Österreich: Videoüberwachung als Mittel zur Verkehrsberuhigung geplant

CCTV-NeinDanke/ November 19, 2025/ alle Beiträge, Internationales, Videoüberwachung/ 0Kommentare

In Österreich drohen bald überwachte Innenstädte. Der dortige Bundesverkehrsminister ließ letzte Woche mit dem Entwurf einer Änderung der Straßenverkehrsordnung aufhorchen. Darin soll Kameraüberwachung als legitimes Mittel zur Verkehrsberuhigung in ganz Österreich legalisiert werden. Automatisiert sollen ein- und ausfahrende Fahrzeuge erkannt und bei Rechtsverstößen Strafen ausgestellt werden. Im Änderungstext wird zu Beginn erklärt:Die Missachtung kundgemachter Verbotszeichen (Fahrverbote), Hinweiszeichen (Fußgängerzone) und/oder Bodenmarkierungen zur Verkehrsberuhigung hat erhebliche negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, aber auch den Umweltschutz, die Lebensqualität von Innenstadtbewohnern, die Attraktivität als Tourismusstandort usw… Eine automationsunterstützte Zufahrtskontrolle in besonders definierten Bereichen liegt im öffentlichen Interesse, stellt jedoch zugleich auch einen Eingriff in das Recht auf Schutz von personenbezogen Daten dar… Es hat daher eine Abwägung des öffentlichen Interesses an der Verkehrssicherheit, der körperlichen Unversehrtheit und dem Umweltschutz gegenüber dem berechtigten Interesse des Einzelnen am Schutz seiner personenbezogenen Daten stattzufinden, ebenso eine Alternativenprüfung verkehrsorganisatorischer oder geringfügiger baulicher Maßnahmen zur Erreichung des Schutzzweckes, zu erfolgen.“

Nach Ansicht des österreichischen Bundesverkehrsminister ist die Videoüberwachung zum Zwecke der Verkehrsberuhigung vor allem in den Städten Wien, Wels, Graz und Linz „alternativlos“.

Die österreichische Bürgerrechtsorganisation epicenter.works hat in einer ersten Stellungnahme dazu erklärt:

Internationale Beispiele zeigen, dass solche Überwachungsmaßnahmen am Ende immer für polizeiliche Zwecke herangezogen werden. Auch wenn laut dem Entwurf nur mehrspurige Fahrzeuge erfasst werden sollen, befinden sich im Blickfeld der Kameras immer auch Passant:innen, Anrainer:innen, etc. Jeder Kennzeichenscanner macht immer zuerst ein Bild,in dem dann ein Auto und Kennzeichen erkannt werden – und dieses Bild kann natürlich gespeichert und ausgeleitet werden. Der Entwurf von Minister Hanke geht sogar einen Schritt weiter und verlangt explizit die Speicherung der Gesichter von Lenker:innen…

Seit 2018 gibt es in Österreich eine Bestimmung im Sicherheitspolizeigesetz (§ 53 Abs 5, 3. Satz), die es der Polizei erlaubt, Echtzeitzugriff auf Kamerasysteme von Städten und privaten Firmen mit Versorgungsauftrag zu bekommen. Einen Richtervorbehalt gibt es dabei nicht… Diese Bestimmung aus der Zeit der türkis-blauen Bundesregierung ist auch nach der Meinung der Befürworter der Innenstadtüberwachung verfassungswidrig. Leider ist sie aber trotzdem anwendbar…

Die Innenstadtüberwachung soll der Verkehrsberuhigung von dicht besiedeltem Gebiet dienen… nun sind von dieser Überwachung Menschen betroffen, die in dem überwachten Gebiet wohnen, arbeiten, einkaufen oder demonstrieren. Gerade dort, wo sich Regierungsgebäude befinden, flächendeckend zu überwachen wird dazu führen, dass viele Menschen es sich zweimal überlegen noch auf Demos zu gehen. Ein solcher „Chilling Effect“ kann gefährlich für die Demokratie werden, gerade wenn auch in Österreich Parteien mit Nähe zu autokratischen Regimen an die Macht kommen sollten… Im Gegensatz zu jenem seiner Amtsvorgängerin beinhaltet der Entwurf von Minister Hanke keinen Schutz von Demonstrationen. Es fehlt eine Bestimmung, dass Kameras bei einer Demonstration mittels Fernbedienung zugeklappt oder verhängt werden müssen…

Das Speichern und Auswerten von großen Mengen von Daten ist sehr billig geworden. In Zeiten von sogenannter Künstlicher Intelligenz gibt es besonders in der Politik einen Trend zur Automatisierung. So könnte künftig versucht werden, ein kamerabasiertes System zur Verkehrsberuhigung dazu einzusetzen, um Rechtsverletzungen automatisch zu erkennen und zu bestrafen. Man kennt dies aus China, wo mittels Gesichtserkennung schon das bei Rot über den Zebrastreifen Gehen bestraft wird…“

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