GEZ: Kein Datenschutz für arme und behinderte BürgerInnen

Datenschutzrheinmain/ November 27, 2012/ ARD-ZDF-Beitragsservice (früher: GEZ)/ 2Kommentare

Menschen, die Bafög oder Berufsausbildungsbeihilfe erhalten oder die Leistungen nach SGB II, SGB XII oder Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, sind gezwungen, der GEZ im Einzelfall ggf. Angaben über weitere Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft, Ihr Einkommen, ihre Miethöhe, verhängte Sanktionen u. a. m. zur Verfügung zu stellen, obwohl diese Angaben für die Entscheidung über die GEZ-Befreiung im jeweiligen Einzelfall völlig irrelevant sind. Und Menschen, die auf Grund einer Behinderung als schwerbehindert i. S. d. SGB IX gelten, müssen mit der Vorlage ihres Bescheids dokumentieren, unter welchen körperlichen oder seelischen Gebrechen bzw. Krankheiten sie leiden.

Der Grund dafür:

Im Rundfunkbeitrag-Staatsvertrag findet sich eine Regelung, die unter Datenschutz-Gesichtspunkten bedenklich bis rechtswidrig erscheint. Arme und behinderte Menschen, die nach dem 1. Januar 2013 einen Antrag auf Befreiung von den GEZ-Gebühren stellen wollen, sind mit einer Regelung in § 4 Abs. 7 des Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag konfrontiert. Die Regelung im Wortlaut:  „Der Antrag auf Befreiung oder Ermäßigung ist vom Beitragsschuldner schriftlich bei der zuständigen Landesrundfunkanstalt zu stellen. Die Voraussetzungen für die Befreiung oder Ermäßigung sind durch die entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch den entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen.“

Die Datenschutz-Brisanz dieser Regelung wird deutlich in einer Stellungnahme der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder. Diese haben bereits am 15. September 2010- aber leider erfolglos – wie folgt Stellung genommen:  „Der Entwurf orientiert sich… ausschließlich an praktischen Belangen der Rundfunkanstalten, wonach die gesamte Eingangspost bei der Gebühreneinzugszentrale (GEZ) eingescannt wird. Nur deshalb erfolgt eine vollständige Erfassung der Bescheide. Nach eigenen Aussagen der GEZ ist bei dieser Verfahrensweise eine partielle Löschung nicht benötigter Daten nicht möglich. Allein deshalb werden auch sensitive Gesundheits- und / oder Sozialdaten gespeichert, die von niemandem bestritten für die Entscheidung über eine Beitragsbefreiung nicht erforderlich sind. Dier Verarbeitung nicht erforderlicher Daten widerspricht jedoch den Grundsätzen unserer Datenschutzordnung, insbesondere dem Grundsatz der Datensparsamkeit…“

Die Bürgerrechtsgruppe „die Datenschützer Rhein-Main – keine Untaten mit Bürgerdaten“ hat in ihrer letzten Sitzung beschlossen, betroffene BürgerInnen aus der Region Rhein-Main, die sich gegen den Zwang zur Vorlage kompletter Bescheide zur Wehr setzen wollen, näher zu informieren und sie politisch und publizistisch zu unterstützen, wenn dies von ihnen gewünscht wird. Wenn Sie daran Interesse haben wenden Sie sich per Mail an

die-datenschuetzer-rhein-main(at)arcor(dot)de.

Bitte beachten: (at) durch @, (dot) durch . ersetzen.

Der Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag enthält weitere Regelungen, die unter Datenschutz-Gesichtspunkten bedenklich bis rechtswidrig erscheinen. Nachzulesen in einem anderen Beitrag in ndiesem Blog:

http://diedatenschuetzerrheinmain.wordpress.com/2012/10/11/rundfunkbeitragsstaatsvertrag-die-16-ministerprasidenten-der-lander-und-die-gez-hebeln-den-datenschutz-aus/

Der Rundfunkbeitrags-Staatsvertrag ist hier im Wortlaut nachlesbar:

15. Rundfunkaenderungsstaatsvertrag-endfassung

2 Kommentare

  1. Pingback: Frankf. Rundschau: GEZ-Berichterstattung ohne kritischen Blick auf datenschutzrechtlich fragwürdige Regelungen « dieDatenschützer Rhein-Main

  2. Letzendlich werden diese immer wieder Mittel und Wege suchen und auch finden, um an ihre Daten zu kommen und um die Gebühren einzukassieren. Das ganze sollte endlich mal ein Ende haben.

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