Auch in Niedersachsen: Mehr als 10 % der Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen werden für ihren Widerstand gegen die Telematik-Infrastruktur sanktioniert

Gesunde_daten/ Oktober 19, 2019/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 2Kommentare

Das meldet das Niedersächsische Ärzteblatt in seiner Ausgabe für Oktober 2019: Von 11.054 Praxen in Niedersachsen, die für den TI-Anschluss in Frage kommen, wurden für das erste Quartal 2019 1.247 mit den vorgeschriebenen Honorarkürzungen von einem Prozent des Praxisumsatzes belegt. Die Kürzungssumme beläuft sich auf 732.231,12 Euro. Damit sind im ersten Quartal 11 Prozent der Praxen von einer Honorarkürzung betroffen. Im Durchschnitt liegt der Kürzungsbetrag bei 587,19 Euro. Für das zweite Quartal 2019 sieht es nur wenig anders aus: 11.062 Praxen kommen für den TI-Anschluss in Frage, 1.009 Praxen davon wurden sanktioniert, das sind neun Prozent. Insgesamt beträgt die Kürzungssumme 479.962,07 Euro, durchschnittlich liegt sie bei 475,68 Euro pro Praxis.“ (Seite 37)

Bereits im Juni 2019 teilte die Kassenärztliche Vereinigung Hessen (KVH) mit, dass 1.408 Ärzt*innen und Psychotherapeut*innen (= 12,83 %) in Hessen von einer Honorarkürzung betroffen sind, weil sie sich dem Anschluss an die Telematik-Infrastruktur verweigern. Mehr als die Hälfte dieser Gruppe seien Psychotherapeut*innen.


Update 21.10.2019

Die Saarbrücker Zeitung meldet am 19.10.2019, dass auch im Saarland ca. 200 von rund 2150 Haus- und Fachärzt*innen und Psychotherapeut*innen wg. ihres Widerstands gegen die Telematikinfrastruktur sanktioniert und mit Honorarabzügen von durchschnittlich 500,00 € bestraft werden.

In der Saarbrücker Zeitung wird der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung des Saarlands, Gunter Hauptmann, zitiert mit den Aussagen „Der Datenschutz für den Bereich Gesundheit muss natürlich hoch gesteckt werden“ und „Wir erwarten auch, dass wir Informationen von der elektronischen Gesundheitskarte besser nutzen können und einen schnelleren Zugriff erhalten – etwa bei Medikamenten oder als Notfall-Datensatz“ – eine Mischung aus Zweckoptimismus und Hinwegsehen über die bekannten Problemen der Telematik-Infrastruktur.

Positiv am Bericht der Saarbrücker Zeitung: Dort kommen nicht nur Befürworter*innen der Telematik-Infrastruktur zu Wort. Zumindest in der Online Ausgabe wird auch auf eine Gemeinsame Stellungnahme gegen Spahns Gesundheitsnetz von Telematik-kritischen Gruppen wie der Digitalen Gesellschaft e.V., des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e.V. und der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main verlinkt. Eine leider eher seltene Verfahrensweise.

2 Kommentare

  1. Falls es noch einige Zeit bei 1% Kürzung bleibt, ist die Kürzung evtl. sogar billiger als der ganze Ärger mit dem Anschluss. Für alle Praxen, die in den nächsen Jahren in Ruhestand gehen also eine echte (wirtschaftliche) Alternative.

  2. Ärzte verweigern trotz vollzogener Strafzahlungen die staatlich gewünschte Aufweichung des Arztgeheimnisses. Diese Ärzte schützen die Privatsphäre Ihrer Patienten und lassen sich nicht kaufen.
    Es wird Zeit, dass Patienten das honorieren und nur noch zu solchen Ärzten in Behandlung gehen, die Daten schützen. So funktioniert Widerstand gegen einen Staat der seine Bürger nicht mehr schützt, was eigentlich seine Existenzberechtigung wäre. Staat schafft sich selbst ab.
    In Kürze wird es eine Suchmaschinenfunktion geben für Praxen, die Ihre Patienten und deren sensible Daten schützen.

    http://www.ig-med.de

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