Neuregelungen für Smart Meter lassen Totalüberwachung beim Stromverbrauch zu
Diese Befürchtung äußert die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) in einer Pressemitteilung vom 19.11.2025.
Derzeit behandelt der Deutsche Bundestag ein umfangreiches Gesetzespaket zur Änderung des Energierechts (Bundestags-Drucksache 21/1497). Dort ist in einem Art. 16 die Änderung des Messstellenbetriebsgesetzes geplant, die nach Ansicht der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD) für Verbraucher eine massive Gefährdung ihres Datenschutzes beim Einsatz von Smart Metern zur Folge hat.
Bisher ist vorgesehen, dass die bei Verbrauchern vor Ort installierten Smart-Meter-Gateways die Verbrauchsdaten zusammenfassen, bevor diese an die Netzbetreiber, Energieunternehmen sowie sonstige an der Stromversorgung beteiligte Stellen weitergegeben werden. So sind keine Rückschlüsse auf den konkreten aktuellen Stromverbrauch und damit auf das Nutzungsverhalten in der angeschlossenen Wohnung möglich.
Schon mit Wirkung von April 2024 wurden die Betreiber der Smart-Meter-Gateways von der Bundesnetzagentur verpflichtet, entgegen der bestehenden gesetzlichen Regelung weiteren an der Energieversorgung beteiligten Stellen die Verbrauchswerte im 1/4-Stunden-Takt weiterzuleiten. Damit wurde die 2016 eingeführte wichtigste Datenschutzsicherung bei der automatisierten Stromversorgung de facto ausgehebelt. Mit der jetzt geplanten Gesetzesänderung soll dieser Datenschutzverstoß nachträglich legalisiert werden: Die Änderung des Messstellenbetriebsgesetzes sieht vor, dass die Aggregierung der Stromverbrauchs-Messwerte nicht mehr vor Ort in den Smart-Meter-Gateways erfolgen soll, sondern bei neu zu schaffenden „Aggregationsverantwortlichen“ und „Messwertweiterverarbeitern“. Diese werden zwar zu einer Anonymisierung der Verbrauchsdaten verpflichtet, wenn diese personenbezogen nicht mehr erforderlich sind (§§ 67a, 67b MsbG-E, jeweils Absatz 3). Das Gesetz macht aber keinerlei Vorgaben, wann diese Erforderlichkeit wegfällt. Dies soll künftig die Bundesnetzagentur in einem intransparenten Verfahren festlegen „im Benehmen mit der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit“ (BfDI, § 47 Abs. 2 Nr. 13 MsbG-E). Benehmen bedeutet nicht Einvernehmen; die Bundesnetzagentur kann sich über das Votum der BfDI hinwegsetzen. Genau dies tat sie auch schon Anfang des Jahres, als die BfDI forderte, dass mit der viertelstündlichen Ausleitung der Verbrauchswerte bei den Datenempfängern „geeignete technische und organisatorische Maßnahmen“ ergriffen werden (Positionspapier der BfDI vom 19.11.2024). Präzise benannt wurden von der BfDI organisatorische Trennungsmaßnahmen, Rollen-Rechte-Systeme sowie zusätzliche Pseudonymisierungen. Es ist nicht erkennbar, dass diesen Anforderungen genügt wurde und wird.
Aus den Ablese- und Übermittlungsintervallen alle 15 Minuten lassen sich detaillierte Rückschlüsse auf die Lebensgewohnheiten im jeweiligen Haushalt ableiten, etwa, dass ein Fernsehgerät, ein Elektroherd oder ein sonstiges mit Strom betriebenes Gerät ein- und ausgeschaltet wird. Diese Daten ermöglichen letztlich den „gläsernen Verbraucher“.
Thilo Weichert, Vorstandsmitglied der DVD, erläutert die Problematik wie folgt: „Es ist zweifellos eine wichtige Aufgabe, den Stromverbrauch sowie die Stromeinspeisung und damit die Netzauslastung zu regulieren. Bisher konnte aber niemand begründen, weshalb hierfür die viertelstündlichen Verbrauchsangaben von Einzelhaushalten erforderlich sind. Selbst für die Einführung und Umsetzung dynamischer Stromtarife ist eine derartige kleinteilige Verbrauchsausspähung nicht erforderlich. Der Gesetzgeber soll hier ein Instrument schaffen, mit dem künftig alle Wohnungen digital überwacht werden können, ohne dass wirksame Schutzvorkehrungen vorgesehen sind. Das Ganze ist in einem technokratisch daherkommenden Gesetz versteckt, das sich selbst im Titel als `Stärkung des Verbraucherschutzes’ anpreist, zugleich aber den Datenschutz der Verbraucher zerstört…“