Geheimdienstaktivitäten gegen BürgerInnen der BRD: dieDatenschützer Rhein-Main unterstützen Strafanzeige gegen die Bundesregierung und gegen Geheimdienste

Datenschutzrheinmain/ Juni 27, 2014/ NSA Skandal, Vorratsdatenspeicherung/ 2Kommentare

Die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein-Main hat in einem offenen Brief an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof die Strafanzeige der Internationalen Liga für Menschenrechte, dem Chaos Computer Club und Digitalcourage e.V. gegen die Bundesregierung und gegen Geheimdienste, eingereicht am 03.02.2014 begrüßt und unterstützt.

„Die anlasslose Massenüberwachung und –Ausforschung der Bevölkerung, die systematische Digitalspionage durch den US-Geheimdienst NSA und andere Geheimdienste und die damit mutmaßlich verbundenen Bürgerrechts- und Strafrechtsverstöße müssen endlich gerichtlich überprüft und ggf. geahndet werden. So etwa die Straftatbestände der verbotenen Geheim-diensttätigkeit, der Verletzungen des persönlichen Lebens- und Geheimbereichs, des Ausspähen von Daten und der Strafvereitelung. Die Strafanzeige richtet sich gegen US-amerikanische, britische und auch deutsche Geheimdienste (Bundesnachrichtendienst, Verfassungsschutz, Militärischer Abschirmdienst) und namentlich gegen die jeweils zuständigen Leiter, die über enge Kooperationen in diese flächendeckenden Geheimdienstaktivitäten verstrickt und mit uferlosen Datenübermittlungen an diesem globalen Ausforschungssystem und den Datenexzessen unmittelbar und mittelbar beteiligt sind. Die Anzeige richtet sich auch gegen die Bundeskanzlerin und den Bundesinnenminister als Verantwortliche für die mutmaßliche Mittäter- und Gehilfenschaft bundesdeutscher Geheimdienste. Die Anzeige richtet sich schließlich gegen die gesamte Bundesregierung sowie gegen alle zuständigen Amtsvorgänger während der letzten beiden Jahrzehnte“. Mit dieser Erklärung haben die Internationale Liga für Menschenrechte, der Chaos Computer Club und Digitalcourage e.V. ihre Strafanzeige begründet. Sie können sie hier im Wortlaut nachlesen: http://ilmr.de/wp-content/uploads/2014/02/Strafanzeige-NSA.3.2.14.pdf

Zunehmend deutlicher wird, dass die Ausspähung der Menschen in der Bundesrepublik durch ausländische Geheimdienste mit Duldung und Kenntnis der Bundesregierung und der bundesdeutschen Geheimdienste auch von Dienststellen (insbesondere der USA) auf deutschem Boden betrieben wird. Mit der Strafanzeige soll erreicht werden, dass die Untätigkeit der Bundesregierung und die Kumpanei des Bundesnachrichtendienstes (BND) mit den Abhörpraktiken der Geheimdienste aus USA und Großbritannien einer staatsanwaltlichen und ge-richtlichen Überprüfung unterzogen werden.

Die Rhein-Main-Region ist ein Zentrum illegaler Ausspäh-Aktionen US-amerikanischer Geheimdienste in Deutschland. Diesen Eindruck muss man nach Presseveröffentlichungen der letzten Wochen und Monate gewinnen.

Bereits am 19. November 2013 machte die Süddeutsche Zeitung (http://www.sueddeutsche.de/politik/geheimer-krieg-frankfurt-hauptstadt-der-us-spione-1.1821708) unter der Überschrift Frankfurt, Hauptstadt der US-Spione bekannt: „Das Generalkonsulat spielt eine besondere Rolle im weltweiten NSA-Überwachungsskandal und eine tragende, was Deutschland angeht. Hier, mitten in Frankfurt, soll eine Einheit des ‚Special Collection Service‘ sitzen, jener gemeinsamen Einheit von NSA und CIA, die unter anderem in Berlin das Handy von Kanzlerin Angela Merkel ausspioniert haben soll.“. Gemeint ist das Generalkonsulat der USA in der Gießener Straße 30 in Frankfurt.

