Auszahlung von Arbeitslosengeld und Hartz IV künftig auch an der Supermarkt-Kasse? Eine Anfrage gem. Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an die Bundesagentur für Arbeit und eine unbefriedigende Antwort
Am 11.11.2017 ging eine entsprechende Nachricht durch die Medien. Die Tagesschau meldete: „Im Supermarkt Geld bekommen – und nicht zahlen. Das wird für Arbeitslose ohne Konto bald möglich sein. Denn die Bundesagentur für Arbeit ändert ihr Auszahlungsverfahren… Empfänger von Leistungen wie dem Arbeitslosengeld können sich Bargeld künftig in besonders dringenden Fällen an Supermarktkassen auszahlen lassen. Das Verfahren sei für Menschen, die kein eigenes Konto haben oder die im Ausnahmefall sofort eine Auszahlung bräuchten, sagte ein Sprecher der Bundesagentur für Arbeit… Die Umstellung soll im zweiten Quartal 2018 starten. Bislang standen dafür Kassenautomaten in Jobcentern und Arbeitsagenturen zur Verfügung. Diese Automaten sollen nun aus Kostengründen abgebaut werden… Damit Arbeitslose bei den Händlern Geld bekommen, müssen sie einen Zettel mit einem Barcode vorlegen, den sie sich im Jobcenter oder der Arbeitsagentur abholen können. Dieser werde an der Kasse eingescannt und der angezeigte Betrag sofort ausgezahlt.“
- Wie soll bei diesem Verfahren der Sozialdatenschutz gewährleistet werden?
- Darf der Sozialdatenschutz mit Kostenersparnis aufgerechnet werden?
Diese Fragen stellte sich ein Mitglied der Bürgerrechtsgruppe dieDatenschützer Rhein Main. Es hat deshalb auf der Basis des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes (IFG) eine Anfrage an die Bundesagentur für Arbeit gerichtet. Sie wird hier auszugsweise veröffentlicht: „…beantrage ich, mir alle dazu gehörigen Unterlagen, die Ihrer Behörde vorliegen, innerhalb der von § 7 IFG benannten Frist in elektronischer Form (möglichst als pdf-Dateien) zur Verfügung zu stellen. Insbesondere bitte ich um folgende Informationen:
- Verfahrensverzeichnis gem. § 4d, § 4e BDSG;
- Datenschutzrechtliche Vorabkontrolle gem. gem. § 4d BDSG;
- Stellungnahme des behördlichen Datenschutzbeauftragten zu diesem Vorhaben;
- Stellungnahme der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zu diesem Vorhaben (ersatzweise Mitteilung, dass diese nicht einbezogen wurde oder keine Stellungnahme abgegeben hat);
- Verträge mit den in der Tageschau-Meldung genannten Einzelhandelsunternehmen Rewe, Penny, Real, dm und Rossmann sowie dem in der Meldung ebenfalls benannten Unternehmen Cash Payment Solutions (ersatzweise Mitteilung, welche Gründe aus Ihrer Sicht gem. § 6 IFG bestehen, diese Verträge nicht oder nur gekürzt zur Verfügung zu stellen);
- Handlungsempfehlung / Geschäftsanweisung zur behördeninternen Umsetzung der geplanten Maßnahme.“
Die Antwort der Bundesagentur für Arbeit ging am 28.11.2017 beim anfragenden Bürger ein. Sie enthält viel Text, aber keine näheren Auskünfte zur Sache:
„1. Verfahrensverzeichnis/Vorabkontrolle/Stellungnahme des DSB/BA:
Die datenschutzrechtliche Bewertung der BA ist formell noch nicht abgeschlossen, kommt jedoch bislang zu einem positiven Ergebnis. Weder der Auftragnehmer der BA noch das Einzelhandelsunternehmen, bei dem der Gutschein eingelöst wird, erhalten personenbezogene Daten, die einen Rückschluss auf eine bestimmte Person ermöglichen. Der Kunde erhält in der Agentur für Arbeit einen Gutschein mit einem Barcode. Der Gutschein ist neutral gehalten und lässt keinerlei Rückschlussmöglichkeiten auf die BA zu. Der Kunde muss sich an der Supermarktkasse auch weder ausweisen noch in sonstiger Weise als BA-Kunde zu erkennen geben. Der Einzelhandel erfährt auch nicht im Rahmen der Abrechnung der eingelösten Gutscheine, dass es sich um Kunden der BA handelt.
