Hamburgs Datenschutzbeauftragter und Juristen kritisieren „Internet-Fahndung“ der Hamburger Polizei

Datenschutzrheinmain/ Dezember 21, 2017/ alle Beiträge, Polizei und Geheimdienste (BRD)/ 0Kommentare

Am 20.12.2017 wurde bekannt, dass der Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar massive Kritik an der sogenannten Öffentlichkeits-Fahndung durch die Hamburger Polizei übt. Zu den von der Sonderkommission „Schwarzer Block“ am 18.12.2017 veröffentlichten Fotos und Videoaufzeichnungen auf der Homepage der Hamburger Polizei, aber auch deren weitere Verbreitung in sozialen Netzwerken und durch Publikationen wie der BILD (@BILD_Hamburg) erklärte Carpar nach einem Bericht von heise.de: „Die Öffentlichkeitsfahndung stellt … ein massiv-eingriffsintensives Instrument dar, das hier in einem bislang kaum vergleichbaren Ausmaß eingesetzt wird.“ Er hält die von der Sonderkommission „Schwarzer Block“ gestartete massenhafte Öffentlichkeitsfahndung nach Gewalttätern im Rahmen der G20-Krawalle „gerade im Internetzeitalter“ für „nicht geeignet“. Caspar gibt lt. heise.de zu bedenken, dass Personen, nach denen mit Hilfe öffentlicher Medien gefahndet werde, „in ihrem persönlichen Umfeld vor der Allgemeinheit bloßgestellt werden“. Insoweit komme „begleitend auch ein sanktionierender Charakter zu“. Gerade im Internetzeitalter sei eine Öffentlichkeitsfahndung nach mehr als 100 Personen durchaus fragwürdig, „auch wenn die strafprozessuale Legalität jedes einzelnen Falles durch die individuelle richterliche Anordnung jeweils verbürgt sein mag“.

Quelle: @jensferner

Letzteres wird von Fachjuristen durchaus kritisch gesehen. Der Anwalt Jens Ferner, u. a. tätig in den Bereichen Strafrecht, IT-Recht und Datenschutzrecht, hat schon am 15.11.2012, d. h. vor mehr als fünf Jahren und damit unabhängig von der aktuellen Auseinandersetzung, eine Bewertung des Instruments der „Internet-Fahndung“ vorgenommen und darauf hingewiesen, dass dieses Instrument zurückhaltend genutzt werden soll. Ferner schreibt: „… sind Bedenken anzumelden, die mindestens den Entscheidungsspielraum der Behörden erheblich einengen werden. Diese Bedenken haben Ihre Grundlage in den Unterschieden zwischen der herkömmlichen Öffentlichkeitsfahndung und der ‚Facebook-Fahndung‘: 1. Früher wurden Plakate verteilt und Zeitungsanzeigen geschaltet. Beides hatte eine gewisse Halbwertzeit, die Fahndung wurde automatisch irgendwann vergessen‘. Anders im Internet – einfach nur ‚löschen‘ wird nicht reichen, wenn tausende den Aufruf geteilt haben. Wenn etwa Teil der Nachricht bereits das Foto bzw. die Abbildung ist und am Ende ein Unschuldiger betroffen war, haftet dem wer weiss wie lange die Fahndung an. Insofern ist man gut beraten, den Fahndungsaufruf zumindest ohne Bild einzustellen und das Bild etwa auf einer Webseite vorzuhalten die erst angeklickt werden muss. Die ursprünglich eingestellte Fahndungsmitteilung wird letztlich wohl auch zwingend nach Ende der Fahndung gelöscht werden müssen. 2. …“

Und auch diese Frage muss erlaubt sein:

Quelle: @liebernichts

 Quelle: Homepage der ARD

Denn spätestens nach der lange fälschlich als „Döner-Morde“ bezeichneten Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) ist die Frage notwendig und berechtigt, ob Polizei und Justiz nicht an partieller „Rechts“-Blindheit leiden.

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