Schafft das Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz weitere intransparente Räume?
Das mit der Mehrheit der großen Koalition beschlossene und umstrittene Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU (DSAnpUG-EU) schränkt in nicht unerheblichem Umfang die Kontrollrechte der Aufsichtsbehörden ein, indem es diesen gegenüber den Berufsgeheimnisträgern (§ 203 StGB – Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Psychologen etc.) keine Untersuchungsbefugnisse mehr einräumt, soweit diese zu einem Verstoß gegen die Geheimhaltungspflichten dieser Personen führen würde.
Die mit der EU-Datenschutz-Grundverordnung (EU-DSGVO) verfolgten Grundregeln, hier Kontrolle, Transparenz und Rechte der Betroffenen werden somit durch eine nationale Regelung wieder „einkassiert“. Vom Bundesverfassungsgericht eingeforderte wirksame Kontroll- und Durchsetzungsbefugnisse im Bereich Polizei und Justiz und nun auch bei den Berufsgeheimnisträgern werden durch das Gesetz beschränkt und dem interessierten Bürger stellt sich die Frage, ob hier der deutsche Gesetzgeber seine Kompetenzen im Rahmen der Regelungsspielräume der Öffnungsklauseln überschritten hat? Es ist deshalb absehbar, dass sich der Europäische Gerichtshof (EuGH) auch mit dieser Regelung wird befassen müssen.
Entsteht hier neben Polizei, Justiz und den Nachrichtendiensten ein weiterer Bereich, der sich künftig Datenschutz-Kontrollen entziehen kann? Ein Gesetz, dass nicht dazu dient, verlorenes Vertrauen in staatliche Institutionen zurück zu gewinnen und das heute schon manchmal schwer zu durchschauende Wirken von Berufsgeheimnisträgern transparenter und damit letztendlich auch nachprüfbar zu machen.
Als Zustimmungsgesetz wird das DSAnpUG-EU in seiner aktuellen Form nun dem Bundesrat zugeleitet. Bedingt durch die Mehrheitsverhältnisse dort ist jedoch nicht zu erwarten, dass es noch zu Änderungen kommt.
Die Deutsche Vereinigung für Datenschutz hält in ihrer Stellungnahme
folgende Punkte als verfassungs- und europarechtlich nicht akzeptabel :
• Die geplante Regelung zur Videoüberwachung normiert einen generellen
Vorrang der öffentlichen Sicherheit vor Belangen des Datenschutzes.
• Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die
Informationsfreiheit (BfDI) soll entgegen der Transparenzverpflichtung der
DSGVO weiterhin in einem Geheimverfahren benannt und ohne öffentliche
Diskussion bestellt werden können.
• Die Beschränkung der Sanktionsmöglichkeiten der BfDI im Sicherheitsbereich
auf „Beanstandungen“ ohne rechtliche Konsequenz untergräbt die Effektivität
der Datenschutzaufsicht.
• Die Regelungen zur Vertretung der Aufsichtsbehörden der Länder im
Europäischen Datenschutzausschuss beeinträchtigen deren Unabhängigkeit.
• Die Kontrollbefugnisse der Datenschutzaufsicht im Bereich der
Berufsgeheimnisse werden bis zur Wirkungslosigkeit eingeschränkt. (s.o. gut dargestellt !)
• Die vorgesehenen Beschränkungen des Auskunftsanspruchs, also der
„Magna Charta des Datenschutzes“, erlaubt es Datenverarbeitern, sich der
Kontrolle durch die Betroffenen zu entziehen.
• Regelungsdefizite z. B. in den Bereichen der Beschäftigtendatenverarbeitung
oder der Forschung werden nicht abgebaut.