Kritik an der Elektronischen Gesundheitskarte aus Sicht eines Arztes
Die Gematik und ihre Auftragnehmer zur Realisierung der IT-Projekte rund um die elektronische Gesundheitskarte (eGk) suchen seit Februar 2014 – unterstützt durch lukrative Prämien – Arzte, die sich bereiterklären, an der Erprobung der ersten Stufe der Telematik-Infrastruktur teilzunehmen (siehe dazu auch „Elektronische Gesundheitskarte: Tests sollen beginnen, Ärzte werden mit Prämien gelockt“ – https://ddrm.de/?p=2147).
Auch Wilfried Deiß, Arzt aus Siegen, seit Jahren ein engagierter Kritiker der eGk, wurde deshalb angeschrieben. Er hat sich daraufhin in einem von ihm veröffentlichten Schreiben kritisch mit der elektronischen Gesundheitskarte und der gesamten geplanten Telematik-Infrastruktur auseinander gesetzt. Darin stellt er u. a. fest:
„… handelt es sich um insgesamt 7 Einzeldokumente mit zum Teil mehrseitigen Vertragstexten in Kleindruck. Interessanterweise enthält der Vertragstext einen Paragraph ‚Geheimhaltung‘, der es mir beispielsweise nicht erlauben würde, die Tests kritisch und offen zu begleiten. Meine Antwort bezüglich der Teilnahme lautet nein, obwohl meine/unsere Praxis für die Teilnahme eine Aufwandsentschädigung von 7.500 EUR erhalten würde und zudem eine Monatspauschale von 975 EUR bis zum Abschluss der Teststufe gezahlt werden würden… Im Jahr 2006 hatte ich in einem Text beschrieben, wie sich der Praxisalltag nach der vollständigen Umsetzung der damaligen Planungen verändern würde… Inhaltlich sind die damaligen Aussagen unverändert aktuell. Aber: Das Projekt wird, wenn es denn tatsächlich kommen sollte, sehr viel komplexer, sehr viel teurer, sehr viel praxisuntauglicher, als ich damals dachte. Und weiterhin ist auch nach inzwischen acht Jahren kein patientenorientierter Nutzen zu erkennen. Dem nicht genug: Die Gefahren bezüglich Datenschutz durch Weckung von Begehrlichkeiten bei einer solch gigantischen Menge von personenbezogenen Daten sind nach den Skandalen der vergangenen Jahre sehr viel größer, als ich 2006 denken konnte… Fast 1 Milliarde EUR ist bereits verschwendet. Das ist kein Argument, weitere Milliarden sinnlos zu vergeuden, die anderswo im Gesundheitswesen dringend gebraucht werden. Es wäre ein Zeichen bundesdeutscher Klugheit, das Projekt jetzt zu beenden, und den Fehler Großbritanniens nicht zu wiederholen, wo das Monsterprojekt erst nach einigen Milliarden mehr eingestampft wurde…“
Das Schreiben von Wilfried Deiß ist hier im Wortlaut nachlesbar: http://praxiswilfrieddeiss.de/app/download/5795934254/deisss_an_CGM_Albis_eGK_Teilnahme_online-rollout.pdf.
Die Homepage von Wilfried Deiß mit weiteren interessanten Beiträgen zum Thema eGk /Telematik: http://praxiswilfrieddeiss.de/no-online-egk/.
Pingback: LabourNet Germany: Treffpunkt für Ungehorsame, mit und ohne Job, basisnah, gesellschaftskritisch » Kritik an der Elektronischen Gesundheitskarte aus Sicht eines Arztes