eGk: Krankenkassen schikanieren ihre Versicherten – Offener Brief an Bundesgesundheitsminister Gröhe

Datenschutzrheinmain/ Januar 30, 2015/ alle Beiträge, Telematik-Infrastruktur/ 10Kommentare

Eine Versicherte aus Hamburg hat der Bürgerrechtgruppe dieDatenschützer Rhein Main einen offenen Brief an Minister Gröhe zur Verfügung gestellt, in dem sie auf Erfahrungen im Umgang von Krankenkassen und Arztpraxen mit gesetzlich versicherten Menschen ohne elektronische Gesundheitskarte hinweist. Eingangs ihres Schreibens formuliert sie: „Versicherte, die Ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung durchsetzen wollen und sich gegen die Speicherung ihrer sensiblen Gesundheitsdaten wehren möchten, in dem sie die neue ‚Elektronische Gesundheitskarte‘ (eGK) ablehnen und kein Foto dafür einsenden, werden jetzt von ihren Krankenkassen massiv unter Druck gesetzt, ja zum Teil würdelos und menschenverachtend behandelt…“.

Das Schreiben ist hier im Wortlaut nachlesbar: offener Brief an Minister Gröhe

Ein Versicherter aus Frankfurt/Main, der am 06.01.2015 einen schriftlichen Versichertennachweis von seiner Krankenkasse, der DAK, anforderte, wurde von dieser mit einem Schreiben ohne Unterschrift (DAK 22.01.2015) abgefertigt. Die DAK erklärt, dass sie nur „im Nachhinein eine Einzelfallbestätigung… ausschließlich bezogen auf die bereits erfolgte Behandlung“ ausstellen werde.

10 Kommentare

  1. Wie verträgt sich die Aussage des Pressesprechers des GKV – Verbands Florian Lanz

    http://www.imatics.de/aktuelles/stellungnahme_kommentar_zitat_ehealth_gesetz_referentenentwurf.html
    wenn es u. a ausführt:

    „Die Regel „wer nicht mitmacht zahlt“ ist grundsätzlich richtig, um das Projekt eGK und Telematik endlich voranzubringen . Die geplante Sanktionierung der Leistungserbringer bei Nichteinhaltung der Fristen für das Versichertenstammdatenmanagement (VSDM), der Notfalldaten und die Nichtanwendung dieser Funktionen in den Arztpraxen begrüßen wir.“ (…)

    mit seiner kürzlichen Aussage in der ZDF Frontal 21 Ausgabe vom 20.01.2015 (in der 8:51Minute),

    „Wir können nicht völlig ausschließen, dass an irgendeiner Stelle irgendwo jemand aus Versehen (?) oder mit Absicht etwas mit Daten falsch macht.“
    https://www.youtube.com/watch?v=WlEpaP-TY9g ?

    Mit anderen Worten: Es gibt zwar Datenschutzbedenken, aber über die setzen wir uns hinweg und zwingen darüber hinaus auch noch die Ärzte über das verpflichtende VSDM gegen die ärztliche Schweigepflicht ( http://www.bundesaerztekammer.de/downloads/Schweigepflicht_2014.pdf ) zu verstoßen und die Patienten sowieso über Kurz oder Lang ihre persönlichen und sensiblen Gesundheitsdaten zum Wohl der Wirtschaft, ähhh pardon lt Gröhe zum Allgemeinwohl bzw. fürs überwiegende Allgemeininteresse (s. Terminsbericht Pkt. 4 des BSG vom 19.11.2014 Az.: B 1 KR 35/13R http://juris.bundessozialgericht.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bsg&Art=tm&Datum=2014&nr=13640) per Gesetz preiszugeben …

  2. Richtig, wir wollen diese Schnüffelkarte nicht! Die Kosten des Gesundheitswesens sind für die Arbeitgeber (auch der Bund) noch rechtzeitig mit der „Senkung“ des Krankenkassenbeitrags auf 14,6% auf den niedrigsten Stand gedeckelt worden. Prompt steigen die KK-Beiträge über den Zusatzbeitrag , der von uns Versicherten alleine getragen werden muß. Daher ist es ganz besonders ärgerlich,wenn unser Geld für „Versicherungsfremde“ Leistungen, wie eben die Erstellung der eGK mit der zugehörigen Telematikinfrastruktur, ausgegeben wird. Daß hierfür auch noch mit Zwangsmaßnahmen gedroht wird und wir Versicherten von allen Seiten schikaniert werden, sind die typischen Auswüchse Obrigkeitsstaatlichen Verhaltens. Sowas muß man transparent machen und dann sein Wahlverhalten entsprechend ausrichten.
    Gruß Mona

  3. „Die Einzelfallbestätigung im Nachhinein“ ist leider keine Neuerung für TK-Versicherte.
    Die TK drangsaliert ihre Versicherten auf diesem Weg schon mindestens seit letztem Jahr.

