Frankfurter Kommunalwahl-KandidatInnen positionieren sich zu RMVsmart (oder auch nicht)

Datenschutzrheinmain/ Februar 28, 2016/ alle Beiträge, Beschäftigten- / Sozial- / Verbraucherdaten-Datenschutz, RMV - anonym fahren und zahlen im öffentlichen Nahverkehr/ 0Kommentare

Am 08.02.2016 hat die Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main die SpitzenkandidatInnen der in Frankfurt kandidierenden Parteien befragt, wie sie das Konzept des Rhein-Main-Verkehrsverbunds (RMV) bewerten, als Pilotmodell ein streckengebundenes Tarifsystem zu entwickeln. Dieses System würde es ermöglichen, Bewegungs- und Personenprofile von den TeilnehmerInnen anzulegen, da neben Personen- und Bankdaten auch Streckendaten erhoben und ausgewertet werden müssten. dieDatenschützer Rhein Main verweisen als Alternative auf ein anonymes, in den Niederlandes bereits erprobtes streckengebundenes Tarifsystem, die OV-chipkaart. Bis dato gingen folgende Antworten bzw. Stellungnahmen von den KandidatInnen ein:

Die Antwort der Wählergruppe die Frankfurter veröffentliche ihr Spitzenkandidat am 09.02.2016 in Form eines Kommentars  auf dieser Homepage. Die Kernaussage: „Das Thema der elektronischen Fahrkarten, die die exakten Fahrtkosten und Bewegungen der Kunden zentral erfassten, war schon vor Jahren, als ich noch bei der DB AG beschäftigt war Thema. Dies lehne ich grundweg ab! Deshalb bin ich bei Ihnen und Ihren berechtigten Forderungen, wie Selbstbestimmung der Fahrgäste, Anonymes Bezahlen, anonymes Erheben der Streckendaten etc. Punkt!“

Die Antwort der Grünen am 24.02.2016: „…vielen Dank für Ihre Anfrage, über die ich zunächst mit Herrn Stadtrat Majer und meinen Fraktionskollegen im Verkehrsbereich gesprochen habe. Dort wird RMVsmart durchaus kritisch gesehen, weshalb ich ein Gespräch zwischen dem Verkehrsdezernenten und den Kollegen, die im RMV AR und anderen Gremien tätig sind anrege, in dem sich Ihrer Fragen angenommen werden soll. Ich halte es wirklich für geboten, dass hier mehr Sensibilität entwickelt wird.“

Die Antwort der Linken am 24.02.2016: „…Gerne stehen wir in der neuen Legislaturperiode ab April für ein Gespräch zu ihrem Alternativkonzept zur Verfügung. Ihre Bedenken hinsichtlich des Schutzes personenbezogener Daten teilen wir voll und ganz. Anders als der RMV und die ihm angehörenden Kommunen sehen wir die Zukunft des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) allerdings nicht in einer streckenbezogenen Tarifgestaltung, sondern in einer sozial gerechteren und auch ökologisch sinnvolleren benutzerunabhängigen Finanzierung. Ein Nulltarif, wie wir ihn für Frankfurt fordern, ist natürlich nicht von heute auf morgen umzusetzen. Daher werden wir uns auch nicht notwendigen Innovationen verschließen. Das dabei aber die informationelle Selbstbestimmung auf der Strecke bleibt, ist mit uns nicht zu machen.“

Aus dem Büro des Stadtverordnetenvorstehers (Mitglied der CDU-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung) ging am 11.02.2016 eine Eingangsbestätigung ein: „…haben Sie vielen Dank für Ihre Nachricht an Herrn Stadtverordnetenvorsteher Siegler, deren Eingang wir hiermit bestätigen. Ihre Ausführungen zu dem neuen Projekt ‚RMVsmart‘ sowie zu Ihrem Alternativkonzept werden in die Beratungen der von Ihnen angeschriebenen Fraktionen einfließen. Die CDU-Fraktion hat mitgeteilt, dass Sie von dort eine zentrale Antwort erhalten werden.“

Die Antwort der beiden angefragten CDU-Spitzenkandidaten ging bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags bei der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main nicht ein.

Die SpitzenkandidatInnen der Parteien FDP, Piraten, SPD sowie der Wählergruppen Europaliste Frankfurt, Graue Panther und Ökolinx haben auf die Anfrage bisher nicht reagiert.

Update 02.03.2016

Die Antwort der CDU am 29.02.2016: „…vielen Dank für Ihren Vorschlag, bei der Einführung neuer Tarif- und Zahlungssysteme für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) den Datenschutz stärker zu berücksichtigen. Ich möchte Ihnen im Namen aller von Ihnen angeschriebenen CDU-Kandidaten für die Stadtverordnetenversammlung Frankfurt am Main eine Einschätzung dazu geben. Zunächst möchte ich vorausschicken, daß ich es für wichtig halte, daß jeder Einzelne sich immer der Datenspuren bewußt bleibt, die bei der IT-Nutzung entstehen, und selbst entscheiden können soll, ob Daten er preisgeben will. Voraussetzung dafür ist, daß die Anbieter über das Erfassen und die Verwendung so gesammelter Daten informieren, der Anwender also die für seine Entscheidung, ob er diesbezüglich ein Angebot nutzen will oder nicht, unerläßliche Transparenz erhält. Was den konkreten Anlaß Ihrer Mail betrifft, ist es für die CDU-Frankfurt ein wichtiges Ziel, den ÖPNV in unserer Stadt noch attraktiver zu machen und zusätzliche Fahrgäste zu gewinnen. Neben neuen Linienangeboten bei Bussen, Straßenbahnen und Stadtbahnen kommt dafür einer kundenfreundlichen und einfachen Nutzung eine erhebliche Bedeutung zu. Das Lösen von Fahrscheinen an Automaten und unübersichtliche Tarifstrukturen sind ein wesentliches Zugangshemmnis für die Nutzung des ÖPNV. Wir sind der Meinung, daß ein „elektronischer Fahrschein“ (E-Ticket) hier einen erheblichen Fortschritt für mehr Kundenfreundlichkeit bedeuten würde:

