Ist das noch Sozialdatenschutz oder schon Vorratsdatenspeicherung: Meldepflichten von Jobcentern und Sozialämtern an die Ausländerbehörden

Sozial-Datenschutz/ April 23, 2021/ alle Beiträge, Sozialdatenschutz/ 1Kommentare

Die Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V (GGUA) aus Münster greift in einer aktuellen Arbeitshilfe „Übermittlungspflichten an die ABH bei SGB II / XII-Anträgen von Unionsbürger*innen“ dieses Problem auf.

In der Veröffentlichung wir zu Beginn festgestellt: „In den letzten Jahren ist die Verzahnung zwischen Ausländer*innenbehörden und Sozialbehörden schrittweise immer weiter vorangetrieben und der Datenschutz für nicht-deutsche Staatsangehörige aufgeweicht worden. Durch verschiedene Übermittlungsbefugnisse und -pflichten der Jobcenter oder Sozialämter an die Ausländer*innenbehörden ist ein engmaschiges Kontrollnetz gesponnen worden, um es den Ausländer*innenämtern zu erleichtern, das Aufenthaltsrecht zu entziehen, wenn nicht-deutsche Staatsangehörige Sozialhilfeleistungen beantragen oder beziehen. Es handelt sich bei diesen Übermittlungspflichten nicht nur um ein umfassendes, auf eine Vorratsdatensammlung hinauslaufendes System, das mit datenschutzrechtlichen Belangen kollidiert. In der Praxis führt dies auch dazu, dass Betroffene aus Angst vor einer Meldung bei der Ausländerbehörde auf die Inanspruchnahme von ihnen zustehenden Leistungen (z. B. medizinische Behandlungen) verzichten. Zudem zeigt sich in der Praxis, dass selbst diese ohnehin sehr weitreichende Aufweichung des Sozialdatenschutzes von den Jobcentern und Sozialbehörden gelegentlich noch über das gesetzlich vorgesehene Maß ausgedehnt wird und nicht selten unzulässige Meldungen erfolgen.Dies betrifft in besonderem Maße Unionsbürger*innen, die beim Jobcenter oder Sozialamt Leistungen beantragen oder beziehen…“

In der Arbeitshilfe werden die wesentlichen, in einer großen Zahl von Fällen zu beachtenden gesetzlichen Regelungen zu den Mitteilungspflichten und -befugnissen der Sozial- an die Ausländer*innenbehörden bei Leistungsanträgen durch Unionsbürger*innen dargestellt, um rechtswidrige Mitteilungen identifizieren und dagegen vorgehen zu können.

Zur Frage Was tun, wenn zu Unrecht Meldungen an die Ausländerbehörde erfolgt sind? wird empfohlen,

Der letzte Hinweis lautet: Eine missbräuchliche Übermittlung der Daten an die Ausländerbehörde (auch in fälschlicher Annahme der Übermittlungspflicht) kann auch eine Straftat gem. § 203 Abs. 2 StGB begründen,und die Daten unterliegen einem Verwertungsverbot.“

 

1 Kommentar

  1. Nachfolge der Berliner Datenschutzbeauftragten
    „Die Aufsichtsbehörden brauchen mehr Mut“

    Das Amt der Berliner Datenschutzbeauftragten soll neu besetzt werden,
    doch bisher gibt es keine Ausschreibung.
    Wir haben mit dem Juristen Malte Engeler gesprochen, der das intransparente Besetzungsverfahren kritisiert und mit einer öffentlichen Initiativbewerbung für Wirbel sorgt.
    23.04.2021 um 08:01 Uhr – Ingo Dachwitz – in Datenschutz – 2 Ergänzungen

    „Die Datenschutzbehörden verkommen zu Phrasendreschern“
    https://netzpolitik.org/2021/nachfolge-der-berliner-datenschutzbeauftragten-die-aufsichtsbehoerden-brauchen-mehr-mut/

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*
*