Stuttgart-21 und Übergriffe der Polizei auf Demonstrant*innen: Europäischer Gerichtshof stärkt die Informationsfreiheitsrechte

Transparenz/ Januar 21, 2021/ alle Beiträge, Informationsfreiheit / Transparenz, Polizei und Geheimdienste (BRD)/ 0Kommentare

Im Streit um die Herausgabe von Dokumenten rund um das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 20.01.2021 entschieden, dass unter bestimmten Voraussetzungen auch interne Informationen von Behörden (hier: Innenministerium und Polizei) veröffentlicht werden können (Aktenzeichen: C-619/19). Stuttgart-21-Kritiker*innen verlangten vom Land, mehrere Dokumente zur Verfügung zu stellen, von denen sie sich u. a. Aufklärung über einen hoch umstrittenen Polizeieinsatz am 30.09.2010 im Stuttgarter Schlossgarten erhoffen .

Bei diesem Einsatz waren zahlreiche Bürger durch massive Polizeigewalt verletzt worden, einige davon schwer. Ein verletzter Demonstrant erblindete in Folge der gegen ihn eingesetzten Polizeigewalt nahezu vollständig. Das Verwaltungsgericht Stuttgart erklärte den Einsatz im November 2015 für rechtswidrig.

Die Klage führenden Kritiker*innen des Polizeieinsatzes hatten auf der Grundlage der Umweltinformationsrichtlinie beantragt, ihnen Einsicht in interne Dokumente des baden-württembergischen Innenministeriums zu gewähren. Ein entsprechendes Klageverfahren erreichte das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG). Dieses bat den EuGH im Mai 2019 u. a. um Klärung, wann und wie interne Mitteilungen einer Behörde geschützt sind.

Mir Bezugnahme auf die Aarhus-Konvention vom 25.06.1998, die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 vom 30.05.2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten der EU und weiterer Rechtsgrundlagen entschied der EuGH, dass

  • viele Regelungen der Informationsfreiheit zwar berechtigte Ausnahmen für interne Mitteilungen vorsehen;
  • die mit dem Informationsantrags befasste Behörde aber verpflichtet sei, Gründe dafür zu suchen, die für eine Bekanntgabe der gewünschten Information sprechen könnten.
  • Die Zeit, die vergangen sei, könne jedoch einen Gesichtspunkt darstellen, der für eine Pflicht zur Bekanntgabe der angeforderten internen Mitteilung sprechen könne. Sie sei daher in die Interessenabwägung einzubeziehen, ob die gewünschte Information herausgegeben wird oder nicht.

Das BVerwG muss nun auf der Grundlage dieser Vorgaben entscheiden, ob dem Informationsbegehren der Antragsteller*innen und Kläger*innen stattgegeben werden muss.

 

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