Der Anspruch auf eine Ersatzbescheinigung statt eGk: Eine Versicherte beschwert sich beim Bundesministerium für Gesundheit über Schikanen ihrer Krankenkasse

Datenschutzrheinmain/ Juli 24, 2015/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 14Kommentare

persiflage gesundheitskarte

Eine Leserin dieser Homepage hat vor wenigen Tagen in einer E-Mail an die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesgesundheitsministeriums, Frau Widmann-Mauz, Beschwerde über die Praxis ihrer Krankenkasse geführt, die ihr – abweichend von der bisherigen Praxis in ihrem Fall – keinen schriftlichen Anspruchsnachweis für das III: Quartal 2015 ausstellen wollte. Mit Zustimmung der Verfasserin veröffentlichen wir diese E-Mail nachstehend im Wortlaut, lediglich anonymisiert im Bezug auf den Namen der Beschwerdeführerin und den ihrer Krankenkasse.

„Sehr geehrte Frau Widmann-Mauz,
ich schreibe Sie hiermit in Ihrer Eigenschaft als Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesgesundheitsministeriums an, weil ich unzufrieden bin, wie mit Mitgliedern von „gesetzlichen“ Krankenkassen, die ihre Beiträge zahlen, umgegangen wird, wenn Sie die eGK verweigern. Ich gehöre zu dem Personenkreis, die die eGK und das schon vom Bundeskabinett beschlossene, aber noch nicht gültige E-Health Gesetz ablehnen.
Sie sind auch schon von Frau Katrin Vogler MdB zu diesem Problem angeschrieben worden.
Speziell hat Frau K. Vogler gefragt:
1. Ob die Bundesregierung bestätigen kann, dass ein Versicherter, der, weil er keine eGK vorgelegt hat und daher von seinem Arzt innerhalb von 10 Tagen eine Privatrechnung erhalten hat, diese zurück erstattet bekommt, wenn der Versicherte einen papiergebundenen Versicherungsnachweis vor Ablauf des Quartals beim Arzt abgibt.
2. Daneben wollte Frau Vogler wissen, ob Versicherte, die den schriftlichen Anspruchsnachweis vorlegen, eine Privatrechnung vermeiden können, indem sie den schriftlichen Versicherungsnachweis beim Arzt vor oder während der Behandlung vorlegen.
Sie haben Ihr am 05.12.2014 schriftlich sinngemäß geantwortet:
Zu Frage Nr. 1: Das Einreichen einer schriftlichen Anspruchsberechtigung erwirkt, dass eine Privatrechnung zurück erstattet werden muss.
Zu Frage Nr. 2: Bei Vorlage eines schriftlichen Versicherungsnachweises vor oder während der Behandlung kann der Versicherungsanspruch nachgewiesen werden.
Ihre Antworten implizieren, dass ein schriftlicher Versicherungsnachweis, neben der eGK, als Leistungsanspruchsnachweis verwendet werden kann.
Dies bestreitet meine Krankenkasse, die … Sie verweigert mir, trotz Beitragszahlung, die Ausstellung eines schriftlichen Versicherungsnachweises. Dies ist fatal: Ich leide an einer chronischen Erkrankung und benötige neben Medikamenten (u.a. starke Schmerzmittel) auch ständige Blutuntersuchungen. Bei Unterlassen der Kontrolle ist mein Leben in Gefahr. Die nächste Kontrolle ist überfällig…
Was sagen Sie zu einem solchen Verhalten der Krankenkasse? Von anderen Gleichgesinnten habe ich erfahren, dass die Krankenkassen höchst unterschiedlich mit diesem Thema umgehen. Die eine KK stellt Versicherungsanspruchsbescheinigungen für das ganze Quartal aus, die nächste Krankenkasse nur nach einer erfolgten Behandlung, die andere verweigert die Ausstellung des papiergebundenen Versicherungsnachweises gänzlich. Ein solches Chaos kann doch nicht sein!
Meiner Meinung nach liegt bei einer Verweigerung der Ausstellung eines schriftlichen Anspruchsnachweises ein Verstoß gegen Anhang 1 Nr. 2.1 der Anlage 4a zum Bundesmantelvertrag Ärzte vor.
Ich bitte Sie hiermit um eine Stellungnahme. Bitte äußern Sie sich konkret dazu, ob eine KK mir die Ausstellung eines schriftlichen Versicherungsnachweises verweigern kann, wenn ich pünktlich und vollumfänglich meine Krankenkassenbeiträge zahle. Bitte beachten Sie, dass ich sowohl meine Anfrage als auch Ihre Antwort ggf. veröffentlichen werde.
Mit freundlichem Gruß
Unterschrift“

