Frankreich: Polizei darf Informationen über politische Meinungen, philosophische und religiöse Überzeugungen, Gewerkschaftszugehörigkeit und Gesundheitsdaten sammeln und speichern
Der Staatsrat, das oberste Verwaltungsgericht in Frankreich, hat entschieden, dass Polizei und Gendarmerie im Namen der Staatssicherheit politische Meinungen, Gewerkschaftszugehörigkeit und Gesundheitsdaten registrieren können. Das meldet die französische Zeitung Le Parisien am 04.01.2021. Die Zeitung berichtet:
„Das oberste Verwaltungsgericht hat eine positive Stellungnahme zu drei Dekreten abgegeben, die die Möglichkeiten der Aktenführung erweitern und es Polizeibeamten und Gendarmen erlauben, die ‚politischen Meinungen‘, ‚philosophischen und religiösen Überzeugungen‘ und ‚Gewerkschaftszugehörigkeit‘ ihrer Zielpersonen zu erwähnen, während die Dekrete zuvor auf die Auflistung von ‚Aktivitäten‘ beschränkt waren. Auch Kennungen, Fotos und Kommentare, die in sozialen Netzwerken gepostet wurden, werden aufgelistet, ebenso wie psychologische und psychiatrische Störungen, die eine besondere Gefährlichkeit erkennen lassen“. Neben natürlichen Personen dürfen auch ‚juristische Personen‘, wie z. B. Vereine, erfasst werden. Mehrere Gewerkschaften, darunter die CGT, die FO und die FSU, aber auch die Gewerkschaft der Richter und die französische Anwaltsgewerkschaft (SM und SAF) hatten den Staatsrat im Eilverfahren angerufen… (Das Gericht) war jedoch der Ansicht, dass die drei Dekrete nicht unverhältnismäßig in die Meinungs-, Gewissens- und Religionsfreiheit oder die Gewerkschaftsfreiheit eingreifen. Im Einzelnen beziehen sich die Dekrete auf drei Dateien:
- die Pasp (Prävention von Verletzungen der öffentlichen Sicherheit) der Polizei;
- die Gipasp (Informationsmanagement und Prävention von Verletzungen der öffentlichen Sicherheit) der Gendarmerie und
- die EASP (administrative Untersuchungen im Zusammenhang mit der öffentlichen Sicherheit), die vor der Einstellung von Beamten auf sensiblen Posten verwendet werden.“
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Das deutschsprachige Internet-Magazin eurojournalist veröffentlichte bereits am 14.12.2020 einen Beitrag unter der Überschrift „Big Brother is watching you – in Frankreich“. Es bewertet die Maßmnahmen wie folgt:
„In Zeiten großer sozialer Unruhen, die bereits vor der Covid-Krise zu heftigen Auseinandersetzungen geführt hatten, wird heute jeder Teilnehmer an einer Demonstration als potentieller Unruhestifter betrachtet – und ab sofort in diesen Datenbanken geführt. Es ist schwer zu glauben, dass dies der Terrorabwehr dienen soll, denn durch die neuen Dekrete ist die Gruppe der zu überwachenden Personen plötzlich riesig geworden – sie umfasst praktisch jeden Bürger und jede Bürgerin. Wie dies zu gezielten Fahndungserfolgen führen soll, ist mehr als fraglich. Doch offenbar geht es um etwas ganz anderes. Frankreich entwickelt sich hin zu einem digitalen Totalitarismus, der ähnliche Blüten treiben wird wie in China. Durch diese neuen Dekrete richtet Frankreich de facto eine Gesinnungspolizei ein. Denn wenn Datensätze über Bürger angelegt werden, in denen politische Überzeugungen und Engagements notiert werden, dann ist dies die Vorstufe zu einer systematischen Unterdrückung jedweder politischen Opposition… Massivste Veränderungen des Demonstrationsrechts, schwere Einschränkungen der Pressefreiheit, Aufhebung des Schutzes personenbezogener Daten – solche Dekrete kennt man eigentlich nur von denjenigen Ländern, auf die wir ständig mit dem Finger zeigen, wie Ungarn, Polen, Türkei oder eben auch China. Dabei setzt die französische Polizei Methoden ein, die Frankreich selbst lauthals kritisiert, wenn sie in anderen Ländern verwendet werden, wie beispielsweise die international geächtete Nutzung von lebensgefährlichen Hartgummi-Geschossen, die in den großen Städten Frankreichs an der Tagesordnung ist, von der französischen Regierung aber beispielsweise bei Demonstrationen in Minsk oder Hong Kong heftig kritisiert wird…“
Die Dekrete sind hier im vollen Wortlaut (in französischer Sprache) verlinkt.