicklung steht nämlich nicht mehr das solidarische Versicherungsprinzip, sondern voll-individualisierte Tarife, bei denen jeder exakt für seinen individuellen Bedarf aufkommt. Zuzüglich der Verwaltungskosten von Generali, versteht sich.

Man muss sich darüber hinaus fragen, wer sonst auf den Generali-Vitality-Status Zugriff hat. Kann ich beispielsweise als interessierter Arbeitgeber den Vitality-Status eines potentiellen Arbeitnehmers erfahren, evtl. auf dem Umweg über eine Drittland mit weniger restriktiven Datenschutzbestimmungen als Deutschland? Was könnte Deutschland gegen einen solchen Datenmissbrauch überhaupt tun?

Besonders pikant: Generali hatte diesen Tarif ursprünglich für die Krankenversicherung angedacht. Zumindest in diesem Punkt steht das Bundesgesundheitsministerium (noch) auf Seiten der Versicherten und erteilt solchen Tarifen in der Gesetzlichen Krankenversicherung eine Absage. Dennoch muss sich das Ministerium die Frage gefallen lassen, ob der von ihm betriebene Umbau der Gesundheitswesen zu einer Gesundheitswirtschaft nicht gerade einem solchen Datenmissbrauch den Weg bereitet. Spätestens seit Snowden sollte jedem klar sein, dass Daten, die erst mal im Netz existieren, auch in falsche Kanäle geraten. Dagegen helfen auch keine nationalen Gesetze.

Giovanni Liverani, Vorstandsvorsitzender der Generali Deutschland AG, meint „Wir erfinden Versicherungen neu und werden zum aktiven Partner für unsere Kunden“. Dies ist Neusprech auf höchsten Niveau. Eine Zerstörung des Versicherungsprinzip wird als Neu-Erfindung schöngeredet, ein allmähliches Ausmanövrieren der Kunden, die sich im Markt nach einem Versicherungstarif umsehen, wird als Partnerschaft bezeichnet. Tatsächlich läuft ein solches Konzept zu Ende gedacht auf „Friss Vogel, oder stirb“ hinaus. Dass die Rabatte nicht zu Lasten anderer Versicherter gehen, muss man als modernes Märchen von sich weisen. Genau das tut es nämlich. Entweder werden die schlechten Risiken ganz aus dem Versichertenbestand hinausgedrängt, oder sie zahlen tatsächlich das mehr, was die anderen sparen. Hier sind die Grundlagen der Bilanzierung einfach unerbittlich. Es gilt immer noch, dass Eins plus Drei nicht weniger als Vier ergibt.

Links:

http://www.e-health-com.eu/newsletter-2016-6/fitnessprogramm/

Update 08.07.2016: Die Antwort von Generali per Twitter

generali

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1 Kommentar

  1. Die Antwort von Generali ist insofern entlarvend, dass sie durch die Betonung der Freiwilligkeit ja indirekt die inhaltliche Kritik an Vitality bestätigt.

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