Warum winkt Europa die Vorratsdatenspeicherung für Fluggäste einfach durch?

Datenschutzrheinmain/ April 18, 2016/ alle Beiträge, EU-Datenschutz, Passenger Name Record / Fluggastdatenspeicherung, Vorratsdatenspeicherung/ 0Kommentare

Mit dieser Fragestellung beschäftigt sich Constanze Kurz in einem Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 18.04.2016.

Sie stellt eine Vielzahl rechtlich zweifelhafter und politisch fragwürdiger Sachverhalte bei der Entscheidung des Europäischen Parlaments zur Fluggastdatenspeicherung (Passenger Name Record, kurz: EU-PNR) fest: „Obwohl die behördliche Kooperation in Europa ohnehin ein kaum kontrollierter Datenbasar ist, wo immer neue Datenbanken errichtet werden: Donnerstag winkte das Europäische Parlament auch noch die Vorratsdatenspeicherung für Flugreisende durch… Es wurde für die massenhafte Speicherung nicht einmal der Versuch gemacht, schlüssig zu begründen, warum ein messbarer Gewinn an Sicherheit zu erwarten sein könnte. Aber ob Erfolg oder Misserfolg in der Terrorbekämpfung: Es kann jeweils als Begründung für weitere Überwachungsverschärfungen genutzt werden. Dass beim Horten der Flugdaten die institutionelle Kontrolle der Zugriffe auf den neuen Datenhaufen wenig ausgeprägt und nicht einmal ein Richtervorbehalt durchgehend zwingend ist, hebelt rechtsstaatliche Prinzipien aus. Zugleich sind nur wenige Gerichtsverfahren zu erwarten, die eine nachgelagerte Überprüfung der Nutzung erlauben würden. Eine zukünftige Evaluation der Sinnhaftigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme scheitert aber auch daran, dass sie nicht vorgesehen wurde. Auch dass ein Gutachten des Juristischen Dienstes des Europäischen Parlaments vorliegt, das erläutert, warum diese anlasslose Fluggastdatensammlung gegen die europäischen Grundrechte verstößt, wurde geflissentlich ignoriert. Denn seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vorratsdatenspeicherung der Kommunikationsdaten schrieb das höchste Gericht den Parlamentariern ins Stammbuch, dass eine so umfassende Speicherung zu begrenzen ist, räumlich und zeitlich. Aber die juristische Stimme der Vernunft ging im Überwachungseifer unter. Es scheint die Parlamentarier nicht weiter zu stören, dass auch die Fluggastdatenspeicherung vom Europäischen Gerichtshof gekippt werden könnte…“

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Was bedeutet Fluggastdatenspeicherung (PNR)?

„Bis zu 60 Einzeldaten, etwa Kreditkarteninformation, Essenswünsche und Angaben über den gesundheitlichen Zustand von Reisenden, die von Fluggesellschaften zur Verbesserung des Service gesammelt werden, sollen fünf Jahre lang auf Vorrat gespeichert werden. Die Datensammlung werde für den Kampf gegen Terrorismus und schwere Kriminalität benötigt, so die Behauptung.“ Die Digitale Gesellschaft e. V. hat auf ihrer Homepage umfangreiche Informationen zu diesem Thema veröffentlicht.

Constanze Kurz macht in ihrem Beitrag in der FAZ auf die zweifelhafte Rolle der Geheimdienste aufmerksam: „Die unbequeme Realität ist, dass Geheimdienste und Strafverfolger längst mehr Daten haben, als sie sinnvoll bewältigen können. Nach allen Anschlägen der letzten Jahre stellte sich im Nachhinein mit verstörender Sicherheit heraus, dass die Täter längst „auf dem Radar“ waren, nur dass daraus nichts folgte. Die Frage, die jetzt gestellt werden muss, ist nicht, wie noch mehr Daten angehäuft werden können, sondern warum die Behörden offensichtlich nicht in der Lage sind, sinnvolle Folgerungen daraus zu ziehen. Die Schleppnetze der Überwachung generieren bereits heute mehr Verdachtsfälle, als die personellen Bearbeitungskapazitäten der Behörden hergeben. Zu glauben, mit noch mehr Technik und noch mehr Datenbergen ließe sich dieses Problem irgendwie lösen, ist gefährliches Wunschdenken…“

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