Und die Frankfurter Rundschau vom 16. Juni 2014 (http://www.fr-online.de/datenschutz/nsa-affaere-gut-abgeschirmte-lauschposten,1472644,27494730.html) weist unter der Überschrift „Gut abgeschirmte Lauschposten“ darauf hin: „Nirgendwo außerhalb der Vereinigten Staaten ist die NSA so aktiv wie in Deutschland. Dass die Bundesregierung vom jahrelangen Treiben des US-Geheimdienstes rein gar nichts mitbekommen haben will, erscheint zweifelhaft.“ Drei Spähstandorte der USA werden genannt:

  • Mainz-Kastel: In Gebäude 4009 auf dem 20 Hektar großen Militärgelände entstand über die Jahre eine der wichtigsten NSA-Datensammelstationen in Europa. Seit 2011 gilt das Gebäude als primärer Kommunikations-Knotenpunkt der NSA. Von dort aus versorgt ein breiter Informationsstrom NSAler, Kriegführende und ausländische Partner in Europa, Af-rika und dem Nahen Osten.
  • Griesheim bei Darmstadt: Der Dagger Complex, das „European Cryptologyc Center“. In den Kasernenbauten beschäftigen die USA rund 240 Geheimdienst-Analysten. Von Griesheim aus operiert auch ein „Threat Operations Center“, das Bedrohungen schnell erkennen und untersuchen soll. Vor allem Nordafrika soll im Visier sein. Angeblich wer-den allein von Griesheim aus 26 Aufklärungsmissionen geleitet und gesteuert.
  • Clay-Kaserne in Wiesbaden-Erbenheim: Hier bauen die USA derzeit ein angeblich noch leistungsfähigeres Abhörzentrum.

Bekannt wurden diese und andere Tatsachen wesentlich durch die Enthüllungen von Edward Snowden. Ihm verdanken wir die Offenlegung von vielen Dokumenten, die deutlich machen wie und welche Daten gesammelt und ausgewertet werden und wie die Geheimdienste der USA, Großbritanniens und Deutschlands eng und intensiv zusammenarbeiten.

Die Gefahr, die von diesen Aktivitäten ausgeht ist:

  • Die Demokratie wird ausgehöhlt, die Freiheit zerstört.
  • Durch das Gefühl ständiger Überwachung wird Misstrauen erzeugt,
  • durch die permanente Kontrolle Ohnmächtigkeit vermittelt.

Was kann jede/r Einzelne dagegen tun?

  • Das Thema am Arbeitsplatz, in der Familie, im Bekanntenkreis und im Verein thematisieren,
  • sich öffentlich durch Teilnahme an Veranstaltungen, Demonstrationen und Kundgebungen wehren und
  • sich der der Strafanzeige der Internationalen Liga für Menschenrechte, des Chaos Computer Club und Digitalcourage e.V., anschließen. Einzelheiten dazu unter http://digitalcourage.de/search/content/strafanzeige.

George Orwell hat in seinem Buch 1984 eine gesellschaftliche Fiktion beschrieben. So unter anderem, dass der große Bruder alles, weiß, sieht und hört. Was die NSA und ihre verbündeten Partner tun ist im Vergleich zu „1984“ zur Realität und /oder auch übertroffen worden. Die Geheimdienste – auch die der BRD – arbeiten nach dem Motto Legal, illegal, scheißegal!

Wir wollen das nicht! Es ist ein Verstoß gegen das Grundgesetz und gegen das verbriefte Recht auf Menschenwürde und informationelle Selbstbestimmung. Deshalb unterstützt die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein-Main die Strafanzeige der Internationalen Liga für Menschenrechte, dem Chaos Computer Club und Digitalcourage e.V. gegen die Bundesregierung und gegen Geheimdienste.

 

2 Kommentare

  1. SPIEGEL ONLINE hat 53 Dokumente aus dem Fundus von Edward Snowden als pdf-Dateien zum Download veröffentlicht. Sie sind nach folgenden Kriterien zusammengestellt:
    1. Zusammenarbeit mit deutschen Diensten und Behörden
    2. NSA-Standorte in Deutschland
    3. Programme und Arbeitsweisen der NSA
    Alles hier dokumentiert: http://www.spiegel.de/netzwelt/web/snowdens-deutschland-akte-alle-dokumente-als-pdf-a-975885.html

  2. Die ganze Hilflosigkeit der bundesdeutschen Politik wird deutlich in einem Beitrag in der Frankfurter Rundschau vom 27. Juni:
    http://www.fr-online.de/hessische-landespolitik/nsa-datenskandal-hessen-weiss-von-nichts,23887878,27620494.html

    Die Landesregierung und alle Fraktionen im Landtag wissen: Dienststellen der USA spionieren rechtswidrig von deutschem Boden aus. Hessen ist dabei ein Schwerpunkt. „Aber wir wissen nix genaues und können nix tun…“. Ein Armutszeugnis!

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