Elektronische Gesundheitsakten – Die Karten werden neu gemischt
Jan Kuhlmann mit den Themen seines Vortrags
Trotz sommerlicher Temperaturen und paralleler Fussball-WM waren ca. 45 Personen gekommen, was die Veranstaltenden als Erfolg einschätzten.
Ein aufmerksames Publikum
Der Referent informierte zuerst über die Geschichte und den jetzigen Stand der Elektronischen Gesundheitskarte (EGK). 14 Jahre nach dem Start des Projekts durch die damalige Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (zu Zeiten von rot/grün) kann die Gesundheitskarte bis heute nicht mehr, als schon damals die Vorgänger-Karte, die Krankenversichertenkarte konnte. Trotz Ausgaben von mehreren Milliarden € für modernste IT-Technik. Die derzeitige EGK-Kartengeneration hatte nie eine andere Funktionalität als die Krankenversichertenkarte, war aber mehr als 10mal teurer. Sie wird derzeit gegen eine neue Karten-Generation ausgetauscht, die noch teurer ist. Obwohl die einzige EGK-Anwendung, die ab 2019 kommen soll, noch mit den alten Karten funktioniert. Ein Beispiel für die einseitige Orientierung des Projekts an den Interessen der IT-Industrie. Die Steuerung durch die IT-Industrie sei der Hauptgrund für die hohen Ausgaben im Projekt.
Schwerpunkt des Vortrags waren die aktuellen Projekte von Krankenkassen, die Gesundheitsakten für ihre Versicherten bereitstellen wollen, auch per App. Mittlerweile wurden für alle Krankenkassen entsprechende Ankündigungen gemacht. Der Referent informierte über Chancen und Risiken. Es sei gut, wenn die Versicherten einsehen können, welche Informationen bei der Krankenkasse vorhanden sind über die eigenen Behandlungen. Die Krankenkassen haben bereits jetzt Informationen über alle Diagnosen und Behandlungen. Riskant sei aber immer die Zusammenführung von vielen Behandlungsdaten in einer Infrastruktur. Diese Daten sind extrem viel wert, viel mehr als die vielfach geleakten Schweizer Bankdaten, die deutsche Steuerfahnder laufend einkaufen konnten. Patientendaten seien u.a. für die Pharma-Industrie interessant.
Ziel der Gesundheitsakten-Projekte sei es, dass Krankenkassen an Patientenakten herankommen. Das heißt, an echte Behandlungsdaten, auf die weitere Behandlungen gestützt werden können, zum Beispiel an EGKs und Röntgenbilder. So könnte man PatientInnen medizinisch zulässig von einem Behandler zu einem anderen weiterleiten. Letztlich wollen die Krankenkassen mehr steuernden Einfluss auf die Behandlungen und ihre Kosten.
Dazu diene, so der Referent, auch die erste Anwendung der EGK, der Stammdatenabgleich. Er werde es technisch ermöglichen, Versicherte bei bestimmten Behandlern zur Behandlung zuzulassen, bei anderen nicht. Der Abgleich soll 2019 eingeführt werden.
Die Diskussion im Anschluss dauerte mehr als eine Stunde. Die meisten Teilnehmenden waren sich einig: für Versicherte gilt es, aufzupassen und sich vielleicht auch zu engagieren, damit eine gute – datengeschütze – ärztliche Behandlung der Standard bleibt.
Dieser Beitrag wurde erstmals veröffentlicht auf der Homepage des Vereins Patientenrechte und Datenschutz e. V.