  • kein Suchen nach dem richtigen Tarif
  • keine Automatenbedienung
  • selbständige Anmeldung und Abmeldung bei Beginn und Ende der Fahrt
  • monatliche Abrechnung mit Bestpreisberechnung (entsprechend der Anzahl von Fahrten wird der günstigere Preis für eine Zeitkarte berechnet)

Dazu kommen noch Vorteile für den Aufgabenträger und Betreiber des ÖPNV bei der Organisation des Betriebs. Die gewonnenen Daten ermöglichen genaue Kenntnisse über Fahrgastzahlen und damit eine effiziente Linienbedienung und Fahrzeugbestellung, was ebenfalls wieder dem Fahrgast zugute kommt. Bei der technischen Umsetzung sollte dann allerdings gewährleistet sein, daß die für die Betriebsorganisation verwendeten Daten entpersonalisiert weitergegeben werden. Unserer Meinung nach muß ein neues Tarif- und Zahlungssystem zumindest mittelfristig die oben genannten Merkmale für mehr Kundenfreundlichkeit haben.“

Die Antwort der FDP am 01.03.2016: „Für die FDP hat der Datenschutz traditionell einen sehr hohen Stellenwert. Ich persönlich sehe das Projekt ,RMVsmart‘ aus Datenschutz-Gründen ebenfalls kritisch. Andererseits sehe ich auch die dringende Notwendigkeit, das Tarifsystem des RMV zu reformieren. Ich werde mich definitiv dafür einsetzen, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Alternativen geprüft werden.“

Die Antwort der Piraten am 01.03.2016: „Die Piraten teilen Eure Einschätzung hinsichtlich der konzeptionellen Mängel von RMVsmart. In einer Zeit, in der die Erhebung von personenbezogenen Daten seitens staatlichen und privatrechtlichen Institutionen immer mehr Raum greift, setzen wir uns dafür ein, das gesellschaftliche Bewusstsein für die Folgen einer digitalen Vollerfassung zu stärken, und einem fahrlässigen oder auch absichtsvollen Sammelwahn Einhalt zu gebieten. Angesichts gerade auch der allfälligen Sicherheitsdiskussionen und des geradezu universellen Überwachungsanspruchs in- und ausländischer Dienste wäre es katastrophal, über die Nutzerinnen und Nutzer des ÖPNV vollständige Bewegungsprofile zu erfassen. Das von Euch vorgestellte Konzept scheint die gewünschten Aspekte, Abrechenbarkeit und Auslastungserhebung bei gleichzeitiger Entkopplung von Person und Reisebewegung, angemessen zu berücksichtigen. Daher werden wir Euch als Stadtverordnete gerne dabei unterstützen, dieses Konzept als Gegenentwurf zu RMVsmart vorzustellen. Langfristig streben die Piraten die Einführung eines fahrscheinlosen ÖPNV an, dies allerdings natürlich nicht nur aus Datenschutzerwägungen. Unabhängig von der vor Tür stehenden Kommunalwahl würden wir uns freuen, mit Euch eine weitergehende Zusammenarbeit im Thema zu besprechen. Beispielsweise könnten wir uns gut eine Podiumsdiskussion zu RMVSmart vorstellen…“

Die Antwort der SPD am 02.03.2016: „Ich habe Ihre Vorschläge mit Interesse gelesen und kann Ihnen mitteilen, dass ich Ihre Bedenken hinsichtlich des mit dem RMV-Konzept verbundenen Problems der informationellen Selbstbestimmung voll und ganz teile: Auch ich finde es äußerst problematisch, dass mit dem vom RMV verfolgten Konzept personenbezogene Daten erhoben werden – die nicht erforderlich sind – und somit von allen Teilnehmern Bewegungsprofile erstellt werden können – was vermutlich ein beabsichtigter Kollateralnutzen ist. Insofern stehe ich Ihren eigenen Überlegungen zu einer ‚elektronischen Streifenkarte‘ aufgeschlossen gegenüber, wenn damit auf die Erhebung personenbezogener Daten verzichtet werden kann. Soweit zum Grundsätzlichen. Inwieweit das von Ihnen vorgeschlagene Konzept aber im Rahmen der vom RMV bereit gestellten Infrastruktur und mit welchen Kosten umsetzbar ist, kann ich ohne weitere Informationen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beurteilen. Ich bin sicher, dafür haben Sie Verständnis. Gerne würde ich mit Ihnen aber im Gespräch über Ihr Konzept bleiben und schlage Ihnen vor, dass wir uns nach der Kommunalwahl gerne einmal treffen können, um Ihr Anliegen gemeinsam mit unseren Verkehrsexperten zu diskutieren.“

Die SpitzenkandidatInnen der Wählergruppen Europaliste Frankfurt, Graue Panther und Ökolinx haben auf die Anfrage bisher nicht reagiert.

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