Biometrische Daten aus Reisepässen dürfen nicht in private Hände gegeben werden

Datenschutzrheinmain/ Juni 14, 2024/ alle Beiträge, Verbraucherdatenschutz/ 0Kommentare

Der Entwurf der Bundesregierung für das Vierte Bürokratieentlastungsgesetz sieht u. a. Änderungen im Passgesetz und im Luftverkehrsgesetz vor, die das Auslesen der Daten des Chips im Reisepass betreffen. Auf diesem Funkchip sind personenbezogene Informationen der jeweiligen Pass-Inhaber*innen gespeichert, darunter auch biometrische Daten. Die vorgeschlagenen Änderungen beziehen sich auf das biometrische Gesichtsbild.

Künftig sollen Luftfahrtunternehmen, Flughafenbetreiber und Bodenabfertigungsdienstleister dieses biometrische Gesichtsbild auslesen dürfen. Damit wären erstmals gewinnorientierte Privatunternehmen befugt, die Körperdaten aus dem Reisepass-Chip zu nutzen. Bislang war dies selbstverständlich nur bei hoheitlichen und damit behördlichen Grenzkontrollen erlaubt.

Der ChaosComputerClub (CCC) fordert die Streichung der entsprechenden Passagen im Gesetzesentwurf. Flugunternehmen das Auslesen sensibler biometrischer Daten aus dem Chip des Reisepasses zu erlauben, ist – so der CCC – völlig inakzeptabel. Der CCC verweist auf seine Stellungnahme vom Februar 2024 zum Gesetzentwurf.

Der Privatisierung von biometrischen Daten aus amtlichen Dokumenten muss Einhalt geboten werden,“ sagte CCC-Sprecher Matthias Marx, „erst recht, wenn dieser schwere Eingriff in die Privatsphäre mit bloßen Komfortleistungen privater Unternehmen begründet wird.“

Sobald die ersten Privatunternehmen auf die staatlicherseits zwangsweise erhobenen Daten zugreifen dürfen, werden nach Bewertung des CCC andere Branchen Schlange stehen, um auch Zugang zu diesen Informationen mit staatlichem Echtheitssiegel zu erhalten.

Die biometrischen Daten des Gesichtes werden verpflichtend erhoben und auf dem Chip im Pass gespeichert. Diese Daten sollen explizit der Terrorismusabwehr dienen und nicht etwa einer biometrischen Fluggastabfertigung oder einer anderen Datenverarbeitung von Unternehmen oder Dienstleistern. Bei der Einführung des biometrischen Reisepasses 2005 wurde ausdrücklich gesetzlich festgelegt, dass die auf den Chips in den Reisepässen gespeicherten Daten nur behördlich für klar abgegrenzte Zwecke genutzt werden dürfen. Diese Begrenzung wird nun gezielt aufgeweicht.

Bisher darf von Privaten am Flughafen nur die maschinenlesbare Zone (MRZ) des Passes ausgelesen werden. Nun soll erstmals das Auslesen des Chips gestattet werden. Zwar soll Passagieren erlaubt sein, das automatisierte biometrische Verfahren abzulehnen und am Flugplatz keine Bildaufnahme zum Abgleich mit den Biometriedaten anfertigen zu lassen. Doch vielen Menschen dürfte es schwerfallen zu erkennen, ob eine Kontrolle am Flughafen hoheitlich ist oder nicht. Dass sie ohne jegliche Nachteile nur eine Bordkarte vorzeigen könnten statt sich einer biometrischen Vermessung zu unterziehen, werden wenige wissen.

Dass die betroffenen Personen tatsächlich informiert und freiwillig entscheiden könnten, ob sie die gespeicherten biometrischen Daten abgleichen lassen möchten, ist in der Flughafensituation nicht zu erwarten. In der Praxis wäre die biometrische Vermessung wohl genauso wenig freiwillig wie die Nutzung der Nacktscanner. Wenn man nämlich das Scannen ablehnt und stattdessen die normale Sichtkontrolle verlangt, drohen oft längere Wartezeiten.

„Dass sich jemand rechtfertigen oder Wartezeiten in Kauf nehmen müsste, wenn er Privatunternehmen den Zugang zu seinen biometrischen Daten verweigert, ist ein Unding,, sagte CCC-Sprecher Matthias Marx. „Es darf weder Zwang noch Druck geben, sensible biometrische Daten preiszugeben.“

Die neue biometrische Fluggastabfertigung soll bei einer geschätzten Fallzahl von knapp 38 Mio. privaten Flugreisen genutzt werden. Erwartet wird laut dem Gesetzentwurf eine Zeiteinsparung von einer Minute pro Fluggast, die aber eine Schätzung ist. Ob Passagiere dann statt 120 Minuten nur noch 119 Minuten vor Abflug am Flughafen sein müssen, geht aus dem Entwurf nicht direkt hervor.

Auch Ulrich Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter, hat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf die vom CCC benannten Änderungsvorschläge der Bundesregierung kritisiert.

Quelle: Stellungnahme des CCC vom 13.06.2024

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