Der Widerstand wächst
Bürger finden sich in Aktionsgruppen bundesweit zusammen, um sich gegen die Volkszählung 2011 und ihre Auswüchse zur Wehr zu setzen. Das Zensusgesetz 2011 geht an dem Ziel, eine statistische Erhebung zu regeln, vorbei. Bürger werden bundesweit genötigt zahlreiche personenbezogene Daten preiszugeben. Entgegen dem ursprünglichen Zweck dieser öffentlichen Register werden von dort personenbezogene Informationen abgegriffen und zentral bei den Statistikämtern gesammelt und gespeichert. Gegen alle wissenschaftliche Erkenntnis greift man auf das veraltete statistische Mittel der Totalerhebung zurück. Behörden verletzen ihren verfassungsmäßigen Auftrag, dem Bürger seinerseits schnell und unbürokratisch Auskunft zu gewähren.
Was ist der Sinn einer Volkszählung?
Um auf der Basis sicherer und möglichst richtiger Daten und Fakten volkswirtschaftliche und politische Enzscheidungen zu treffen, muss es ein zuverlässiges und akzeptiertes Verfahren geben, zu einer solchen Datenbasis zu kommen. Die Volkszählung ist nur eine von zahlreichen Alternativen. Sie ist mit eigens eingerichteten Erhebungsbehörden, Erhebungsbeauftragten, Hausbesuchen und Bürgersprechstunden ungewöhnlich aufwendig – wir rechnen mit Kosten in Höhe von € 750 Mio. Auch die Registerabfrage stellt die eingebundenen Behörden vor kaum lösbare Schwierigkeiten. Nach eigenen Angaben wird die Bundesagentur für Arbeit nicht vor Dezember 2011 in der Lage sein, die angeforderten Daten zu liefern. Dagegen werden Bürger bereits seit September 2011 durch Androhungen von Zwangsgeldern zum Ausfüllen genötigt.
Warum eine Zwangserhebung?
Das Ausfüllen der genannten Bögen unterliegt der gesetzlichen Auskunftspflicht. Wie bei der Abgabe der Steuererklärung werden Bürger im behördlichen Zwangsverfahren zur Abgabe genötigt. Das Zwangsgeld kann im Einzelfall bis zu € 5.000,– gehen.
Das Konzept der Zwangserhebung ist wie das Erziehungskonzept der körperlichen Züchtigung gleichermaßen veraltet und überholt.
60 Mio. Bürger haben freiwillig eine Karte eines Kundenbindungssystems (wie z.B. Pay-Back oder Happy-Digits). Annähernd so viele Bürger geben freimütig ihre persönlichen Daten in sogenannten sozialen Netzwerken freiwillig preis. Hätte man die Haushaltsbefragung in ein Gewinnspiel eingebunden, wäre eine Beteiligung weit über 10% erreicht worden. Und das alles, ohne Bürger im Rahmen eines behördlichen Zwangsverfahrens zu erniedrigen.
Es ist ein Märchen, immer noch zu glauben, dass auf dem Wege der Zwangserhebung die Datenbasis sorgfältiger und richtiger zustande kommt. Das Gegenteil ist der Fall. Genötigt versuchen Bürger sich auf dem Wege der Falschangaben gegen den äußeren Zwang zu sperren.
Warum immer noch eine Totalerhebung?
Die Gebäude- und Wohnungszählung ist eine Totalerhebung bundesweit.
Die Kombination von Haushaltsbefragung (10% nach Stichprobenverfahren) einerseits und Registerabgleich der eingebundenen Behörden andererseits führt auch auf dieser Ebene zu einer Totalerhebung.
Die Totalerhebung ist als statistische Standardverfahren ebenfalls veraltet. Es gibt ausreicht wissenschaftlich-statistische Verfahren, um aus einem Bruchteil von Datensätze sinnvoll und sicher auf die Gesamtbevölkerung hochzurechnen. Diese Verfahren sind das geringere Mittel und die Totalerhebung daher unverhältnismäßig.
Der Teufel steckt im Detail:
Die Registerbehörden und die Erhebungsbehörden sind nicht darauf vorbereitet, in einem datenschutzkonformen Verfahren sensible Massendaten zu erheben. Werden sie um Auskunft gebeten, welche personenbezogene Daten sie über einen Betroffenen gespeichert haben, verweigern oder verzögern sie diese Auskunft.
Das Bundesverfassungsgericht fordert aber, „… dass Bürger wissen müssen, wer was wann bei welcher Gelegenheit über sie weiß. …“ (1983, Volkszählungsurteil). Der einzige gesicherte Weg, den der Gesetzgeber hierfür vorsieht, ist das Recht auf vollständige, unverzügliche Auskunft (wie nach § 6 Bundesdatenschutzgesetz und zahlreicher anderer Vorschriften) gegenüber jeder Behörde, jedem Unternehmen.
Wenn also die mit der Volkszählung beauftragten Behörden und Unternehmen hierzu nicht in der Lage sind, kann man ihnen personenbezogene Daten weder durch die Gebäude- oder die Haushaltsbefragung noch durch den Registerabgleich anvertrauen.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn Bürger das Ausfüllen der Bögen verweigern oder durch Falschangaben ad absurdum führen.