Die „kleine Volkszählung“ (Mikrozensus) unterläuft den Datenschutz

Schuetze/ Januar 22, 2015/ alle Beiträge, staatliche Überwachung / Vorratsdatenspeicherung, Volkszählung (Zensus / Mikrozensus)/ 0Kommentare

Vor kurzem wandte sich eine Petentin an die Bürgerinitiative dieDatenschützer Rhein Main. Sie wurde vom Hessischen Statistischen Landesamt verpflichtet, einen Fragebogen mit 192 Einzelfragen auszufüllen. Jedes Jahr sind 1% der hessischen Einwohner von dieser Art der „kleinen Volkszählung“ (Mikrozensus) betroffen.
Auffällig dabei ist, dass – nicht etwa im Mantel – sondern im Bogen, d.h. in den Erhebungsdaten selbst das Geburtsjahr und der Geburtsmonat abgefragt wird. Dies führt dazu, dass die Erhebungsdaten bestenfalls pseudonymisiert sind, nicht jedoch anonymisiert. Damit ist das Statistikgeheimnis nach § 21 Bundesstatistikgesetz, eine Variante des Datenschutzes, nicht mehr gewährleistet. Die nachfolgende Rechnung soll dies verdeutlichen:

Hessen hat rund 6 Millionen Einwohner. Die Menge der befragten Einwohner bei 1% sind dementsprechend 60.000. Dadurch, dass jeder davon sein Geburtsjahr angibt, kann man diese 60.000 Einwohner durch 90 Altersgruppen teilen. Die hessischen Einwohner, die älter als 90 sind, sind bereits bei diesem Rechenschritt in einer zahlenmäßig so kleinen Altersgruppe, dass sie entgegen § 21 BStatG reindividualisierbar ist. Womit das Statistikgeheimnis für diese Personengruppe bereits völlig aufgegeben wurde.
60.000 geteilt durch 90 ergeben gerundet 667 Einwohner pro Geburtsjahr. Differenziert man weiter nach Geburtsmonat teilt man 667 weiter durch 12. Das ergibt gerundet nur noch 56 Einwohner pro Geburtsmonat/-jahr. Stellt man diesen 56 Einwohnern jeweils den gleichen Katalog von weiteren 190 Fragen, ist das Anwortmuster jedes einzelnen Bogens völlig individuell. Vom Statistikgeheimnis bleibt nichts mehr übrig.
Weder das Mikrozensusgesetz noch ein anderes Volkszählungsgesetz ermächtigt aber zu einer Erhebung unter Abweichung vom oder gar Verzicht auf das Statistikgeheimnis. Daher sind die derzeitigen Erhebungen, die das Geburtsjahr und den Geburtsmonat im Erhebungsbogen abfragen, rechts- und verfassungswidrig; und das nicht nur in Hessen.

Von Roland Schäfer

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