Neue Runde in der Auseinandersetzung um eine kommunale Informationsfreiheitssatzung in Offenbach eingeläutet
Der Magistrat der Stadt Offenbach hatte den Stadtverordneten zur Beschlussfassung in der Sitzung vom 20.05.2021 den Entwurf einer Informationsfreiheitssatzung vorgelegt.Die Entscheidung darüber wurde von den Stadtverordneten vertagt. Aus guten Gründen!
Da die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main von Offenbacher Stadtverordneten aus drei verschiedenen Fraktionen (Grüne, Linke, Piraten) Anfragen erhielt Anfragen, wie dieser Entwurf bewertet wird, hat die Gruppe mit Schreiben vom 14.05.2021 erklärt: „Dieser Satzungsentwurf genügt aus unserer Sicht nicht den Ansprüchen an eine für die Bürger*innen, die Medien und den demokratischen Beteiligungsprozess transparente Kommunalverwaltung. Im Gegenteil: Die lediglich rudimentären Informationsfreiheitsrechte, die das Hessische Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz (HDSIG) einräumt, werden mit dem Satzungsentwurf noch unterboten. Dies ist deshalb zusätzlich bedauerlich, da das HDSIG im Transparenzranking aller bestehenden Informationsfreiheitsgesetze von Bund und Ländern den letzten Platz einnimmt (siehe https://transparenzranking.de/). Lediglich die Bundesländer Bayern, Niedersachsen und Sachsen haben einen niedrigeren Transparenz-Standard, da es dort auf Landesebene kein Informationsfreiheitsgesetz gibt.“
Nach diesen summarischen Bewertung wird in insgesamt 13 Punkten detailliert Kritik am Entwurf des Offenbacher Magistrats für eine Informationsfreiheitssatzung geübt. Zentrale Kritikpunkte sind:
- Einschränkungen des vorgeblichen Transparentsgebots durch Formulierungen wie „grundsätzlich“ und die Benennung “privater und öffentlicher Belange”, deren Umfang nicht näher definiert wird;
- die Begrenzung des Informationsanspruchs auf „Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt Offenbach sowie juristische Personen mit Sitz in der Stadt Offenbach“ (§ 1 Abs. 1 des Satzungsentwurfs); die zugleich eine anonyme Antragstellung auf Informationen ausschließt;
- den Ausschluss von insgesamt 31 „wirtschaftlichen Beteiligungen der Stadt Offenbach“ (siehe Beteiligungsbericht 2019) aus dem Informationsanspruch, obwohl diese tw. wesentliche Leistungen für das Gemeinwesen erbringen und die Unklarheit, ob die drei kommunalen Eigenbetriebe der Stadt Offenbach (Kommunale Dienstleistungen Offenbach, Kindertagesstätten Offenbach und MainArbeit – Kommunales Jobcenter Offenbach) vom Geltungsbereich der Informationsfreiheitssatzung erfasst sind;
- abschreckende Regelungen zur sogenannten „kommerziellen Nutzung der erlangten Informationen“ (§ 2 des Satzungsentwurfs) und zur Kostenregelung (§ 3 des Satzungsentwurfs), die beide geeignet sind, auf potentielle Antragsteller*innen abschreckend zu wirken;
- die fehlende Benennung eines kommunalen Stelle, die bei Auseinandersetzungen um Art und Umfang eines Informationsanspruch als Überprüfungsinstanz von anfragenden Bürger*innen angerufen werden kann.
Im Schreiben der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main wurden die Offenbacher Stadtverordneten gebeten,
- den aktuell vorliegenden Entwurf des Magistrats für eine kommunale Informationsfreiheitssatzung abzulehnen;
- entsprechende Veränderungen am Satzungsentwurf einzufordern und
- den Entwurf der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main für eine kommunale Informationsfreiheitssatzung erneut als Grundlage in die Beratungen und Entscheidungen einzubeziehen.
In der Stadtverordnetensitzung am 20.05.2021 lag neben dem Antrag des Magistrats auch ein detaillierter Änderungs- und Ergänzungsantrag der Fraktion OFA (Piraten, Partei, Junges Offenbach) vor. Auf Antrag der Fraktion der Grünen beschloss die Stadtverordnetenversammlung, die Entscheidung über den Satzungsentwurf des Magistrats als auch den Antrag der Fraktion OFA auf eine spätere Sitzung zu vertragen.
Bleibt zu hoffen, dass sich eine Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung findet, die den Satzungsentwurf des Magistrats einer gründlichen Überarbeitung im Sinne von Transparenz und Informationsfreiheit unterzieht.
Offenbach ist generell katastrophal und nicht mehr zu retten was Datenschutz angeht. Weite Teile der Innenstadt und sogar im Wohngebiet Lauterborn werden per Kameras überwacht. Ganz zu schweigen von den Hunderten Privaten und Ladengeschäften die ungeniert die Straße filmen. Ich glaube daher kaum, dass sich die lokale Politik dort um Datenschutz kümmert.