2. Stellungnahme der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) ist seitens der BA eingebunden. Sofern Sie von der BfDI eine Stellungnahme wünschen, wenden Sie sich bitte direkt dorthin, da die BA keine Verfügungsbefugnis über Unterlagen hat, welche nicht in ihrer Urheberschaft liegen.
3. Verträge mit Dritten
Verträge, die die BA mit Dritten abgeschlossen hat, können im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetzes nicht ohne Zustimmung der Dritten herausgegeben werden, da zunächst ausgeschlossen werden muss, ob durch eine Herausgabe deren Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzt werden könnten. Hier ist zunächst ein sog. Drittbeteiligungsverfahren durchzuführen. Im Anschluss daran könnten die Unterlagen um Daten, die Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Dritten enthalten, zu schwärzen sein. Bevor ein solches Drittbeteiligungsverfahren angestoßen wird, sind Sie als Antragsteller zunächst darauf hinzuweisen, dass wegen des damit verbundenen Verwaltungsaufwands Gebühren nach der IFG-Gebührenverordnung anfallen könnten. Die Höhe der Gebühren kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht konkret beziffert werden; die Gebührenspanne bewegt sich zwischen 30 € und 500 € (vgl. IFG-GebVO, Teil A, 2.2). Bitte teilen Sie vor diesem Hintergrund mit, ob Sie Ihren Antrag in diesem Punkt aufrechterhalten und ob ein Drittbeteiligungsverfahren in die Wege geleitet werden soll.
4. Handlungsempfehlung / Geschäftsanweisung
Eine interne Handlungsempfehlung/Geschäftsanweisung existiert zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht.“
Der anfragende Bürger teilte der Bundesagentur für Arbeit darauf hin mit: „… ich beziehe mich auf Ihr Schreiben vom 28.11.2017 und möchte Ihnen mitteilen:
1. Zu den Punkten 1. und 4. Ihres Schreibens:
Ich erhalte meinen Anspruch auf Informationen gem. IFG bezüglich
- Verfahrensverzeichnis gem. § 4d, § 4e des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG);
- Datenschutzrechtliche Vorabkontrolle gem. gem. § 4d des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG);
- Stellungnahme des behördlichen Datenschutzbeauftragten zu diesem Vorhaben;
- Handlungsempfehlung / Geschäftsanweisung zur behördeninternen Umsetzung der geplanten Maßnahme.
aufrecht und habe mir für Ihre Informationen den 31.01.2018 als spätesten Termin vorgemerkt. Dieser Termin ergibt sich aus den Pressemeldungen, wonach der Start des neuen Verfahrens zum Beginn des 2. Quartals 2018 erfolgen soll. Sollten mir die genannten Unterlagen zum genannten Zeitpunkt von Ihnen noch nicht zur Verfügung gestellt werden, beantrage ich hilfsweise für diesen Termin eine Zwischennachricht mit einer Begründung, warum mir die genannten Informationen noch immer nicht zur Verfügung gestellt werden können.
2. Zu den Punkten 2. und 3. Ihres Schreibens:
Ich erhalte meinen Anspruch auf Informationen gem. IFG grundsätzlich aufrecht, werde aber vorab Ihr Schreiben vom 28.11.2017 der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit zur rechtlichen Prüfung vorlegen. Die von Ihnen genannte Gebührenspanne zwischen 30 € und 500 € erscheint mir in Ihrer Spreizung außergewönlich breit und unangemessen hoch zu sein, so dass mir das Kostenrisiko nicht ausreichend überschaubar erscheint. Sobald mir die Stellungnahme der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vorliegt, werde ich mich ggf. erneut in dieser Sache an Sie wenden.“