Die Verfasserin dieser E-Mail bezieht sich auf eine schriftliche Anfrage der Bundestagsabgeordneten Katrin Vogler, die von Frau Widmann Mauz am 05.12.2014 schriftlich beantwortet wurde (Bundestagsdrucksache 18/3519, dort S. 62)

Die Bundestagsabgeordnete Katrin Vogler hat zu diesem Problem am 28.01.2015 in der Fragestunde des Bundestags erneut nachgefragt. Laut Plenarprotokoll 18/81, dort S. 7711 ff.)
beantwortete Frau Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit, u. a. wie folgt: „Bei der Änderung des § 19 Absatz 2 des Bundesmantelvertrags – Ärzte handelt es sich um eine Konkretisierung der bisherigen Regelung. Gegenüber der in der Antwort der Bundesregierung auf Ihre schriftliche Frage 80 auf Bundestagsdrucksache 18/3519 dargestellten bisherigen bundesmantelvertraglichen Regelung wird damit die Ausstellung eines Anspruchsnachweises zur Inanspruchnahme von Leistungen auf die Überbrückung von Übergangszeiten beschränkt, bis der Versicherte eine elektronische Gesundheitskarte erhält… Der Fall, den Sie nennen, dass Patienten, die jetzt mit einem Papiernachweis in die Praxis kommen, nicht behandelt werden, entspricht nicht der gesetzlichen Grundlage. Es ist klar, dass in Ausnahmefällen, wenn die elektronische Gesundheitskarte nicht vorliegt, auf Grundlage eines Papiernachweises behandelt werden muss. Wenn die elektronische Gesundheitskarte oder der Nachweis der Krankenkasse allerdings nicht nachgereicht wird, ist der Arzt in der Lage und ermächtigt, eine Privatrechnung zu stellen.“

14 Kommentare

  1. „(…) ,,, Karin Vogler, die von Frau Widmann – Kauz am 05.12.2015 beantwortet wurde.“

    Frei nach der Devise „Zurück in die Zukunft?“

  2. Hallo zusammen!
    Mir hat meine BKK erklärt, daß sie die gesetzliche Vorschrift erhalten hätten, daß sie nur noch Bescheinigung am gleichen Tag, wie die Behandlung stattfindet, ausstellen dürfen. Und keine Bescheinigungen mehr, die für das ganze Quartal gilt. Ausnahmsweise wurde mir noch eine für den Juli erstellt. Ist das so korrekt? Oder ist das eine neue Schikane um mich weichzukochen? Meine BKK gehört zu den „Hardlinern“, die gerne ihre vollen Prozente erreichen möchte!
    Von dem her bin ich auf die Reaktion von Frau Widmann-Mauz gespannt!

    Mit freundlichem Gruß
    B. Reis

    1. Lassen Sie sich doch mal per schriftlicher Anfrage von Ihrer BKK (Name ?) diese angeblich gesetzliche Vorschrift nachprüfbar mit Quellenangabe/n (SGB o. ä. ?) schriftlich vorlegen …

      Gruss

  3. Hallo,
    wir, die E-card- Boykott-Gruppe Göttingen haben festgestellt, das wir bei ein und der selben Kk unterschiedliche Erfahrungen machen. Je nach dem was für ein SachbearbeiterIn am Telefon/Callcenter sitzt.
    Also am Besten bei Ablehnung 1/2 Stunde später noch einmal anrufen dann klappt es meistens problemlos.

    Viel Erfolg
    Anne

  4. Hallo Anne,

    das ist ein guter Tipp, vielen Dank!!!

    Viele Grüße,

    Patrick

  5. „Die Krankenkasse darf einen Anspruchsnachweis nach Satz 1 nur
    im Ausnahmefall zur Überbrückung von Übergangszeiten bis der Versicherte
    eine elektronische Gesundheitskarte erhält, ausstellen.“ (§ 19 Absatz 2 Satz 2 Bundesmantelvertrag Ärzte – BMV-Ä) http://www.kbv.de/media/sp/BMV_Aerzte.pdf
    Diese Bestimmung ist eine Vertrag zu Lasten Dritten, ist somit unwirksam. Der Belastete ist der Versicherte. Die Vertragsparteien sind GKV-Spitzenverband (Spitzenverband Bund der Krankenkassen),
    K. d. ö. R., Berlin und Kassenärztliche Bundesvereinigung, K. d. ö. R., Berlin.

