Elektronisches Patientendossier der Schweiz in den Startlöchern

Adinfinitumfr/ Februar 3, 2016/ alle Beiträge/ 0Kommentare

Das Schweizerische Parlament hat das Bundesgesetz über das elektronische Patientendossier (EPDG) am 19. Juni 2015 verabschiedet. Das Gesetz soll 2017 in Kraft treten. Der Blick über die Grenze zu unseren Nachbarn liefert ein erschreckendes Spiegelbild.

Mit dem elektronischen Patientendossier sollen die Qualität der medizinischen Behandlung gestärkt, die Behandlungsprozesse verbessert, die Patientensicherheit erhöht und die Effizienz des Gesundheitssystems gesteigert sowie die Gesundheitskompetenz der Patientinnen und Patienten gefördert werden.“ hofft das Schweizer Bundesamt für Gesundheit.

Interessant ist hierzu die Lektüre einer Stellungnahme der Foederatio Medicorum Helveticorum, des Berufsverbands der Schweizer Ärzte. Es ist eine regelrechte Fundgrube von Kritikpunkten, die sich ziemlich direkt auf die Situation in Deutschland übertragen lassen.

So lesen wir in der Stellungnahme des FMH:

Negativ fallen aus Sicht der FMH jedoch folgende Punkte auf:

– durch die Evidenz nicht belegte Vorstellung der Effizienzsteigerung,
– unpraktikable Einwilligungsvoraussetzungen,
– Zertifizierungen, die je nach Regelung neue Hürden bei der Ärzteschaft aufbauen, statt bestehende abzubauen, vor allem aber
– die Ermöglichung der Verwendung der AHV-Nummer, zusammen mit
– der Aufweichung der Freiwilligkeit auf Leistungserbringerseite und der sich anbahnenden Aufweichung der Freiwilligkeit auch auf Patientenseite, sowie
– das Fehlen von Anreizen für die Ärzteschaft.

Ganz besonders interessant ist die ausführliche Kritik der Verwendung der AHV-Nummer zur Patientenidentifikation. AHV steht für „Alters- und Hinterbliebenenvorsorge“ und stellt das Schweizerische Pendant der gesetzlichen Rentenversicherung dar. Die FMH schreibt: „Mit dem ePatientendossier darf insbesondere weder ein rechtlicher noch ein faktischer Zwang zur Behandlung unter einer einzigen Patientenidentität geschaffen werden, geschweige denn zu einer lebenslang unveränderbaren Patientenidentität. Die anonymen HIV-Tests sind nur das unter Laien bekannteste Beispiel für dieses vom Staat im
Grundsatz völlig akzeptierte Patientenbedürfnis.

Dieses Patientenbedürfnis wird vom deutschen Staat zumindest für gesetzlich versicherte Patienten komplett außer Acht gelassen, da hier bereits seit 2012 eine lebenslang gültige Krankenversichertennummer eingeführt ist. Mit dieser Nummer ist der von den Schweizer Ärzten zu Recht kritisierte rechtliche und faktische Zwang zur Behandlung unter einer einzigen Patientenidentität geschaffen worden. Hiermit werden bereits heute elementare Rechte deutscher Patienten verletzt, da bereits heute Abrechnungs- und Diagnosedaten unter dieser Krankenversichertennummer verarbeitet und gespeichert werden. Die Situation wird sich weiter verschärfen, sollte das Pendant zum ePatientendossier, die elektronische Patientenakte, eingeführt werden.

 

Links:

http://www.bag.admin.ch/themen/gesundheitspolitik/10357/10360/index.html?lang=de
http://www.fmh.ch/files/pdf11/FMH-Stellungnahme_ePatientendossiergesetz-EPDG.pdf
https://de.wikipedia.org/wiki/Krankenversichertennummer

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