Ausländerzentralregister – Experimentierfeld der Bundesregierung für die Erweiterung von personenbezogenen Datensammlungen !?!
Das Bundesinnenministerium will künftig Kindern mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft ab vollendetem 6. Lebensjahr Fingerabdrücke abnehmen lassen und u. a. damit das Ausländerzentralregister (AZR) zu einem noch größeren Datenpool machen. Das geht aus einem Gesetzentwurf der Bundesregierung hervor, der am 01.02.2019 dem Bundesrat zur Beratung und Beschlussfassung zugeleitet wurde.
Im AZR sind Daten von Ausländer*innen in Deutschland gespeichert, die einen Aufenthaltstitel haben oder hatten sowie von solchen, die Asyl begehren, begehrt hatten oder anerkannte Asylbewerber*innen sind. Dabei werden Grundpersonalien, Bearbeitungsvermerke (u. a. Zuständige Ausländerbehörde und Aktenzeichen), Ausweisungen, Abschiebungen (jeweils mit weiteren Angaben), Zurückweisungen, Auflagen, Beschränkungen, Visa etc. gespeichert. Das Register wird vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) geführt und vom Bundesverwaltungsamt (BVA) betrieben.
Das AZR ist eines der umfangreichsten automatisierten Register der öffentlichen Verwaltung in Deutschland. Informationen zu Geflüchteten sind darin besonders umfangreich, inklusive Gesundheitsinformationen und biometrischen Daten.
Organisationen wie der Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge haben den Gesetzentwurf einer gründlichen Kritik unterzogen. Er widerspreche den „grundlegenden Prinzipien des Minderjährigenschutzes“.
Vergleichbare Kritik haben auch die zuständigen Ausschüsse im Bundesrat geübt. Sie haben Empfehlungen für eine Stellungnahme des Bundesrats erarbeitet und forderten an vielen Stellen Nachbesserungen.
- Die Ausschüsse bitten darum, zu prüfen, ob das Ausländerzentralregister überhaupt mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kompatibel ist – nicht nur die neuen Vorschläge: Es bestehe „ein gewisses Risiko der Unionsrechtswidrigkeit aufgrund der Grundkonzeption des Gesetzes“, das heißt, das AZR könnte nicht mit EU-Richtlinien konform sein.
- Bedenken äußern sie zudem daran, dass im AZR zunächst jede Menge Daten ohne einen unmittelbaren Zweck gespeichert werden.
- Außerdem könnten – so die Ausschüsse des Bundesrats – die vielen sensiblen Daten im AZR die Verpflichtung zu Datensparsamkeit verletzen.
- Beim Abruf der Daten sahen die Ausschüsse weitere Probleme. Viele Behörden und Ämter können automatisiert auf Daten aus dem AZR zugreifen. Darunter sind nicht nur Ausländerbehörden oder Polizeien, sondern auch Geheimdienste, Gesundheitsämter und die Jobcenter. Automatisiert heißt auch, dass die entsprechenden Stellen keinen Grund angeben müssen, um die Daten zu bekommen. Dies steht in Konflikt mit dem Grundsatz, dass Datenübermittlungen grundsätzlich nur zweckgebunden erfolgen dürfen.
- Die Bundesregierung möchte zudem die Anzahl der Zugriffsberechtigten auf das AZR erweitern, indem nicht mehr nur einzelne Personen zugelassen werden, sondern ganze Abteilungen der entsprechenden Behörden. Auch das trifft auf die Kritik der Ausschüsse des Bundesrats.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 15.03.2019 die Bedenken seiner Fachausschüsse leider nicht geteilt.
Update 24.03.2019