  6. Ein weiterer Punkt ist, daß der bezahlende Versicherte ohne eGK nicht schlechter gestellt werden darf als nichtbezahlende Versicherte, d.h. ihm darf die Bescheinigung 85 nicht verweigert werden. Beide Versichertengruppen verfügen über keine eGK, so daß diesbezüglich Artikel 3 des GG wirksam ist. Und zwar regelmäßig, da ja der nichtbezahlende Versicherte darauf ebenfalls regelmäßig einen Rechtsanspruch gegen die KK hat.
    Eine Notversorgung ist daher dem bezahlenden Versicherten ohne eGK regelmäßig hilfsweise zu gewähren.

    Es ist also bei der KK nicht nur eine Ersatzbescheinigung zu beantragen, sondern gleichzeitig mit diesem ersten Antrag zusätzlich noch hilfsweise der Antrag auf Ausstellung einer 85-Bescheinigung.

  7. „Ab dem 1. Januar 2015 gilt ausschließlich die elektronische Gesundheitskarte (eGK) als Berechtigungsnachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen.

    Darauf haben sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und der GKV-Spitzenverband geeinigt. Die ‚alte‘ Krankenversichertenkarte (KVK) kann noch bis Ende dieses Jahres verwendet werden. Danach verliert sie definitiv ihre Gültigkeit – unabhängig von dem aufgedruckten Datum.

    Die niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte können ihre Leistungen noch bis zum 31. Dezember dieses Jahres im Rahmen einer Übergangsregelung über die alte Karte abrechnen.“
    http://www.kbv.de/html/6505.php

  8. „2. Nichtvorlage / ungültige Karte
    2.1 Kann bei einer Arzt-/Patientenbegegnung im Behandlungsfall die Identität des
    Versicherten nicht bestätigt werden, oder kann bei einer Arzt-
    /Patientenbegegnung eine gültige elektronische Gesundheitskarte nicht vorgelegt
    werden, kann der Arzt nach Ablauf von zehn Tagen eine Privatvergütung
    für die Behandlung verlangen, die jedoch zurückzuzahlen ist, wenn dem Arzt
    bis zum Ende des Quartals eine zum Zeitpunkt der Behandlung gültige elektronische
    Gesundheitskarte oder ein anderer gültiger Anspruchsnachweis vorgelegt
    wird. “
    http://www.kbv.de/media/sp/04a_elektr._Gesundheitskarte.pdf

    Dazu ist anzumerken, daß bei der Kontoeröffnung oder gesetzlicher Veränderungen der Personalausweis auch vorzulegen ist. Des weiteren für gewöhnlich auch noch in anderen geschäftlichen Zusammenhängen. Darauf haben die anderen zwar keinen Anspruch, dennoch tut man es.

    Daraus folgt aber, daß man den Personalausweis auch als Identitätsnachweis in einer Begegnung zwischen Arzt und als Patient verwenden kann.

    Und daraus wiederum folgt, daß der Arzt KEINE Privatvergütung für die Behandlung verlangen kann und deshalb mit der KK abzurechnen hat.

    1. Sie verkennen völlig , dass Ärzte aufgrund der für sie diesbezüglich fehlender gesetzlich determinierter Rechte gar nicht legitimiert sind, sich lt. § 20 Abs. 1 Pers AusG (Personalausweisgesetz) Personalausweise als Identifikationsdokument vorzeigen zu lassen.
      Außerdem hat der 2. Strafsenat des BGH mit Beschluss vom 29.03.2012 – GSSt 2/11 längst für Recht erkannt, dass niedergelassene Ärzte weder Amtsträger noch Beauftragte der gesetzlichen Krankenkassen sind …
      http://lexetius.com/2012,2319

  9. Auch mir verweigert meine Krankenkasse seit neuestem die Ausstellung eines schriftlichen Versicherungsnachweises. Daher meine Frage: Gibt es inzwischen ein Antwort von Frau Widmann-Mauz? Und wenn ja, hilft die in der Argumentation gegenüber der Krankenkasse?

  10. Hallo,

    Auch ich habe Schwierigkeiten mit der AOK-Nordost. Aktuell ist es so, dass, so scheint es, die Austellung des Papiernachweis verweigert wird. Diesen hatte ich am 10. Februar 2016 angefordert. Als Rückmeldung erhalte ich nun den Standart-Unsinn, dass bevor eine egk ausgestellt werden kann, ein Lichtbild benötigt wird. egk möchte ich gar nicht. Ein Papiernachweis würde mir schon reichen.

    Darum auch von mir die Frage: Gibt es hier Neuigkeiten?

    PS: An wen sollte ich mich wenden, falls man mir keinen Papiernachweis austellt?

    Viel Dank und mit freundlichen Grüßen,

    Anton.

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