Lähmende Langsamkeit: Die Stadt Kronberg und ihre Informationsfreiheitssatzung
Am 06.11.2022 hatte die FDP-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung in Kronberg/Taunus einen Antrag zur Errichtung einer Informationsfreiheitssatzung eingebracht. Die Fraktion erklärte: „Die von der FDP für Kronberg vorgeschlagene Satzung (Anlage 1) stützt sich auf die Mustersatzung ‚Informationsfreiheit für Städte und Gemeinden in Hessen‘ nach einem Entwurf der Bürgerrechtsgruppe ‚dieDatenschützer Rhein Main‘ (Anlage 2).“
Zur Begründung ihres Antrags erklärte die FDP-Fraktion: „Eine Informationsfreiheitssatzung für Kronberg würde die Transparenz der Stadt gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern erhöhen und das Vertrauen in die Verwaltung stärken:
- Jedermann sollte sich über die öffentlichen Angelegenheiten in der Stadt Kronberg informieren können – auch über Fragen, die in den öffentlichen Sitzungen der Stadtverordnetenversammlung, Ausschüsse oder Ortsbeiräte nicht ausreichend erläutert wurden (z.B. auch über Entscheidungshintergründe, Planungsberichte, Protokolle, Gutachten, Kostenkalkulationen usw.) auch ohne die Notwendigkeit, dass individuell berechtigte Interesse nachzuweisen.
- Durch das Vorliegen von wesentlichen und aktuellen Informationen in maschinenlesbarer Form können auch die Kronberger Mandatsträger ihre politische Meinungsbildung sowie Entscheidungsfindung verbessern; bei freier Verfügbarkeit relevanter Daten in einem Transparenzportal müssten sie weniger Anfragen an die Verwaltung stellen.
- Informationsfreiheit ist ein Erfordernis der Pressefreiheit. Journalisten können zuverlässiges Datenmaterial beziehen, statt auf die offiziellen Pressemitteilungen der Behörden oder die Auskunftswilligkeit von Insidern angewiesen zu sein.
- Aber auch für Bürgerinitiativen bietet die Informationsfreiheit Vorteile: Die Elemente der direkten Demokratie (Einwohnerantrag, Bürgerbegehren, Bürgerentscheid, Anregungs- und Beschwerderecht, Bürgerbefragung) sehen bisher jedoch kein vorgelagertes Informationsrecht vor.
- Die Anforderungen der Transparenz fördern die Entwicklung der Verwaltung hin zu digitalen, strukturierten Datensammlungen. Bei konsequenter Umsetzung werden dadurch auch Verwaltungsprozesse und -entscheidungen fundierter und effizienter sowie die Kommunikation mit Bürgerinnen und Bürgern erleichtert…“
Die übrigen in der Stadtverordnetenversammlung von Kronberg vertretenen Fraktionen (CDU, Grüne, SPD und zwei lokale Wähler*innen-Gruppen) konnten leider für die Zustimmung zum Antrag der FDP nicht gewonnen werden. Die FDP-Fraktion hatte deshalb am 01.02.2023 in einem Änderungsantrag einen veränderten Satzungstext vorgeschlagen, der sich an der kommunalen Informationsfreiheitssatzung der Stadt Bad Soden a. Ts. orientiert. Diesem Satzungsentwurf hat die Stadtverordnetenversammlung in Kronberg am 23.02.2023 mehrheitlich zugestimmt.
Und seitdem: Still ruht der See…
Ein aufmerksamer Bürger stellte Ende Juli fest, dass auf der Homepage der Stadt Kronberg zwar viele Satzungen, aber nicht die Informationsfreiheitssatzung veröffentlicht wurde. Er fragte bei der Stadtverwaltung Kronberg nach. Am 14.08.2023 erhielt er die – überraschende (!) – Auskunft: „… können wir Ihnen wie folgt Auskunft geben: Gemäß des Beschlussvorschlags der Vorlage, über die die Stadtverordnetenversammlung am 23.02.23 abgestimmt hat, resultiert aus der Annahme der Vorlage der Auftrag, eine Informationsfreiheitssatzung zu erarbeiten. Dieser Vorgang ist noch nicht abgeschlossen, weshalb eine entsprechende Satzung auf der städtischen Website nicht gefunden werden kann.“
Lähmende Langsamkeit
im Bezug auf Transparenz und Informationsfreiheit herrscht in hessischen Städten, Gemeinden und Landkreisen auf breiter Front. Nur in sechs Landkreisen und zwölf Städten und Gemeinden in Hessen gibt es derzeit kommunale Informationsfreiheitssatzungen. Eine Übersicht darüber finden Sie hier. Wenn Sie in diesem Beitrag auf die blau unterlegten Namen der genannten Gebietskörperschaft klicken, finden Sie die dort geltende Satzung im jeweiligen Wortlaut.