Ein Bundes-Transparenzgesetz muss her…
…daran erinnert Hartmut Bäumer, früherer Vorsitzender von Transparency Deutschland, in einem Kommentar in der Frankfurter Rundschau vom 04.10.2023.
Unter dem Titel „Mehr Transparenz“ erklärt Bäumer: „Moderne repräsentative Demokratien sind zu ihrem Schutz darauf angewiesen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger jenseits von Wahlen für die Res publica interessieren, statt politikverdrossen abseits zu stehen. Eine Voraussetzung für eine Teilnahme ist die Möglichkeit, direkte, möglichst kostenfreie Informationen über Gründe staatlichen Handelns zu bekommen, ohne sich als Bittsteller gegenüber einer scheinbar allmächtigen Bürokratie zu fühlen und vom Wohlwollen derjenigen abzuhängen, über deren Handeln man gerne besser informiert wäre.“ Er fordert: „Die Ampel darf mit einem Gesetz zur Auskunftspflicht nicht bis 2024 warten.“
Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP erklären die drei Parteien vollmundig: „Wir wollen durch mehr Transparenz unsere Demokratie stärken. Uns leiten die Prinzipien offenen Regierungshandelns – Transparenz, Partizipation und Zusammenarbeit…“ Diesem Anspruch ist die Ampel-Regierung bislang nicht gerecht geworden.
Wegen Untätigkeit der Bundesregierung und der sie tragenden Parteien und Fraktionen hat ein zivilgesellschaftliches Bündnis bereits im Oktober 2022 seinen Entwurf für ein Bundestransparenzgesetz vorgelegt. Der Gesetzentwurf wurde erarbeitet von Mehr Demokratie, der Open Knowledge Foundation mit ihrer Transparenzplattform FragDenStaat, der Journalistenorganisation Netzwerk Recherche, Transparency International Deutschland sowie der Deutschen Gesellschaft für Informationsfreiheit. Unterstützt wird er außerdem von den Organisationen Abgeordnetenwatch, Lobbycontrol, Wikimedia Deutschland und dem Deutschen Journalisten-Verband.
„Das Transparenzgesetz ermöglicht die wirksame Kontrolle der Exekutive“, erklärte Arne Semsrott von der Transparenzplattform FragDenStaat aus diesem Anlass vor einem Jahr. „Deutschland braucht ein wirksames Transparenzgesetz, denn die bestehenden Informationsfreiheitsgesetze IFG und UIG werden zu oft von staatlichen Stellen missbraucht und können missbraucht werden, um berechtigte Informationsanliegen abzublocken. Nötig ist ein Paradigmenwechsel von der Holschuld der Bürger:innen zur Bringschuld des Staates“, erklärte Hartmut Bäumer zum gleichen Zeitpunkt.
In seinem aktuellen Beitrag in der Fr. Rundschau stellt Bäumer zu Recht fest: „Die Ampelkoalition hat in der Koalitionsvereinbarung die Verabschiedung eines Transparenzgesetzes vereinbart. Die Planung, erst Ende 2024 einen Gesetzentwurf der Regierung vorzulegen, lässt befürchten, dass das Vorhaben dem Vorwahlkampf 2025 zum Opfer fällt. Angesichts der Mängel in der Rechtslage wäre dies ein Schaden für die demokratische Kultur im Lande.“
Und in Hessen?
- Was an Kritik am bisherigen Informationsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes geäußert wird, trifft in weit stärkerem Maß auf das Hessische Informationsfreiheitsgesetz (§§ 80 – 89 HDSIG) zu. Im Transparenzranking 2021 nehmen die hessischen Regelungen zur Informationsfreiheit abgeschlagen den letzten Platz ein, nur noch gefolgt von den Bundesländern Bayern und Niedersachsen, die noch immer nicht über ein Landes-Informationsfreiheits- bzw. Transparenzgesetz verfügen.
- Ganz schlecht bestellt ist es um die Transparenz der öffentlichen Verwaltung auf kommunaler Ebene in Hessen: Hier gibt es es insgesamt nahezu 600 rechtlich selbständige kommunale Gebietskörperschaften, darunter 422 Städte und Gemeinden, davon 191 Städte (incl. der 5 kreisfreien Städte Darmstadt, Frankfurt, Kassel, Offenbach und Wiesbaden) und 231 Gemeinden, 21 Landkreise, mindestens 119 kommunale Zweckverbände unterschiedlichster Art und Aufgabenstellung und 4 kommunale Jobcenter (Groß Gerau, Lahn-Dill-Kreis, Main-Kinzig-Kreis, Landkreis Offenbach) die als rechtlich selbständige Anstalten öffentlichen Rechts Aufgaben kommunaler Gebietskörperschaften (der entsprechenden Landkreise) wahrnehmen. Davon haben bislang lediglich knapp 20 eine kommunale Informationsfreiheitssatzung in Kraft gesetzt. Und in diesen finden sich dann tw. noch weitaus mehr an einschränkenden Regelungen für das Informationsfreiheitsrechts der Bürger*innen als im HDSIG.