    Ich hatte das Bundesversicherungsamt diesbezüglich angeschrieben. Die haben mir auch noch bestätigt, dass diese Verfahrensweise vollkommen in Ordnung ist, denn das Gesetz besagt ja nicht, wie so eine Ersatzbescheinigung auszusehen hat und wie lange sie gültig sein müsse (Stand ca. Nov.).

    Die Erfahrung aus dem offenen Brief kann ich bestätigen, habe ich ebenfalls so mitbekommen. Dieser Umgang ist einfach nur Menschenverachtend. Zu finden hier: http://percidae.net/2015/01/09/erste-erfahrung-ohne-egk-in-2015/

    1. Wo bitte steht denn die gesetzliche Grundlage für die aufgestellte Behauptung, dass die Einzelfallbestätigung resp. der papiergebundene Anspruchsnachweis erst im Nachhinein ausgestellt und somit dann auch erst angeblichnach der Behandlung vorgelegt werden kann und darf?
      Im nach wie vor gültigen §15 Abs. 2 und 3 SGB V steht klipp und klar, dass die KVK bzw. der Kranken – oder Behandlungsschein VOR der Behandlung vorzulegen ist.

      http://dejure.org/gesetze/SGB_V/15.html

      Können oder wollen die betreffenden Damen und Herren vom BVA in Bonn und bei den KKen nicht lesen?

      1. Das Problem ist, dass eben nirgends steht wie diese Bescheinigung genau auszusehen hat – das ist zumindest mein Kenntnisstand.
        Aus diesem Grund kann man nicht gegen die Variante für einen Tag und nur im Nachhinein vorgehen, denn sie verstößt gegen nichts worauf man sich berufen kann. Sehr schade.

        Ich hatte auch gehofft, dass diese 1-Tages Bescheinigung mit dem Wirtschaftlichkeitsprinzip dem die Kassen unterliegen nicht vereinbar ist. Aber in diesem Fall scheint das nicht zu interessieren.

        1. Noc hmal mit Verlaub:

          Dass die Behandlungsberechtigung (Anm.: gleich in welcher Form) V O R oder spätestens während der Behandlung vorzulegen ist, steht doch ganz eindeutige bereits ausgeführt im §15 SGB V

          http://dejure.org/gesetze/SGB_V/15.html

          Und welchen Sinn sollte eine nur für einen Tag gültige Bescheinigung machen, zuumal es auch Fälle von Krankenhauseinweisungen, Behandlung von Chronikerkranken etc. gibt?
          Im Übrigen wird man wohl kaum aufgrund für zumindest monatlich entrichteter Krankenkassenbeiträge nach diesem EINEN Tag nicht seine Mitgliedschaft verlieren.

          Deshalb stellen vernünftige Kassen ja auch Quartalsbescheinigungen aus und diejenigen Kassen, die einen schikanieren wollen, nur für einen Tag.

          Man sollte vielleicht mal über die betreffenden Forumsbetreiberanregen eine entsprechende Tabelle ins Netz zu stellen, aufgeschlüsselt nach Kassen, Gültigkeitsdauer der ausgestellten „Einzelfallbescheinigungen“ wie einjtägig, mehrtägig, wöchentlich, monatlich oder quartalsweise bzw. gar nicht.

  4. Plenarsitzung vom 28.01.2016 / Bundestag / Fragestunde http://tinyurl.com/o94oqkb

    Wir kommen zur Frage 11 der Abgeordneten Kathrin Vogler:
    Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über eine angeblich zwischen dem 6. Januar 2015 und dem 9. Januar 2015 vorgenommene Änderung des Bundesmantelvertrags – Ärzte, BMV-Ä, die zum 1. Januar 2015 Gültigkeit haben soll, und wie bewertet die Bundesregierung die von einem Bürger in einem Schreiben vom 9. Januar 2015 an das Bundesversicherungsamt, das nachrichtlich auch an den Bundesminister
    für Gesundheit, Hermann Gröhe, sowie an die Fragestellerin

    Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit:
    „Änderungen zwischen dem 6. und 9. Januar 2015, wie Sie es in Ihrer Frage themati-
    siert haben, hat es nicht gegeben.“

    Kathrin Vogler (DIE LINKE):
    Sie haben vergessen, mir zu sagen, wann die Bundesregierung von dieser konkreten Veränderung, über die
    wir gesprochen haben, erfahren hat und in Kenntnis gesetzt worden ist. Die dritte Frage war, ob die Bundesregierung es für akzeptabel und vertragskonform hält, wenn Patientinnen und Patienten bei Ärztinnen und Ärzten auf den Hinweis stoßen, dass sie auf Grundlage des papiergebundenen
    Nachweises nicht behandelt werden, obwohl das doch eigentlich möglich ist.

    Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit:
    „Der Fall, den Sie nennen, dass Patienten, die jetzt mit einem Papiernachweis in die Praxis kommen, nicht behandelt werden, entspricht nicht der gesetzlichen Grundlage. Es ist klar, dass in Ausnahmefällen, wenn die elektronische Gesundheitskarte nicht vorliegt, auf Grundlage
    eines Papiernachweises behandelt werden muss. Wenn die elektronische Gesundheitskarte oder der Nachweis
    der Krankenkasse allerdings nicht nachgereicht wird, ist der Arzt in der Lage und ermächtigt, eine Privatrechnung zu stellen.“

    Kathrin Vogler (DIE LINKE):
    Ich will gerne nachfragen, ob die Bundesregierung vielleicht erwägt, gegenüber der Öffentlichkeit klarzustellen, dass Ärztinnen und Ärzte alle Patientinnen und Patienten, auch chronisch kranke, die anstatt der elektronischen Gesundheitskarte einen papiergebundenen Anspruchsnachweis vorlegen, genauso behandeln müssen und ihnen genauso die benötigten Medikamente auch für längere Zeiträume verschreiben müssen und dass sie – auch diese Befürchtung haben Ärztinnen und Ärzte mir gegenüber geäußert – keine Angst vor Regressforderungen vonseiten der Krankenkassen haben müssen, also bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten, die anstatt der Karte einen papiergebundenen Anspruchsnachweis vorlegen, keine Unterschiede machen müssen?

    Ingrid Fischbach, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Gesundheit:
    „Das ist auch mit der Änderung des Manteltarifvertrags deutlich geworden, in dem nun steht, dass es eine Überbrückungsphase gibt, in der ein Papiernachweis gelten muss. Es ist eindeutig, dass damit alle Leistungen zur Verfügung gestellt werden, die auch sonst von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung gestellt werden müssen.“

    wer es im Original nachlesen möchte: Sitzungsprotokoll hier (ab Seite 25 / 26): http://tinyurl.com/qf65ekx

  5. Hallo datenschutzrheinmain Artikelautor,

    hierzu ein Beispiel, die TK betreffend:

    meine Frau und ich erhielten seit Beginn des Jahres insgesamt 5 Einzelfallbestätigungen jeweils per Post, im „Vorfeld“ des Arzttermins, nach Anforderung per eMail unter Angabe des Datums.
    Nach Anforderung einer Quartalsbescheinigung für meine Frau kam lediglich der Hinweis, dass künftig nur Einzelfallbescheinigungen „nach“ erfolgtem Arztbesuch ausgestellt würden.
    Auf meine Anforderung einer Quartalsbescheinigung kam der Hinweis, dass eine Einzelfallbescheinigung unter Angabe des Termins ausgestellt würde.

    Auf den Begriff „Quartalsbescheinigung“ wurde in beiden Fällen nicht eingegangen.

    Offensichtlich ist die Handhabung nicht nur von den einzelnen Kassen abhängig sondern auch von den einzelnen Sachbearbeitern.

    Mir sind auch Fälle anderer Kassen bekannt, die schon seit dem vergangenen Jahr problemlos Quartalsbescheinigungen ausstellen.

    Dies könnte durchaus einen Verstoß gegen den versicherungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz bedeuten.

    Gruß
    cpt p

  6. Finde ich klasse, dass gegen diesen Druck einiger Krankenkassen mal etwas unternommen wird! Ich finde es selbst eine Frechheit, dass meine Krankenkasse Daten auf der Karte gespeichert werden. Artikel wird auf jeden Fall geteilt. (:

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